Gelsenkirchen-Hassel/Herten-Westerholt. Warum die Fortführung des Rad- und Fußwegs von Herten-Westerholt nach Gelsenkirchen-Hassel auf Eis liegt. Und wie es weitergeht.

„Allee des Wandels“ heißt er, der Fuß- und Radweg von der Halde Hoheward im Hertener Süden bis zur Langenbochumer Straße in Westerholt, und der Name ist Programm: Wo auf Bahntrassen einst Kohle und Koks transportiert wurden, können Ausflügler die Transformation der Region buchstäblich er-fahren. Die von vielen ersehnte Verlängerung nach Gelsenkirchen ist allerdings bis auf weiteres gestoppt – und die Zukunftsperspektive unsicher.

Eigentlich war der Baustart der zwei Teilabschnitte in Westerholt und Hassel für 2021 geplant: Der Regionalverband Ruhr (RVR), der das Projekt in Abstimmung mit den Städten Herten und Gelsenkirchen realisiert, hatte bereits den Zuschlag für Fördergelder in Höhe von rund zwei Millionen Euro erhalten, es war alles durchgeplant. Und dann hakte es bei den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn (DB) über die dafür notwendigen Grundstücksverkäufe, wie Stadt Gelsenkirchen und der RVR auf Anfrage bestätigen.

Deutsche Bahn zögert, die für den Radweg nötigen Grundstücke zu verkaufen

Weil die Deutsche Bahn ihr gehörende Grundstücke erst einmal nicht verkaufen will, kann der Radweg „Allee des Wandels“ derzeit nicht nach Gelsenkirchen-Hassel verlängert werden. Bislang ist die Wegeverbindung von Herten-Westerholt (Foto) zur Halde Hoheward fertiggestellt.
Weil die Deutsche Bahn ihr gehörende Grundstücke erst einmal nicht verkaufen will, kann der Radweg „Allee des Wandels“ derzeit nicht nach Gelsenkirchen-Hassel verlängert werden. Bislang ist die Wegeverbindung von Herten-Westerholt (Foto) zur Halde Hoheward fertiggestellt. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

„Für die Realisierung des Rad- und Fußwegs sind Grundstücke der Deutschen Bahn entlang der neuen Schallschutzwand parallel zur aktiven Bahntrasse zwischen der Langenbochumer Straße und der Bahnhofstraße (in Westerholt, d. Red.) nötig. Diese kann das Verkehrsunternehmen zurzeit nicht bereitstellen. Dabei spielen grundsätzliche Überlegungen der Deutschen Bahn zum künftigen Ausbau des Schienenverkehrs und der Reaktivierung alter Bahntrassen eine wesentliche Rolle“, teilt RVR-Sprecherin Barbara Klask mit.

Zechenbahn-Radweg endet abrupt in Westerholt

Der bisherige Zechenbahn-Radweg führt auf zehn Kilometern Länge von der Halde Hoheward in Herten-Süd durch Stuckenbusch und Disteln zum Gelände Schlägel & Eisen in Langenbochum, vorbei am Hof Wessels hin zur Langenbochumer Straße in Westerholt, wo er abrupt endet. Die ehemalige Bahntrasse wurde asphaltiert und die kreuzenden Wege mit Treppen und Fahrradrampen angeschlossen. Am Wegesrand geben Stelen und Informationstafeln Auskunft zur Industriekultur und zu den Highlights entlang der Strecke. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt des RVR mit den Städten Herten, Recklinghausen und Gelsenkirchen und hat bislang rund acht Millionen Euro gekostet.

Auch was das 540 Meter lange Gelsenkirchener Teilstück zwischen der Polsumer und der Bergmannsglückstraße angeht, ist das Grundstück noch nicht verfügbar, so der RVR. Immerhin seien von der Eigentümerin RAG „keine inhaltlichen Hemmnisse gespiegelt“ worden, erklärte Stadtsprecher Martin Schulmann. In Sachen Westerholter Lückenschluss, 650 Meter lang, sei hingegen „aktuell mit erheblichen Verzögerungen zu rechnen.“

Gelsenkirchener Rat stimmte Anfang 2018 für Verlängerung der „Allee des Wandels“

Personalprobleme hätten die Umsetzung des Vorhabens zusätzlich erschwert, so der RVR: So sei der Projektleiter aus Krankheitsgründen ausgefallen, überdies hätten weitere Projektstellen nicht besetzt werden können.

Dabei ist die Verlängerung des 2012 begonnenen Radwegs von Westerholt zum Stadtteilpark Hassel lange geplant: Der Gelsenkirchener Rat stimmte im Februar 2018 dafür; langfristig soll die „Allee des Wandels“ bis zur Halde Oberscholven und zur Westfälischen Hochschule führen, wo eine Verknüpfung mit der Hugo-Trasse erfolgen könnte.

Interkommunales Vorzeigeprojekt, das industrielle Brachflächen aufwertet

Es ist ein interkommunales, von der EU gefördertes Vorzeigeprojekt der Stadt- und Landschaftsentwicklung, das da nun auf Eis liegt: Geht es doch um die Aufwertung von industriellen Brachflächen, die mittlerweile zu Standorten mit hohem Freizeit- und Erholungswert umgestaltet wurden. So verbindet die „Allee des Wandels“ die einstigen Zechen Westerholt, Schlägel & Eisen, Ewald sowie die frühere Kokerei Hassel. Als Radweg gehört sie zum Emscher Landschaftspark und zur Grünen Infrastruktur Ruhr.

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Insofern sei die Unterbrechung der Planungen „keine gute Nachricht“, so die Stadt Gelsenkirchen. „Wie an den Spuren vor Ort zu erkennen ist, wird die Trasse bereits heute von der Bevölkerung als Verbindung zwischen Polsumer Straße, Katharinenwäldchen und Bergmannsglückstraße genutzt. Außerdem ist dieses Teilstück eine der Kernverbindungen des Projektes ,HasselAcht’. Und nicht zuletzt ist die ,Allee des Wandels’ eine überregionale Radwegeverbindung von der Halde Hoheward Richtung Westfälische Hochschule und Richtung Dorsten.“

RVR geht davon aus, dass Grunderwerb am Ende gelingen wird

Wie es nun weitergeht? „Der RVR setzt die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn fort und geht davon aus, dass der Grunderwerb hier perspektivisch gelingen wird. Neben dem Erwerb der Grundstücke ist auch über ein Mitbenutzungsrecht an den DB-Brücken Storcksmährstraße und Bahnhofstraße (in Westerholt, d. Red.) vorgesehen“, so Sprecherin Klask.

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Als schwierig könnten sich freilich die Gegebenheiten vor Ort erweisen, wenn es darum geht, Bahngleise und Radweg nebeneinander unterzubringen. Besonders auf dem Westerholter Teilstück gibt es mehrere Engstellen, müssen jeweils auch noch Anbindungen an den Stadtteil durch Auf- und Abgänge sowie Rampen vorgesehen werden. Teilweise muss der Radweg zwischen Fernwärmeleitungen und Lärmschutzwand durchgeführt werden.

Auch die öffentliche Förderung muss dann noch einmal neu bei der Bezirksregierung Münster als Fördermittelgeber beantragt werden, weil das Projekt nicht im ursprünglich geplanten Zeitraum fertiggestellt werden konnte.

Ein Zeitplan, den der RVR der Bezirksvertretung Nord vorstellte, geht von einem Vertragsabschluss im Dezember 2022 und einem Baustart im ersten Quartal 2025 aus. Kurz: Aufgeschoben sei nicht aufgehoben.