Köln. Wrestling-Champion Gunther kommt mit WWE im Oktober nach Köln. Seine Karriere beschleunigte er in Oberhausen – seitdem ist viel passiert.
Nein, noch zählt Walter Hahn die Tage nach eigener Aussage nicht. Dem gebürtigen Wiener, der bei World Wrestling Entertainment (WWE) seit Januar 2022 unter dem Kampfnamen Gunther auftritt, ist allerdings bewusst, dass ihm schon recht bald Historisches gelingen könnte. Seit 379 Tagen ist der 35-Jährige „Intercontinental Champion“. Nicht der größte Titel bei WWE, aber dennoch ein prestigeträchtiger, vielleicht vergleichbar mit dem DFB-Pokal im deutschen Fußball. Der Rekord steht bei 454 Tagen, aufgestellt 1986/87 durch den Elvis-Imitator Honky Tonk Man. „Ich habe keinen Kalender an der Wand hängen, fokussiere mich auf das, was direkt vor mir liegt, will die beste Leistung abrufen. Wenn es soweit käme, wäre es natürlich ein super Erfolg, aber davor stehen noch ein paar Hürden im Weg“, ist sich Gunther bewusst.
So zum Beispiel am kommenden Wochenende, in der Londoner Arena „The O²“, wenn WWE für die Shows „Smackdown“ und „Money In The Bank“ in der englischen Hauptstadt zu Gast ist. Bei letzterer Veranstaltung handelt es sich um ein sogenanntes „Premium Live Event“ von besonders hoher Bedeutung – nicht selten wechseln hier die Titelgürtel ihre Besitzer.
Europa-Offensive der WWE
Im September 2022 gab es ein solches „Premium Live Event“ bereits vor fast 63.000 Zuschauern im Rugby-Stadion von Cardiff. Dass die führende Liga im Catchen nun bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Dreivierteljahres für eine solche Großveranstaltung nach Europa kommt, lässt Gunther für die Zukunft auf etwas Besonderes hoffen: „Das Ernst-Happel-Stadion in Wien wäre für mich natürlich ideal. Nach Cardiff kam mir schon der Gedanke: Warum nicht auch in anderen europäischen Städten? Paris, Berlin oder so. Ich glaube, das Potenzial ist da.“
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Erstmal freut sich Gunther aber auf die Deutschland-Tour im Oktober mit vier Terminen in Köln, Hamburg, München und Berlin: „Das sind vier tolle Städte, an die ich tolle Erinnerungen habe, wo ich schon weit vor meiner WWE-Karriere im Ring stand. Da schließt sich ein bisschen der Kreis, jetzt auf diesem Niveau dorthin zurückzukommen.“
Gunthers Wrestling-Karriere wurde im Revier beschleunigt
Vier Jahre lebte Gunther in Oberhausen, dem vielleicht wichtigsten Wrestling-Standort Europas. Schließlich findet in der Turbinenhalle unter anderem jährlich im März das Wochenend-Event „16 Carat Gold“ der in Gelsenkirchen ansässigen Liga Westside Xtreme Wrestling (wXw) statt, mit täglich bis zu 1500 Fans, die aus ganz Europa, in Einzelfällen gar aus Übersee anreisen. Über wXw schaffte es nicht nur Gunther, sondern auch sein aus Hamburg stammender Kollege im WWE-Team „Imperium“, Ludwig Kaiser (Marcel Barthel), auf die große Bühne.
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Heute leben beide in Orlando und fliegen von dort aus zu ihren Matches, oft quer durch die USA. Die Zeit über den Wolken verbringt der amtierende „Intercontinental Champion“ dabei regelmäßig mit einer „alten Liebe“ aus dem Revier. Zu seinen Zeiten in Oberhausen war Gunther regelmäßiger Gast bei Heimspielen des FC Schalke 04, trat dem Klub 2021 sogar als Mitglied bei. „Ich kann die Spiele sogar recht oft gucken, meist samstags live, wenn ich reise. ESPN ist da ein guter Anbieter und US-Fluglinien haben gutes WiFi“, sagt er.
Den erneuten Gang der Königsblauen in die 2. Bundesliga nahm er wie viele Fans eher gelassen entgegen: „Natürlich ist der Abstieg sehr schade. Aber ich habe die letzten Spiele größtenteils gesehen und denke, dass man sich mit Anstand verabschiedet hat und nicht auf wen Bestimmtes sauer sein kann. Es ging erhobenen Hauptes runter und ich bin recht zuversichtlich, dass Schalke nächstes Jahr direkt wieder hochkommt.“
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Gunther heiratete im Mai seine Jinny
Und im vergangenen Mai stand ja auch noch ein besonders schöner Tag an. Zu Monatsbeginn heiratete Gunther in London. Die Angetraute Jinny, halb Engländerin, halb Inderin, war über Jahre ebenfalls als Wrestlerin aktiv, gab aber im vergangenen Januar ihren Rücktritt vom Showkampf bekannt. An die Hochzeit, die Elemente einer traditionellen indischen Trauung beinhaltete, hat Gunther jedenfalls nur gute Erinnerungen: „Generell muss ich sagen: Die westliche Art, Hochzeiten zu feiern, ist im Vergleich zu den anderen weltweit, recht langweilig“.
