Essen. „Meisterdetektiv Pikachu“ ermittelt wieder – diesmal nicht im Kino, sondern nur auf Nintendo Switch. Herausfordernd ist das nur für Kinder.

2019 feierte Nintendo einen großen Erfolg in einem für den japanischen Videospielhersteller eher untypischen Bereich: „Meisterdetektiv Pikachu“ spülte rund 450 Millionen Dollar in die Kinokassen. Hauptrolle spielt, neben dem bekanntesten Pokémon der Welt, der Junge Tim, der nach Ryme City reist, um die Wohnung seines scheinbar verstorbenen Vaters aufzulösen.

Dort trifft er auf die gelbe Elektromaus, mit der er seltsamerweise reden kann (interessant: Pikachus tiefe Männer-Stimme, leider nur in englischer oder japanischer Sprachausgabe bei deutschen Untertiteln), während alle anderen Menschen mit Ausnahme der Schwester nur das typische „Pika pika“ verstehen – Pokémon können regulär ausschließlich ihren Namen sagen oder einzelne Rufe tätigen. Pikachu, damals Partner-Pokémon des „Toten“, teilt Tim mit, dass sein Vater noch lebt – worauf sich das Duo auf die Suche macht.

„Meisterdetektiv Pikachu kehrt zurück“ verrät das Ende einer längeren Geschichte

Teil eins ließ das Ende der Geschichte im Unklaren, dies will Nintendo mit „Meisterdetektiv Pikachu kehrt zurück“ nun ändern. Eine Kino-Fortsetzung ist in Planung, aber weit entfernt von einem Starttermin – auch wegen der noch immer andauernden Streiks in Hollywood. So dürfen Videospielfans zuerst erfahren, ob Tim seinen Vater doch wieder in die Arme schließen kann.

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Das aber nur, wenn sie die lediglich etwas mehr als zehn Spielstunden bei der Stange bleiben. Was zumindest für erwachsene Spielerinnen und Spieler zur Geduldsprobe wird. Mit Tim und Pikachu ermittelt man in Ryme City in typischer Point&Click-Adventure-Manier.

„Meisterdetektiv Pikachu kehrt zurück“: Der Schwierigkeitsgrad ist zu gering angesetzt

Nachfolgend werden dem Duo von verschiedenen Seiten Aufgaben gestellt, die es zu lösen gilt, indem Pikachu mit anderen Pokémon und Tim mit anderen Menschen spricht, um Hinweise zu ergattern. Das klingt in der Theorie wunderbar spannend, gestaltet sich in der Praxis allerdings lächerlich einfach. Selbst, wenn man bei der Feststellung eines Ermittlungsergebnisses falsch liegt, bleibt das für den Spielverlauf ohne Konsequenzen (außer dass Pikachu einmal mit dem Kopf schüttelt und einen neunmalklugen Spruch äußert).

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In "Meisterdetektiv Pikachu kehrt zurück" sind die gelbe Elektromaus und Nachwuchsdetektiv Tim die Hauptcharaktere. © Screenshot | Nintendo

Oft ahnt man schon nach wenigen Gesprächen, wer oder was für den jeweils aktuellen Fall verantwortlich ist, muss aber mit dennoch allen Anwesenden sprechen, um in der Geschichte voranzukommen. So klickt man sich mit dem A-Knopf durch ellenlange Dialoge und fühlt sich von der Enge der Spielwelt frustriert. Denn auf eigene Faust das Gebiet in und um Ryme City zu erkunden, ist quasi unmöglich, da es die eigene Spielfigur dann mit Sätzen wie „Es gibt noch etwas zu tun. Dafür ist jetzt keine Zeit.“ verweigert, weiter geradeaus zu gehen.

Viele nette Animationen mit Liebe zum Detail

Für Erwachsene stellt dies keinerlei Herausforderung dar – Kinder im Grundschulalter dürften dies anders sehen. Das grundlegende Gameplay ändert sich auch nicht, als der gelbe „Meisterdetektiv“ mitten im Spiel plötzlich verhaftet wird und sich im Pokémon-Knast auf einem Luxtra reitend an den Gefängniswärtern vorbeischleichen muss. Warum Tims Begleiter nebst vielen anderen Pokémon eingebuchtet wird, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Schließlich, und das ist „Meisterdetektiv Pikachu“ positiv anzurechnen, hält einen die Geschichte dann doch bei Laune. Am Ende siegt trotz des monotonen Gameplays die Neugier, wie die Story ausgeht und ob Tim seinen Vater doch noch lebend wieder sieht.

Der Meisterdetektiv trifft auf viele weitere Pokémon - hier der Elektrolöwe Luxtra. Doch was hat der Würfel auf Pikachus Rücken zu bedeuten?
Der Meisterdetektiv trifft auf viele weitere Pokémon - hier der Elektrolöwe Luxtra. Doch was hat der Würfel auf Pikachus Rücken zu bedeuten? © Screenshot | Nintendo

Ebenfalls kann Nintendo mit liebevollen Details aus der Welt der Pokémon punkten. Seien es die Kampf-Monster Hariyama und Quappo, die sich auf offener Straße einen Faustkampf liefern oder die „Quaxo Band“, die zur Freude eines tanzenden Kappalores regelmäßige Konzerte spielt – die Animationen sind detailliert und gelungen.

„New Pokémon Snap“: Der Test zur gelungenen Foto-Safari

Dass die Grafik die technischen Möglichkeiten der Switch-Konsole einmal mehr bei weitem nicht ausreizt, sind Pokémon-Fans von den regulären Spielen der Reihe ja gewohnt. So hinterlässt „Meisterdetektiv Pikachu“ einen eher gemischten Gesamteindruck und lässt viel Potenzial ungenutzt. Kinder dürften mit dem Game ihre Freunde haben, Eltern können dies ohne Bedenken zu Weihnachten unter den Baum legen und den jungen Nachwuchs so an Videospiele heranführen. Erfahrene Spielerinnen und Spieler sollten sich den Kauf zum Preis von 45 € aber gut überlegen.