Brüssel. Die EU stärkt die Rechte von Telefon- und Internetkunden: Das EU-Parlament verabschiedete am Dienstag ein Gesetzespaket, das den Wechsel des Telefonanbieters und den Ausbau superschneller Internet-Verbindungen erleichtern soll. DerWesten beantwortet die wichtigsten Fragen.
Das Europäische Parlament hat am Dienstag mit großer Mehrheit ein Gesetzespaket verabschiedet, das für die Telefonkunden viele wichtige Neuerungen enthält.
Wie schnell kann man künftig den Anbieter wechseln?
Bisher sind Telefonkunden, die ihren Anbieter verlassen und zu einem günstigeren oder attraktiveren Unternehmen wechseln, meistens einige Tage abgeschaltet. In Deutschland dauert es im Schnitt drei Tage bei Handys und fünf Tage bei Festnetzanschlüssen, bis der Nutzer nach einem Anbieterwechsel wieder unter seiner alten, bekannten Nummer zu erreichen ist. Künftig können Kunden darauf pochen, dass sie ihre Telefonnummer innerhalb eines Tages übertragen bekommen.
Wie lang muss ich mich vertraglich binden?
Telefongesellschaften dürfen künftig keine Verträge mehr anbieten, die ihre Kundschaft bis zum Sankt Nimmerleinstag an sie knebeln. Konkret werden alle Verträge verboten, die eine Mindestlaufzeit von mehr als zwei Jahren vorsehen. Wem selbst das zu lang ist, der kann auf einen Ein-Jahres-Vertrag bestehen, denn dazu sind die Betreiber in Zukunft verpflichtet.
Wo kann man künftig gebührenfreie Nummern nutzen?
Viele Telefonnutzer ärgern sich darüber, dass sie gebührenfreie Anschlüsse in Deutschland nicht auch von Frankreich oder Schweden aus anwählen können. Das gilt insbesondere für Service-Hotlines mit 0800-Vorwahl. Künftig sollen die Regulierungsbehörden sicher stellen, dass Verbraucher auch über Grenzen hinweg kostenlos die Informationsdienste erreichen, die im Inland umsonst genutzt werden können.
Was ändert sich für Behinderte?
Die Bestimmungen über den barrierefreien Zugang zu Telekommunikationsdiensten werden verschärft. Die Anbieter müssen Endgeräte anbieten, die es behinderten Nutzern erlauben, von Diensten und Funktionen zu profitieren.
Wie kann ich Hilfe in der Not rufen?
Die Erreichbarkeit der internationalen Notrufnummer 112 wird ausgeweitet – vom traditionellen Telefonnetz auch auf neue Technologien. Zudem wird präziser gefasst, welche Angaben die Netzbetreiber an Polizei und Feuerwehr liefern müssen, um Menschen in Not anhand ihres Notrufes zu orten, da Verletzte – vor allem im Ausland - oft nicht erklären können, wo sie sich gerade befinden.
Worüber muss ein Internet-Anbieter aufklären?
Die Telekom-Konzerne dürfen demnächst nicht mehr Verbindungen einschränkungslos als superschnell anpreisen, wenn sie bei intensiver Nutzung deutlich an Tempo verlieren. Die Anbieter müssen vielmehr darüber aufklären, unter welchen Umständen der Abruf von Internet-Seiten langsamer wird und welche Kapazitätsgrenzen es gibt.
Was müssen Internet-Dienste leisten?
Einige Anbieter können heute bestimmte hochwertige Dienstleistungen wie Internet-TV anbieten, weil sie im Gegenzug dem Kunden abverlangen, dass er zeitgleich bei anderen Angeboten Qualitätseinbußen hinnimmt, zum Beispiel Aussetzer bei Telefonaten. Das neue EU-Recht fordert die nationalen Regulierer jedoch auf, eine Mindestqualität für alle Angebote der Netzübertragung zu verlangen.
Wie sind Internet-Nutzer gegen Abschaltung ihres Anschlusses geschützt?
Über diese Frage wurde am längsten gestritten. Der schließlich vereinbarte Kompromiss sieht vor, dass EU-Staaten ihren Bürgern nicht einfach ohne Anhörung der Beteiligten und ohne Anspruch auf eine zügige gerichtliche Überprüfung den Internetzugang abschalten lassen dürfen – selbst wenn die Kunden durch illegales Herunterladen Urheberrechte verletzt haben sollten und sie deshalb mehrmals vorgewarnt wurden. Durch die neuen EU-Gesetze wird die Nutzung des Internet erstmals rechtlich als Ausübung einer Grundfreiheit behandelt.
Wie sind Kunden vor Datenmissbrauch geschützt?
Die Betreiber werden zur sicheren Aufbewahrung von Kundendaten verpflichtet. Damit sie diese Vorgabe ernst nehmen, sind sie in Zukunft verpflichtet, sowohl die Behörden als auch die Kundschaft zu informieren, falls der Schutz persönlicher Daten verletzt wird. Zudem gibt es strengere Vorgaben für den Einsatz von „Cookies“, also kleiner Profildateien, die auf dem Bildschirm auftauchen.
Wer beaufsichtigt den Wettbewerb?
Mit dem Gesetzespaket wird ein europäisches Gremium geschaffen, das eine wirkungsvollere Abstimmung der nationalen Regulierer sicherstellen soll. Im Falle eines Falles können die Aufsichtsbehörden sogar eine Zerschlagung von Konzernen anordnen – in Netzbetreiber und Diensteanbieter.
Wann treten die Regeln in Kraft?
Im Dezember wird das Gesetz im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Danach haben die EU-Staaten eineinhalb Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht zu übersetzen, also bis spätestens Juni 2011.