Essen. Sängerin Michelle ist auf Jubiläumstour. Im Interview erinnert sie sich an die Anfänge in der Hitparade und erzählt Kurioses von der Hundewiese.

Schlagerstar Michelle startet nach gesundheitlichen Problemen mit der „30 Jahre, das war’s - noch nicht“-Tour. Im Interview mit Kirsten Gnoth erinnert sich die 51-Jährige an ihre Anfänge und spricht über kuriose Momente auf der Hundewiese.

Ihr aktuelles Album „Das war’s…noch nicht“ blickt mit einer Mischung aus neuen und altbewährten Songs auf die letzten 30 Jahre zurück. Welche Erwartungen hatten Sie damals an den ersten Song „Und heut‘ Nacht will ich tanzen“?

Michelle: Oh Gott, eigentlich gar keine. Ich war einfach nur froh, einen Song zu haben. Für das Album habe ich ihn auch neu aufgenommen und gemerkt, dass ich heute ganz andere Emotionen damit verbinde als damals. Es stecken nun 30 Jahre mehr Lebenserfahrung dahinter.

Mit dem Song sind Sie 1993 auch in der ZDF-Hitparade aufgetreten. Wie war das damals?

Es waren viele etablierte Künstler da. Sie haben mir auf die Schulter geklopft und gesagt: „Dabei sein ist alles, Michelle“. Sie haben mich irgendwie überhaupt nicht ernst genommen und eher gedacht, ich sei eine Art Eintagsfliege. Aber dann habe ich an dem Abend gewonnen. Daran hat niemand geglaubt und auch ich war ziemlich überrascht. Es war ein einzigartiger Moment für mich.

Wie sind Sie mit dem Rummel umgegangen?

Ich bin ins kalte Wasser geworfen worden und war dann erstmal da drin. So richtig Gedanken darüber habe ich mir erst viel später gemacht – Jahre später. Als ich ein bisschen zur Ruhe gekommen bin, konnte ich begreifen, was da eigentlich passiert ist.

Nun sind 30 Jahre vergangen. Wie haben Sie sich so lange in diesem harten Musikgeschäft gehalten?

Es ist ein Haifischbecken. Was mir geholfen hat, ist ehrlich und authentisch zu bleiben. Die Menschen merken, dass ich mich nicht verstelle. Und immer, wenn ich hingefallen bin, bin ich auch wieder aufgestanden. Das gehört zum Leben dazu und ist das, was mich ausmacht.

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Was sind die Schattenseiten des Musikerinnen-Daseins?

Wenn es überhaupt eine Schattenseite gibt, ist es, ständig in der Öffentlichkeit zu stehen. Man hat wenig Privatsphäre.

Selbst wenn man sich zurückzieht, sickert doch immer was durch.

Manchmal ist es gar nicht möglich, sich zurückzuziehen. Dann wird man verfolgt und die Menschen tauchen plötzlich vor deiner Tür auf. Ich habe mir in den 30 Jahren ein wirklich dickes Fell wachsen lassen und mich daran gewöhnt. Heute ist es für mich auch weniger eine Schattenseite, als es das noch damals war. Ich meine, es gehört zu meinem Leben dazu. Aber gerade am Anfang musste ich lernen damit umzugehen. Plötzlich interessieren sich alle für einen, das war schon seltsam.

Wie ist es denn, wenn Fans Sie draußen erkennen?

Tatsächlich werde ich relativ wenig erkannt. Ich mache aber auch etwas, was nicht sonderlich viele Künstler machen – ich gehe ungeschminkt und auch mal völlig abgeranzt aus dem Haus (lacht). Die Menschen, die mich von der Bühne kennen, haben ein völlig anderes Bild. Da bin ich immer gestylt. Viele merken erst, dass ich vor ihnen stehe, wenn ich spreche. Ich mache gerne Fotos mit Fans und bin im Umgang easy. Allerdings gibt es auch Momente, in denen ich ganz privat unterwegs bin und dann lasse ich mich nicht auf Fotos ein.

Und das klappt?

Manche nehmen es so auf und andere eben anders. Aber viele haben Verständnis dafür, dass ich nicht unbedingt ein Foto machen möchte, wenn ich mitten auf der Hundewiese stehe und eventuell noch meinen Schlafanzug unter dem Mantel anhabe (lacht). Manches ist und bleibt eben privat.

Kommen wir von der Hundewiese nochmal zurück zur Musik. Auf dem aktuellen Album singen Sie ein Duett mit ihrer Tochter. Mit wem könnten Sie sich noch eine Zusammenarbeit vorstellen?

