Bochum. Und ein neues Album gibt’s bald auch: Auf „WACH“ thematisieren Das Lumpenpack auf gewohnt ironische Weise die Pandemieauswüchse. VÖ am 25. August
Vom Comedy-Duo zur Rockband: Als Das Lumpenpack stehen Maximilian Kennel (31) und Jonas Frömming (34) – er ursprünglich aus Augsburg, der andere aus Kassel – seit 2012 auf der Bühne, besingen witzig und selbstironisch die ernüchternde Wahrheit übers Erwachsenwerden und -sein. Viel verändert hat sich daran nach fünf Alben nicht, die Texte sind spitzzüngiger geworden, mitunter auch politisch, immer noch humorvoll. Das beweist auch die neue Platte „WACH“, die am 25. August erscheint. Mit dem Rest der Band (Alex Eckert, Jason Bartsch und Lola Schrode) steht das Lumpenpack auch bei „Bochum Total“ (6.-9.7.) am 8. Juli auf der Bühne. Maxi Strauch sprach mit dem Front-Duo unter anderem über Post-Pandemie-Gedanken, das Papasein und ihre Liebe zur Region.
Vor fünf Jahren habe ich euch folgende Frage gestellt: „Am Anfang ging es bei euch um Partys, jetzt spielen Hochzeiten eine Rolle. Was kommt in fünf Jahren?“ Und da hast du, Jonas, gesagt: „Die gut bezahlte Frührente.“ War ja wohl nichts ...
Jonas: Ach, da wusste ich das mit der Pandemie doch noch nicht. Die letzten zwei Jahre zählen nicht. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Wir sprechen uns in zwei Jahren noch mal.
Worum geht’s denn dann jetzt?
Jonas: Ein bisschen Party haben wir zurückgeholt.
Max: Es geht jetzt ein bisschen mehr um die Vereinbarkeit von Alltag, gesellschaftlichem Engagement und Party, aber auch darum, sich selbst wieder ein bisschen zurückzuholen. Hatte man die letzten Jahre nicht, eben auch durch die Pandemie.
Jonas: Jetzt auf der Platte geht’s viel um: Was haben die zwei Jahre Pandemie kaputt gemacht? An welchen Schrauben muss man jetzt drehen? Der Rock hat gelitten, die Menschheit hat gelitten. Viele Leute sind in viele Richtungen abgerutscht, und jetzt sind wir da, als die Heilsbringer (lacht).
Und was ist bei euch nach Corona und Pandemie hängen geblieben?
Max: Dass die Menschheit ein furchtbares Problem mit dem Klimawandel bekommen wird. So schlecht, wie wir das jetzt mit der Pandemie hinbekommen haben … Das war ja ein absolutes Debakel. Wir konnten uns nicht darauf verständigen, dass wir aufeinander Rücksicht nehmen, in Zeiten, in denen ein potenziell tödliches Virus grassiert. Wie soll das denn weitergehen? Bei mir ist der Zynismus eingeritten, ich habe keine Hoffnung mehr.
Wie sieht’s bei dir aus, Jonas?
Jonas: Ich sehe das noch ein bisschen anders zum Glück. Muss ich ja auch, als Mensch, als unterhaltsamer Musiker und auch als Papa, da muss ich doch die Fahne hochhalten, solange ich das kann. Und wenn die Welt um all die Menschen, die ich gerne und lieb habe, zusammenbricht, dann will ich dafür sorgen, dass dieses kleine Stück Land, auf dem wir noch stehen, während alles andere lodert und brennt, einigermaßen schön aussieht.
Eigentlich steht ihr doch für gute Laune und viel Konfetti …
Jonas: Ach, das machen wir doch seit Jahren, wir pöbeln und im besten Fall pöbeln wir in die richtige Richtung. Und das macht ja auch Spaß, sich darin zu suhlen! Häufig ist der Zynismus bei Max auch nicht ganz so destruktiv.
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Es hat auf jeden Fall für ein neues Album gereicht. Worauf können sich Fans freuen?
Max: Auf ein richtig gutes Rockmusik-Album, natürlich mit ein paar spielerischen Ausreißern, wo wir einfach Bock drauf hatten. Aber es ist ein rundes Produkt. Es ist ziemlich überraschend, wenn man sich so durchhört, und es macht irre viel Spaß.
Jonas: Das Album ist komplett Banane geworden. Unfassbar tolle Rocknummern, und dann ist da eine Nummer über Unverträglichkeiten im 80s-Gewand. Es ist wie eine Achterbahn: Du setzt dich da rein, fährst durch dieses Album und am Ende kommst du im besten Fall mit einer kleinen Träne im Knopfloch raus.
