Eisenach/Bonn/Hamburg. Der umstrittene Chefredakteur Weidner will nicht mit rechtsextremen Umtrieben in Verbindung gebracht werden. Das will er nun vor Gericht durchsetzen. Weidner geht gegen ein Mitglied seiner Studentenverbindung vor, das auch der Initiative “Burschenschafter gegen Neonazis“ angehört.

Der Konflikt innerhalb der deutschen Burschenszene eskaliert immer weiter. Nach dem heftigen Streit auf dem Burschentag in Eisenach vor knapp vier Wochen wird die Auseinandersetzung zwischen mutmaßlich rechtsextremen und liberalen Burschenschaftern nun auch die Justiz beschäftigen. Im Zentrum steht dabei einmal mehr Norbert Weidner, der umstrittene Chefredakteur der Burschenschaftlichen Blätter, der Zeitschrift des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dapd wehrt sich Weidner gerichtlich dagegen, von einen anderem Mitglied seiner Studentenverbindung, der Raczeks zu Bonn, mit rechtsextremen Umtrieben in Verbindung gebracht zu werden. Aus Dokumenten, die dapd vorliegen, geht hervor, dass Weidner versucht, eine Unterlassungserklärung gegen den Hamburger Christian Becker zu erwirken - einen Raczek, der Mitglied der Initiative "Burschenschafter gegen Neonazis" ist, die unter anderem den Blog Quovadisbuxe betreibt.

"Rechtsextreme Bewegung, die sich aus Burschenschaften, der NPD und Kameradschaften zusammensetzt"

Im Kern, das geht aus den Schriftstücken hervor, geht es um einen Satz: "NW (Norbert Weidner - d. Red.) ist höchstwahrscheinlich einer der Köpfe der rechtsextremen Bewegung, die aus Burschenschaften, NPD und Kameradschaften besteht." Am 16. Juni habe er deswegen eine Vorladung vom Landgericht Bonn erhalten, sagt Becker. Weidner habe schon am 15. Mai - also vor dem Burschentag in Eisenach - per Anwaltsschreiben versucht, eine Unterlassungserklärung von ihm zu bekommen. Er habe sich aber nach Rücksprache mit seinem Anwalt geweigert, diese abzugeben.

Becker bestreitet nicht, behauptet zu haben, es gebe in Deutschland "eine rechtsextreme Bewegung, die sich aus einzelnen Burschenschaftern und Burschenschaften, der NPD und Kameradschaften zusammensetzt" und dass "Weidner höchstwahrscheinlich einer der Köpfe dieser Bewegung ist". Er sagt, er habe diese Aussage in einer E-Mail an die Mitglieder seiner Burschenschaft weitergegeben. Und: "Ich halte sie weiter aufrecht."

Er könne das anhand einer Vielzahl von Fakten, die die Initiative zusammengetragen habe, belegen. Das mache die "Sprengkraft dieses Verfahrens" aus, glaubt Becker. Da er Weidners Vorwurf einräume, müsse das Gericht aus seiner Sicht nun darüber entscheiden, ob diese Aussage der Wahrheit entspreche. "Weidner und die Leute um ihn herum gehen deshalb ein hohes Risiko mit diesem Verfahren ein. Aber sie können auch gar nicht mehr anders", sagt er. "Sie haben Angst und dieses Verfahren ist ein Zeichen ihrer Schwäche. Das ist deren letztes Aufgebot."

Becker lässt sich von türkisch-stämmigen Juristen vertreten

Weidner steht schon seit längerem im Fokus der Kritik von liberalen Burschenschaftern. Auch auf dem diesjährigen Burschentag war er eine Reizfigur für viele von ihnen. Weidner war massiv in die Kritik geraten, weil er den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als Landesverräter bezeichnet haben soll. Dass ausgerechnet er in Eisenach als sogenannter Schriftleiter der Burschenschaftliche Blätter wiedergewählt wurde, war für liberale Mitglieder der wertkonservativen Verbindungen ein weiterer Beleg dafür, wie sehr die Burschenszene von rechtsextremen Gedankengut unterwandert sei. Zu dem Rechtsstreit mit Becker wollten sich weder Weidner auf dapd-Anfrage noch Vertreter der Deutschen Burschenschaft äußern.

Ob das Gericht bei der Verhandlung in Bonn am 4. Juli tatsächlich darüber entscheiden wird, inwieweit die Vorwürfe, Weidner sei ein Rechtsextremer, zutreffen, ist derzeit noch ebenso offen wie der Ausgang des Verfahrens. Ein Sprecher des Gerichts bestätigt zwar noch einmal den Verhandlungstermin, verweist darüber hinaus aber nur allgemein auf die Problemstellung, die es bei derartigen Verfahren zu erörtern gelte: "Tatsachen darf man nur verbreiten, wenn sie wahr sind", sagt er. "Im politischen Meinungskampf gibt es ein weites Spektrum zulässiger Meinungsäußerung. Ob die Grenze hier überschritten wurde, wird die Kammer prüfen."

Knapp zwei Wochen vor Beginn des Prozesses sind sich Becker und sein Anwalt Ali Özkan allerdings sicher, das Verfahren gewinnen zu können. "Wenn ich nicht daran glauben würde, hätte ich das Mandat gar nicht angenommen", sagt Özkan. Dass ausgerechnet ein türkischstämmiger Jurist Becker in dieser Angelegenheit vertritt, hat dabei Symbolcharakter; einen, um den Özkan weiß. Dieses Verfahren, sagt er, sei etwas Besonderes für ihn. "Es geht hier ganz grundsätzlich um rechtsextreme Einflüsse in unserer Gesellschaft", sagt er. "Und gerade vor dem Hintergrund der NSU-Morde ist das für mich kein alltäglicher Fall." (dapd)