Brüssel. Schluss mit den ärgerlichen Zusatzkosten: Handys werden vom nächsten Jahr an einheitliche Buchsen für die Ladekabel haben. Die zehn größten Mobilfunkgeräte-Hersteller einigten sich auf diese Absichtserklärung. Für Verbraucher ist das günstiger und komfortabler. Es gibt aber auch Kritik.
Verbraucher können sich in absehbarer Zukunft das Geld für spezielle Ladegeräte sparen, wenn sie ein Handy kaufen. Und sie werden demnächst auch nicht mehr völlig aufgeschmissen sein, wenn die Batterie dieser neuen Handys unterwegs leer läuft.
Absichtserklärung war nicht ganz freiwillig
Denn die Mobilfunkgeräte-Hersteller versprechen, vom nächsten Jahr an Geräte mit einer einheitlichen Buchse für Standard-Ladegeräte auf den Markt zu bringen. Die zehn größten Produzenten in Europa, die 90 Prozent Marktanteil auf sich vereinigen, haben am Montag eine solche Absichtserklärung unterzeichnet – übrigens nicht ganz freiwillig, denn EU-Kommissar Günter Verheugen hatte der Industrie gedroht, sie andernfalls per EU-Verordnung dazu zu verdonnern.
Verbraucher profitieren nur von neu gekauften Geräten
Um falschen Erwartungen vorzubeugen: Für alle jetzt schon gekauften Handys bleibt alles beim Alten. Vom einheitlichen Standard, der technisch auf der Grundlage des Micro-USB-Steckers aufsetzt, profitieren also nur Kunden, die sich vom nächsten Sommer oder Herbst an ein neues Gerät kaufen. Zudem gilt die Zusage nicht für alle Handys, sondern nur für Telefone, die zur Datenübermittlung fähig sind. Bisher liegt deren Anteil nur bei ein Viertel.
Branchenkenner rechnen aber damit, dass diese Quote zügig steigt – und dass in den nächsten Jahren auch Handys ohne Datenverkehr-Funktion mit der Standard-Buchse ausgestattet werden. Da jedes Jahr in Europa 180 Millionen Neugeräte verkauft werden, dürften deshalb in wenigen Jahren fast alle Handys zum Einheits-Ladegerät passen.
Erst einmal auf Mobiltelefone beschränkt
EU-Kommissar Verheugen kündigt an, dass seine Behörde auch das Aufladen für andere elektronische Geräte standardisieren möchte. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass in einigen Jahren auch für Kameras oder Computer universelle Ladegeräte eingesetzt werden können.“ Bei der aktuellen Vereinbarung habe sich die Industrie und die EU-Kommission aber erst einmal auf Mobiltelefone beschränkt, weil alles andere viel mehr Zeit erfordert hätte. Verheugen ist zudem optimistisch, dass die Industrie in anderen Teilen der Welt dem europäischen Vorbild folgt und ihre Handymodelle dem Einheits-Micro-USB anpasst. Der EU-Industriekommissar hebt hervor, dass die Einigung nicht allein Verbrauchern das Leben erleichtere, sondern auch mehrere Tausend Tonnen Abfall pro Jahr einsparen helfe. Aus gleichem Grund begrüßt die Bitkom, das deutsche Sprachrohr der IT-, Telekommunikationsbranche, die Absichtserklärung der zehn großen Hersteller. „Das spart Geld und schont Ressourcen“.
Noch nicht vorauszusehen ist, wie sich die Preise für neue Handys entwickeln werden. Eigentlich müsste der Verbraucher davon profitieren, dass er kein Extra-Ladegerät mehr braucht. Andererseits werden die Produzenten versuchen, die Einbußen bei den Umsätzen an anderer Stelle zu kompensieren.
Kritik von Verbraucherschützern
Verbraucherschützer haben die geplante Einführung des einheitlichen Ladegeräts für Handys als unzureichend kritisiert. «Man hätte das ausdehnen können auf andere kleine Geräte, zum Beispiel MP3-Player, kleine Digitalkameras und PDAs», sagte Gabriele Fleischer vom Verbraucherrat des Deutschen Instituts für Normung in Berlin am Montag der Nachrichtenagentur AP.
Ihre Organisation hätte anstelle der freiwilligen Selbstverpflichtung der Industrie lieber eine gesetzliche Regelung gesehen, «weil dann klar ist: das ist für alle bindend», sagte Fleischer. Zur Einführung eines für neue Handy-Modelle kompatiblen Ladegeräts im kommenden Jahr haben sich vorerst zehn Hersteller verpflichtet, die nach Angaben der EU-Kommission allerdings 90 Prozent des Marktes abdecken. Fleischer forderte: «Für uns ist wichtig, dass alle Hersteller mitmachen, und auch zum gleichen Zeitpunkt.»
Preis runter für Handys ohne Ladekabel
Die Verbraucherschützerin mahnte zudem, wenn künftig Handys ohne Ladegerät verkauft würden, müsse sich dies auch im Preis widerspiegeln. «Natürlich muss bei der ersten Generation das neue Ladegerät noch dabei sein, die nächste muss dann im Preis deutlich runtergehen.» (mit ap)