Die Leadsingle „Nacht“ habt ihr bereits veröffentlicht. Ist die Nacht mit Mitte 30 als Familienvater überhaupt noch erstrebenswert?
Jonas: Total. In dem Moment, wenn die Kids im Bett sind, bin ich manchmal selber völlig im Arsch. Aber so für diese eine Stunde alleine lohnt es sich komplett.
Max: Und es gibt ja auch nach wie vor die Nächte, in denen man mal ausgeht. Das muss man auch allen Menschen sagen, die keine Kinder haben. Irgendwann geht das wieder. Und dann ist es schon geil, mal mit Freunden, bis ein oder zwei Uhr Bier trinken zu gehen.
Jeder, der Kleinkinder hat, weiß aber auch: Biertrinken bis 2 Uhr nachts erschwert auch den Tag drauf …
Max: Das Tourleben ermöglicht uns oft den Rückgriff auf diese Strukturen. Es gibt diese krassen Übergangstage. Das heißt, wir stehen morgens zuhause noch früh auf und bringen die Kids in die Kita und spielen abends schon eine Show. Und dann sind wir völlig fertig danach, das ist so unser Jetlag. Aber wenn wir dann auf Tour sind, geht’s ab dem zweiten Tag wieder.
Aber die Tour endet ja auch irgendwann ...
Max: Da ein großes Dankeschön an die Mütter unserer Kinder, die das möglich machen, dass man auch am Tag nach der Tour erst einmal einen Mittagsschlaf machen kann.
Jonas: Das finde ich auch so geil, wenn man von Tour kommt. Du hast gerade vor Hunderten von Leuten Shows gespielt und bist dann mit dem Bus durch die Lande gereist und dann steht da dieses Kind und will einfach nur mal ordentlich angeschaukelt werden.
Max: Das war früher anders. Wenn man vier Wochen auf Tour war und man dann heim kam, dann hatte man einfach eine depressive Phase. Gerade in der Zeit, in der meine damalige Freundin, jetzt Frau, noch nicht bei mir gewohnt hat, habe ich am ersten Tag wie ein Schlosshund geheult. Jetzt hat man eine ganz andere Form von Glück zu Hause.
Über die Vaterfreuden gibt’s aber noch keinen Song, oder?
Max: Wir haben das eine Weile lang bewusst versucht rauszuhalten. Aber es ist natürlich ein Thema. Das, was wir machen, soll ja nachvollziehbar sein für eine große Menge an Leuten und klar, unsere Fans sind mit uns gealtert. Der Haupt-Lumpenpack-Fan ist irgendwo zwischen 25 und 35, würde ich sagen, und darunter sind auch viele Eltern mit Kindern. Ich find’s irgendwie nicht inklusiv, aber ich will es auch nicht ausschließen. Es hat sich bis jetzt einfach nicht ergeben.
Jonas: Ich will schon seit Jahren einfach Kinderlieder schreiben, die ein bisschen funktionieren wie eine gute Simpsons-Folge, die man schon als Kind gucken kann, aber erst später richtig versteht.
Zurück zur „Nacht“. Das Video dazu ist vor besonders schöner Kulisse entstanden, vor der Duisburger Skulptur „Tiger & Turtle“, dabei kommt ihr gar nicht aus NRW. Wie kam’s dazu?
Jonas: Man muss ja ehrlicherweise sagen, musikalisch sind wir eine totale Ruhrpott-Band. Unser Home-Studio ist seit Jahren in Essen. Wir sind Ruhrgebiets-Kinder! Unser aktueller Tonmensch hat sein Studio in Duisburg, da proben wir dann und da ist das „Tiger & Turtle“ direkt um die Ecke.
Ihr wart videotechnisch nicht nur in Duisburg, sondern seid auch durch Dortmund gerannt. Bald spielt ihr bei „Bochum total“. Euch scheint viel mit der Region zu verbinden …
Max: Ich bin einfach wahnsinnig gerne im Ruhrgebiet und das ist auch seit jeher so. Eine Region, die uns als Band total willkommen geheißen hat. Damit erspielen sich Regionen auch Sympathien bei uns. Auf der kommenden Tour war Dortmund als erstes ausverkauft! Wenn die Leute uns mögen, dann mögen wir doch auch die Leute und fahren gerne in die Städte.
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Das Lumpenpack – live, 8.7. Bochum (20.45 Uhr, Bermuda3Eck, Eintritt frei), 20.10. Dortmund (FZW, ausverkauft), 21.10. Köln (Palladium, ca. 39 €).