Essen. . “Ich im Internet“ soll dem User die Kontrolle über die eigenen Daten im Netz erleichtern. Anbieter ist ausgerechnet die als Datenkrake verschriene Suchmaschine Google.

„Ego-Googeln“ ist ein Volkssport: Jeder Dritte hat Studien zufolge schon nach seinem eigenen Namen im Internet gesucht. Der eine tut’s aus Narzissmus, der andere möchte Herr seiner Online-Identität bleiben – oder werden. Hilfe verspricht ausgerechnet die als Datenkrake verschriene Suchmaschine Google mit ihrem neuen Tool „Ich im Internet“.

Ob eine Verabredung ansteht oder das nächste Vorstellungsgespräch: Vor der ersten Begegnung von Angesicht zu Angesicht steht heute häufig eine Google-Suche. „Das gehört mittlerweile zum normalen Umgang dazu, dass man im Internet nach Informationen über andere Menschen sucht“, sagt Dr. Alexander Filipovic, Medienethiker an der Universität Münster. Umso wichtiger sei das Eintippen des eigenen Namens in die Suchmaske, das sogenannte Ego-Googeln. Zumindest alle paar Monate sollte sich der Mensch 2.0 selbst googlen, rät Filipovic. „Ich würde das jedem empfehlen, der mit dem Internet umgehen kann. Das ist Teil einer modernen Medienkompetenz.“ Das Wichtige daran aus seiner Sicht: “Man bekommt ein Bild davon, was andere Personen finden, wenn sie nach Informationen über einen suchen.“

Mit ein paar Klicks zum Benachrichtigungsdienst

Dieses Bild entspricht nicht immer dem, das der Einzelne von sich selber zeichnen würde. Üble Nachrede in Blogs, Gerüchte in Foren und unvorteilhafte Fotos in Sozialen Netzwerken gehören dazu. Denn das Internet zeigt seine User so, wie die Algorithmen der Suchmaschinen sie einordnen. Wer deren Ergebnisse überschauen will, griff bisher meist zum Ego-Googeln. Doch der Blick in den digitalen Spiegel ist zeitaufwendig und unübersichtlich. Abhilfe verspricht „Ich im Internet“, das neue Google-Tool, mit dem das Suchmaschinenunternehmen in Konkurrenz tritt zu kommerziellen Anbietern ähnlicher Dienste für das sogenannte Reputations-Management.

„Mit wenigen Klicks kann man sich einen Benachrichtigungsdienst zusammenstellen“, lobt Filipovic. Das Ziel von „Ich im Internet“: Seitenlange Trefferlisten nach einer neuen Erwähnung des eigenen Namens durchsuchen zu müssen, soll der Vergangenheit angehören. Stattdessen flattert eine Benachrichtigung ins eigene E-Mail-Fach, so oft der Nutzer das will: bei Veröffentlichung, täglich oder einmal pro Woche. Name und E-Mail-Adresse(n) sucht Google bei Aktivierung automatisch; wer will, kann weitere Netz-News frei definieren, über die er informiert werden möchte. Ob der eigene Name in einem Forum erwähnt wurde, die E-Mail-Adresse in einem Blog veröffentlicht wurde oder ein Hacker die Kontoverbindung online gestellt hat: Wer Google sagt, worüber er informiert werden will, den hält die Suchmaschine darüber auf dem Laufenden.

Nur für registrierte Google-Nutzer

Allerdings ist der neue Service „Ich im Internet“ nur über das Google Dashboard zugänglich, und das bedeutet: nur für registrierte Nutzer. „Deswegen braucht man sich aber kein Google-Konto zu besorgen“, sagt Filipovic. Denn „Ich im Internet“ sei zwar besser als die bisherigen Möglichkeiten, aber “nicht deutlich besser“. Immerhin: „Es ist übersichtlicher.“

Dass kontrollwillige User der als Datenkrake verschrienen Suchmaschine erst Daten zur Verfügung stellen müssen, damit sie danach suchen kann, hält Medienethiker Filipovic nicht für problematisch. „Man sollte Google beim Datenschutz kritisch betrachten“, sagt er zwar. Der Experte gibt aber auch zu bedenken: „Wer skeptisch ist, sollte sich auch kein Web.de, Hotmail oder anderes Konto zulegen. Die machen alle das Gleiche – nur Google ist halt der Größte.“

Daten anderer Server kann Google nicht löschen

Trotzdem hat auch der Einflussbereich der Suchmaschine Grenzen. Was auf anderen Servern liegt, kann sie zwar anzeigen, aber nicht beeinflussen. Filipovic fasst zusammen: „Es passiert immer wieder, dass man ein Foto oder einen Kommentar in einem Forum findet, den man gelöscht haben möchte. Aber Google kann da auch nichts machen.“ Tipps, wie sich gegen unerwünschte Daten vorgehen lässt, stellt die Firma unter „Ich im Internet“ aber bereit.

Filipovics Fazit des neuen Werkzeugs fällt letztlich nüchtern aus. Der große Wurf sei es nicht, aber: „Je mehr Bedeutung das Internet erlangt, desto wichtiger ist es, dass es ein Bild über mich zur Verfügung stellt – und dass ich dieses Bild gestalte.“ Dazu könne „Ich im Internet“ beitragen. Allerdings wohl nur bedingt. Immerhin präsentiert Google selbst innerhalb seines Tools als allerersten Hinweis den Tipp: „Überlegen Sie es sich lieber zweimal, bevor Sie persönliche Informationen online stellen.“