Ein Video, in dem das Ehepaar einen Bhangra, einen Punjabi-Volkstanz, aufs Parkett legt, verbreitete sich im Internet unter Wrestling-Fans wie ein Lauffeuer. Schließlich sieht man den „Ringgeneral“, so Gunthers Spitzname, in den WWE-Shows nie so ausgelassen, verkörpert er doch einen ernsten, kühlen Charakter. „Das Video zeigte mich mal so, wie man mich sonst nicht sieht“, gibt er zu, ergänzt aber direkt: „Aber an so einem Tag ist das mal erlaubt. Und ein ruhiger Wiener Walzer musste dann natürlich auch noch sein.“
Mittlerweile liegt der Fokus wieder auf dem alltäglichen Geschehen im Ring. Dass die Gruppierung „Imperium“ (Gunther, Kaiser sowie der Südtiroler Fabian „Giovanni Vinci“ Aichner) auf dem aufsteigenden Ast ist, zeigt sich nicht nur in der langen Titel-Regenschaft des Ringgenerals. Das Trio zieht in den USA starke Reaktionen des Publikums und teilte das Seilgeviert zuletzt mehrfach mit den amtierenden Tag-Team-Champions Kevin Owens und Sami Zayn. Interessant für Fans aus dem deutschsprachigen Raum: Mit dem mittlerweile ebenfalls nach Orlando gezogenen Dresdner Ilja Dragunov steht ein weiterer Wrestler vor dem Sprung in die wöchentlichen WWE-Shows „Raw“ und „Smackdown“.
Gunther: Wiedervereinigung im Ring mit altem Rivalen und Freund?
Gunther und Dragunov kennen, schätzen und mögen sich. Sowohl in Deutschland bei wXw als auch in der mittlerweile eingestellten WWE-Show „NXT UK“ lieferten sich beide schon hochklassige Matches, als Team wie als Kontrahenten. Nun träumen vor allem deutsche Fans von einer Reunion bei im WWE-Hauptkader, der Österreicher ist diesbezüglich allerdings skeptisch: „Er ist ein persönlicher Freund, da gibt’s viel Kontakt, aber Freundschaft und Beruf sind zwei Paar Schuhe. Das sind Gerüchte, vielleicht auch Wunschvorstellungen. Ich weiß auch nicht, ob das zusammenpassen würde. Ilja stellt schon viel für sich selbst da und das in einer etwas anderen Richtung, als wir es mit Imperium tun. Ich glaube auch, dass Ilja ein besserer Rivale für mich als Kompagnon ist.“
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Doch egal, ob und wie es mit dem alten Weggefährten weitergeht: Gunther hat seinen festen Platz im Hauptkader der größten Wrestling-Liga der Welt gefunden – entgegen so manch Erwartung anderer. Als der Kampfname im Januar 2022 von „Walter“ auf „Gunther“ geändert wurde und kurze Zeit später Gerüchte aufkamen, dass WWE-Firmenchef Vince McMahon das Interesse am Wiener verloren hatte, formulierte Wrestler-Kollege Keith Lee (heute für die Konkurrenzliga AEW tätig) beim Social-Media-Dienst Twitter ein pikantes Posting mit den Worten: „Man ...if what I’m hearing is real …Poor Walter.“
Die pessimistische Äußerung wirkt heute, nach mehr als einem Jahr mit dem Intercontinental-Championship-Gürtel wie Hohn, Gunther selbst sieht die ganze Sache aber überaus entspannt: „Ich hatte keinen Kontakt mit Keith, aber bis heute stürzen sich viele da drauf. Das war ja in der Zeit der Namensänderung, da war der Aufschrei recht groß, aber Veränderungen bewirken immer großen Aufschrei. Da habe ich mir keinen großen Kopf gemacht und bis auf den Namen hat sich bei mir ja nicht viel geändert. Ich musste mich nicht verändern und bin so genommen worden, wie ich mich vor meiner Zeit bei WWE entwickelt habe. Das kann ich authentisch abrufen und es kommt auch gut an.“ Sicherlich auch wieder im Oktober in der Kölner Lanxess Arena.
WWE live: 26.10., 19.30 Uhr, Lanxess Arena, Willy-Brandt-Platz 1, Köln. Karten ab ca. 59 €.