An Rhein und Ruhr. .

Ein Fall, ganz aktuell, aus dem Polizeibericht von gestern: In Wuppertal hat ein 16-Jähriger mit einem Klappmesser auf einen jungen Mann (21) eingestochen. Auslöser für den Streit waren laut Polizei Beleidigungen auf der Internet-Plattform Facebook. Das Opfer kam mit einer Stichverletzung im Oberkörper ins Krankenhaus und verblieb dort. Dass Cybermobbing – also Schikane per Internet – derart eskaliert, kommt glücklicherweise nur selten vor. Cybermobbing an sich ist aber weit verbreitet. Laut einer Forsa-Umfrage ist in NRW mehr als jeder dritte Schüler (36%) im Alter von 12 bis 20 Jahren schon Opfer einer Attacke geworden. Psychologen der Uni Münster forschen seit Jahren zu dem Thema, gehen auch in Schulen und referieren. Das mit Studenten entwickelte Vorsorgekonzept „Surf fair“ haben Dr. Stephanie Pieschl und Dr. Torsten Porsch nun als Buch vorgelegt.

Die Formen

„Cybermobbing hat sich von Chatrooms mehr und mehr in soziale Netzwerke wie zunächst SchülerVz oder jetzt Facebook verlagert“, sagt Porsch. Die Formen seien ganz unterschiedlich. Es gebe als Drohung formulierte Einträge („Du Vollidiot“. Ich mach’ Dich fertig), Ausgrenzung von Netzwerk-Gruppen, das Verbreiten von Gerüchten („XY liebt die Lehrerin“), der Verrat von Geheimnissen – und all das geschehe häufig unter Nutzung anderer Identitäten. Eher selten würden fingierte Bilder und Videos genutzt.

Wo hört Spaß auf, wo fängt Cybermobbing an? „Das liegt ganz im Empfinden des Opfers“, so Porsch. Das Problem: Am Computer können die Täter die Wirkung auf das Opfer in der Regel nicht erfassen.

Die Täter

„Das war doch nur Spaß“ – das ist die denn auch eine häufige Antwort, die Porsch und seine Kollegin hören, wenn sie i

n Klassen mit Tätern sprechen: „Das ist für sie so, als hätten sie jemandem das Federmäppchen versteckt“, berichtet der 29-jährige Wissenschaftler. Die Täter hätten nicht im Blick, welche Reichweite das Internet hat, wie beständig Inhalte dort sind und das Cybermobbing auch strafrechtlich relevant sein kann.

Die Opfer

Die Opfer gehen mit den Attacken mitunter selbstbewusst um („da mobbe ich zurück“ – davon rät Porsch aber unbedingt ab), andere leiden sehr - bis hin zu Ängsten, sozialem Rückzug, depressiven Symptomen und somatischen Störungen (z.B. Bauchweh). „Es gibt nicht das typische Opfer“, sagt der Psychologe. Meistens sind die Opfer selbst viel im Internet unterwegs, haben ein eigenes soziales Profil und geben dort Dinge von sich preis. Über die Cybermobbing-Attacken zu reden, das falle vielen Opfern „ganz, ganz schwer“.

Das Risiko-Alter

Schon Grundschüler sind im Internet unterwegs -- auch schon in dem Alter kann Cybermobbing stattfinden. Danach nimmt die Internetnutzung weiter zu. Nicht überraschend deshalb: „Die meisten Fälle begegnen uns bei Schülern der 5. bis 8. Klasse“, sagt Porsch. Danach nähmen die Fälle ab. Warum das so ist, zunehmende Reife vielleicht, soll Gegenstand weiterer Forschungen sein.

Was Eltern tun können

Fälle von ernster Bedrohung oder ganz übler Beleidigung sollten bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden: „Auch wenn Cybermobbing kein eigener Straftatbestand ist – es gibt durchaus rechtliche Handhabe, es zu verfolgen“, meint der Forscher. Wichtig sei dafür aber zunächst - und das solle man grundsätzlich tun: Beweise sichern, also Screenshots machen, SMS oder Mails speichern. Grundsätzlich solle man Mobbing -Attacken auch den Anbieter der Portale melden (z.B. Facebook). „Wenn die Täter aus dem sozialen Umfeld kommen, kann es sinnvoll sein, sie direkt anzusprechen und sie aufzufordern, aufzuhören“, sagt Porsch.

Ebenso könne es sinnvoll sein Nachrichten zu sperren oder – falls die Täter unbekannt sind – eigene Konten oder Nutzernamen zu wechseln. „Das hängt aber immer vom Einzelfall ab“, betont Torsten Porsch. Falsch sei es, dem eigenen Kind den Computer zu verbieten, wenn dieses Opfer von Cybermobbing wurde, es auf diese Weise auch noch zu bestrafen. „Internet und Handy gehören als Kommunikationsmittel für Kinder heutzutage einfach dazu“, sagt der Wissenschaftler.

Am Besten sei es aber, vorzusorgen, Kinder früh medienkompetent zu machen, mit ihnen über Risiken des Internets zu reden. Torsten Porsch empfiehlt, dass sich Eltern von ihren Kindern am Computer Netzwerke wie Facebook erklären lassen sollten. Die Erfahrung zeige, das Kinder bei der Gelegenheit für Gespräche übers Medium Internet sehr zugänglich seien.

Mehr Infos unter www.medienkompetenz-praevention.de