Essen. Wegen Sturmschäden müssen Tausende Bahnfahrer in NRW auf andere Verkehrsmittel umsteigen. Wir erklären, welche Ansprüche auf Erstattungen sie haben.
Der eine hat noch eine Taxi-Quittung, der andere fragt sich, ob er etwas für sein Monatsticket zurückbekommt, das nicht nutzen konnte. Nach dem Sturm wissen viele Eisenbahn-Kunden nicht, ob sie Anspruch auf Erstattungen haben. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
So ein Unwetter ist doch höhere Gewalt. Gibt es da überhaupt etwas?
Ja! Dem Europäischen Gerichtshof sei es gedankt. Im vergangenen Jahr hat er geurteilt, dass alle Ansprüche, die sich aus dem Fahrgastrechtegesetz ergeben, auch im Falle eines Unwetters gelten. Anders ist es mit der Mobilitätsgarantie NRW, zu der sich die Verkehrsunternehmen des Landes zusammengeschlossen haben. Auch diese Vereinbarung sieht Erstattungen für Bahnkunden vor, hat Fälle von höherer Gewalt aber ausgeschlossen.
Wer hat Anspruch auf Erstattungen?
Nur Fahrgäste der verschiedenen Eisenbahn-Unternehmen (In NRW sind das vor allem Deutsche Bahn, Nordwestbahn, Eurobahn, Abellio). Wer unter dem Ausfall von Bussen, Straßenbahnen oder U-Bahnen zu leiden hatte, fällt nicht unters Fahrgastrechtegesetz. „Natürlich kann man versuchen, über Kulanz auch bei anderen Verkehrsunternehmen etwas zu erreichen“, sagt Beatrix Kaschel von der Schlichtungsstelle Nahverkehr in Düsseldorf, „er sollte sich aber nicht über eine abschlägige Antwort ärgern.“
Welche Erstattungen sind vorgesehen?
Eisenbahn-Passagieren, die am Zielort eine Verspätung von ein bis zwei Stunden hatten, müssen 25 Prozent des Fahrpreises erstattet werden. Wer zwei Stunden oder mehr Verspätung hatte, hat sogar Anspruch auf die Hälfte des Fahrpreises. Die Einzelheiten kann man im Internet nachlesen unter www.fahrgastrechte.info.
Viele Bahnfahrer haben ein Monatsticket. Bekommen die auch etwas zurück?
Bei Monatstickets („Zeitkarten“) gibt es keinen konkreten Fahrpreis, den man anteilig zurückerstatten könnte. Hier läuft es anders: Inhaber von Monatskarten für die 2. Klasse bekommen pauschal 1,50 Euro für jedes Mal, das sie zwei oder mehr Stunden zu spät am Zielort angekommen sind. Wer also zweimal am Tag Bahn fährt, aber vier Tage lang aufs Auto umsteigen musste, müsste nach Berechnung unserer Redaktion auf 12 Euro kommen. Achtung: Wer auf weniger als 4 Euro kommt, kann sich den Papierkram sparen, denn das ist die Bagatellgrenze, unterhalb derer keine Erstattung ausgezahlt wird.
Was muss man tun?
Man nimmt sich vom Bahnhof ein Fahrgastrechte-Formular mit oder lädt es sich aus dem Internet herunter. Beim Ausfüllen zu beachten: Das Formular ist eigentlich für Fälle gemacht, in denen ein einzelner Zug große Verspätungen einfährt. Will man Erstattung für einen Totalausfall, dann trägt man oben die Verbindung so ein, wie sie üblicherweise fährt, und kreuzt darunter das Feld an: „Ich habe meine Reise wegen dieser Verspätung nicht angetreten.“ Dann legt man die Originalfahrkarte dazu, bei Monatskarten genügt eine Kopie. Auch Taxirechnungen sollte man beifügen, um Zusatzkosten zu dokumentieren. Das Ganze schickt man an das Servicecenter Fahrgastrechte in 60647 Frankfurt/Main. So empfiehlt es die Schlichtungsstelle Nahverkehr. Wem das Ausfüllen des Formulars zu kompliziert ist: Man kann den Antrag auch formlos stellen.
Welche Fristen muss man beachten?
Streng genommen keine. Empfohlen wird aber, dass man den Antrag zeitnah einreicht, umso eher gibt es die Erstattung.
Und was ist, wenn der Antrag abgelehnt wird?
Wenn es Probleme mit der Erstattung gibt, kann man sich an die Schlichtungsstelle Nahverkehr wenden. Sie wird von den Bahnunternehmen und der Verbraucherzentrale NRW getragen und hat die E-Mail-Adresse: info@schlichtungsstelle-nahverkehr.de.