Mein Traumpartner ist und bleibt immer noch Peter Maffay. Ich denke, dass unsere Stimmen gut harmonieren würden. Ich denke, man sollte sich für so etwas immer jemanden suchen, bei dem es authentisch wirkt. Es bringt nichts, ein Duett mit jemandem zu machen, nur weil dieser gerade angesagt ist. Wenn der Song dann nicht zu beiden passt, wirkt es immer aufgesetzt. Maite Kelly könnte ich mir gut vorstellen, weil sie eben auch eine Rampensau ist. Wir passen von der Energie her sehr gut zusammen und könnten die Geschichte von einem gemeinsamen Song gut erzählen.

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Hätten Sie auch mal Lust, komplett aus dem Genre zu fallen? Ein Rock-Duett vielleicht?

Neee, ich bin eine Schlager-Tante (lacht). Darüber kann ich mich am besten ausdrücken. Ich liebe Schlager und höre ihn selbst auch. Wenn jemand nicht in ein anderes Genre passt, dann ich.

Welchen Schlagerkollegen oder welche Kollegin hören Sie?

Ich höre verschiedenste Schlagersender beim Putzen oder im Auto. Auf langen Fahrten ist musikalisch immer Maite Kelly dabei. Die kann man aber auch super hören, wenn man Liebeskummer hat.

Jetzt, wo die Tour startet, sind Sie sicher wieder viel im Auto unterwegs. Sie mussten den eigentlichen Tourstart im vergangenen Jahr wegen gesundheitlichen Problemen verschieben. Wie geht es dem Rücken nun?

Wir haben viel daran gearbeitet und die Tour ist nun auch ein bisschen komprimierter. Jetzt kann ich alles geben und freue mich darauf.

Auf was für eine Setliste dürfen sich die Fans freuen?

Wenn ich auf Instagram sehe, was sich die Leute alles wünschen, könnten wir sechs Stunden lang spielen (lacht). Ich denke, wir haben eine gute Mischung aus neuen Songs und dem alten Repertoire zusammengestellt. Das Programm fasst 30 Jahre Michelle schon gut zusammen. Einige begleiten mich schon seit der Anfangszeit und verbinden mit den Songs persönliche Geschichten – ganz so wie ich es eben auch tue. Wir haben gemeinsam Höhen und Tiefen erlebt und die Menschen haben mich stets begleitet. Das spiegelt sich auch bei der Tour wider.

Haben Sie nach 30 Jahren noch Lampenfieber?

Ich habe schreckliches Lampenfieber. Ich muss vor der Show ständig auf die Toilette, weil ich einen total trockenen Mund bekomme und viel trinke. Mir wird auch immer ein bisschen schlecht, weil ich so nervös bin. Sobald ich dann auf der Bühne stehe, ist alles plötzlich weg. Ich glaube, wenn man kein Lampenfieber mehr hat, sollte man ans Aufhören denken. Denn dann wird die Bühne langweilig und das merkt das Publikum.

Gibt es etwas, das unbedingt mit auf Tour muss?

Ja, mein Kissen. Ich habe extra ein Wasserkissen für meinen Nacken. Oft sind die Kissen in den Hotels ziemlich schlecht und deshalb schleppe ich meins immer mit.

Kommt Ihr neuer Hund Maggie auch mit?

Auf jeden Fall. Sie war auch schon bei den Proben im Studio mit dabei und hat das toll gemacht. Ich habe mir aber auch sieben Wochen frei genommen, um intensiv mit ihr zu arbeiten. Sie stammt von einem Straßenhundewurf aus Rumänien und war vier Monate alt, als ich sie bekommen habe. Sie war sehr ängstlich, hat in ihr Körbchen gemacht und wollte nichts fressen. Mittlerweile tobt sie ohne Leine über die Wiese und hat einfach Spaß am Leben. Das ist toll. Autofahren mag Maggie immer noch nicht so gerne. Deshalb habe ich mir für die Tour extra einen Camper gemietet. Da kann sie sich gemütlich hinlegen und damit geht es ihr besser.

Gibt es denn Rituale vor jeder Show?

Es gibt immer neue. Ich bin gespannt, was es diesmal wird.

Viele Künstler und Künstlerinnen spielen jeden Abend so, als wäre es der erste der Tour. Ist das bei Ihnen auch so?

Um Gottes Willen. Der erste Tag ist immer chaotisch und es geht vieles daneben. Jeder Abend ist bei mir anders, weil ich mich auch immer anders fühle. Ich will nicht einfach ein Programm abspulen.

30 Jahre, das war’s – noch nicht: 10.3. Düsseldorf (20 Uhr, MEH), 1.4. Bochum (20 Uhr, RuhrCongress). Tickets ab ca. 52 €.