Münster. . Mit einem Gruppenbild vor dem Hintergrund einer Reichsflagge hat die Junge Union Münster einen Shitstorm im Internet ausgelöst. Auch am Samstag setzte sich die Welle der Entrüstung fort. Im Vorstand der CDU-Nachwuchspolitiker hält man dennoch an dem umstrittenen Foto fest - und gießt noch Öl ins Feuer.
Der Umgang mit Shitstorms im Internet hat schon so Manchem Probleme bereitet. Kritische Stimmen von Kunden einzufangen, gar zu drehen und damit letztlich das angekratze Firmen-Image zu glätten gehört zur großen Kunst im Umgang mit Sozialen Medien. Die Junge Union Münster zeigt derzeit, was passiert, wenn man einen Shitstorm einfach weiter über sich hereinbrechen lässt. Grund ist ein Gruppenbild der jüngsten Weihnachtsfeier, bei dem sich elf der 13 Vorstandsmitglieder der JU Münster in den Räumen einer Münsteraner Studentenverbindung vor einer Flagge in den Farben des Deutschen Reiches von 1871 haben ablichten lassen.
Auch am Samstag sorgte das umstrittene Foto aus dem "Kneip-Raum" im Haus des Vereins Deutscher Studenten im schönen Kreuzviertel in Münster für eine Welle der Entrüstung. Gut 2000 Nutzer haben das in einem Facebook-Album veröffentlichte Bild mittlerweile kommentiert, nahezu ebensoviele haben es mittlerweile geteilt, also online weiterverbreitet. Die Kritik ist nahezu einhellig: Die meisten werfen den CDU-Nachwuchspolitikern eine Nähe zu Rechtsextremen vor, da sich die JU "mit diesem Foto zum undemokratischen und unparlamentarischen Kaiserreich" bekenne. Viele Kritiker halten den JU-Vorständlern mangelndes Geschichtsbewusstsein vor oder geißeln die Aktion als "Dummheit".
Kein Einlenken bei der Jungen Union trotz Shitstorm
An ein Einlenken ist unterdessen bei der Jungen Union nicht gedacht, sagt der stellvertretende JU-Kreisvorsitzende Christian Sluka am Samstag auf Anfrage. "Wir halten an dem Foto fest". Die Kritik könne Sluka, der zurzeit an seinem Jura-Examen arbeitet, "in Teilen verstehen", inhaltliche aber teile er die Vorwürfe nicht. Die Flagge sei für ihn kein Symbol gestrigen Denkens, sondern "Teil der Geschichte der Studentenvereinigung, bei der wir gefeiert haben" - und deren Mitglied er und weitere Vorstandsmitglieder seien.
In die Debatte auf Facebook eingreifen wolle man auch nicht, erklärte Sluka. Vielmehr hofft man bei der Jungen Union Münster, dass sich die Entrüstung bald wieder legt. Ob das passiert, ist fraglich. Zumal die Junge Union am Samstag sogar 'Öl ins Feuer' der Debatte gegossen hat: Auf der JU-Website ist inzwischen ebenfalls das Foto vor der Reichsflagge veröffentlicht worden. Auch dort gibt es nach wie vor keine Erklärung der JU zu den Vorwürfen. Slunka hebt im übrigen hervor, "dass wir auch viel Unterstützung erhalten" - per Mail, und "aus den Reihen der Jungen Union".
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Für den Rechtextremismus-Forscher Fabian Virchow, Professor an der Fachhochschule Düsseldorf, ist es fragwürdig, dass sich eine Studentenvereinigung heute "noch mit diesen Farben schmückt". Für Virchow deutet das Bild auf fehlende historische Sensibilität der JU-Mitglieder hin. Die Reichsflagge war mit der Reichsgründung 1871 Nationflagge des Deutschen Reiches und war nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten noch für zwei Jahre, von 1933 bis 1935, parallel zur Hakenkreuz-Flagge die "Handels- und Nationalflagge". Heute würden sich jedoch auch Neonazis Flaggen dieser Farben bei Kundgebungen bedienen, bestätigt ein Sprecher des NRW-Verfassungsschutzes. Der Grund ist schlicht: Die Reichsflagge ist nur in Verbindung mit bestimmten Symbolen darin verboten. Die Flagge in Münster trägt diese Symbole nicht.
Bereits am Freitag erklärte Sluka auf Anfrage, die "historischen Überschneidungen" der Flaggen seien den JU-Mitgliedern "bewusst". Dass man für ein ähnliches Bild vor Monaten ebenfalls einen Shitstorm ausgelöst hatte, habe den JU-Vorstand allerdings nicht bewogen, ähnlichen Ärger zu vermeiden. Das Foto wolle man jedenfalls auch jetzt nicht aus dem Netz löschen, erklärt Sluka: "Es ist ja schon zigmal geteilt worden. Löschen würde da nichts bringen". Und mit Blick auf eine eventuelle Erklärung "ist ja eigentlich in den Kommentaren der Leute alles gesagt".
Mit Blick auf die nächsten Feiern in der Studentenverbindung, deren Räume der JU "sehr günstig" überlassen würden, könnte es möglicherweise zu einem Umdenken bei der Jungen Union Münster kommen, deutet Sluka am Samstag an. "Ich weiß nicht, ob ich nochmal Lust auf so ein Theater hätte." Gleichwohl hält er das Foto weiterhin "für eine Lappalie". Er können "nach wie vor" nichts Schlechtes an der Flagge erkennen.