Essen. Er motiviert Migranten, synchronisiert Videospiele, liest Wrestling-Hörbücher. Und bald kehrt Eko Fresh in Düsseldorf auch auf die Bühne zurück.
Mit 20 Jahren kletterte Ekrem Bora, besser bekannt als Eko Fresh, erstmals in die Charts. „Ich bin jung und brauche das Geld“ hieß der Top-Fünf-Song, der 2003 die Rap-Karriere ins Rollen brachte. Heute hat der Kölner weit mehr im Kopf als Musik. Er tritt regelmäßig als Redner für verschiedene Integrations-Projekte auf, synchronisiert Videospiele und startete zuletzt einen türkischen Lebensmittel-Lieferdienst in seiner Heimatstadt. Nun steht eine neue Aufgabe an: Eko Fresh liest das Hörbuch „Hochgekämpft“, und erzählt dabei die Geschichte der beiden Brüder Ahmed und Hussen Chaer, die in Berlin die Wrestling-Liga GWF (German Wrestling Federation) aufgebaut haben. Über seine vielseitigen Tätigkeiten sprach der 38-Jährige mit Patrick Friedland.
Eko, Sie sind bekanntlich ein großer Wrestling-Fan. Was fasziniert Sie daran?
Es ist eine ganz besondere Form der Unterhaltung. Den Nervenkitzel, der da aufkommt, den empfinde ich bei fast nichts anderem. Ich verfolge das schon, seitdem ich Kind bin, mit einer kleinen Pause, als die Rapkarriere so richtig los ging. Nach einigen Jahren wohnte ich dann wieder alleine und bin durch DVDs zum Wrestling zurückgenommen, eine Zeit lang lief das ja in Deutschland nicht mehr im Free-TV. Heute tut es das wieder, aber es ist eine Nische. Jetzt versuche ich gerade, meinen Sohn da ran zu führen.
Selbst mal im Ring gestanden?
Ich kann ganz gut reden, da habe ich schon auf den Manager-Posten gepasst (Begleiter eines Wrestlers, der zwischen den Kämpfen auch Dialog-Passagen für ihn übernimmt, Anm. d. Red.) War eine sehr aufschlussreiche und spannende Zeit, da auch mal hinter die Kulissen zu schauen. Selbst gekämpft habe ich nur einmal 2008 in Köln gegen Erik Schwarz. Habe zwar den Kürzeren gezogen, aber mir seinen Respekt verdient, weil ich so lange durchgehalten habe. Aber ich bin dafür einfach zu unsportlich (lacht).
„Die beiden haben viele Fights hinter sich – auch im täglichen Leben.“
Warum lesen ausgerechnet Sie das Hörbuch über die Geschichte der Chaer-Brüder?
Ich kenne die beiden seit zig Jahren, Anfang/Mitte der 2000er. Damals bin ich einfach mit denen ins Gespräch gekommen, weil sie die einzigen beim Wrestling waren, die so aussehen wie ich. Es gibt in der Demografie halt viele, die Fußball mögen, viele, die Hip-Hop hören, aber kaum welche, die Wrestling mögen. Sind supercoole Jungs, die dem Wrestling ihr Leben verschrieben haben und sehr viel Blut, Schweiß und Tränen dafür vergossen haben. Es war kein einfacher Weg, die haben viele Fights hinter sich, nicht nur im Ring, sondern auch im täglichen Leben. Was die sich jetzt mittlerweile aufgebaut haben, mit der eigenen Liga und dem Trainerjob, ist beeindruckend. Die Anfrage, das Hörbuch einzusprechen, war für mich eine Ehre.
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Wie kamen die beiden zum Wrestling?
Sie mochten zunächst Filme von Bud Spencer und Terrence Hill und eben auch das Wrestling, das in den 90ern im deutschen TV lief. Das, dieser Zusammenhalt unter den Wrestlern, hat sie auch immer davon abgehalten, auf die schiefe Bahn zu geraten, obwohl die Versuchungen groß waren. Das sind anständige Jungs, da hat der Vater auch immer drauf geachtet.
Welche Rolle spielte der Migrationshintergrund?
Schon eine große. Die sind ja halb/halb. Die Mutter ist Deutsche aus der DDR und hatte einen Araber kennengelernt. Eine romantische bilinguale Lovestory. Familiäre Situationen kommen in dem Hörbuch auch immer wieder vor, teilweise auch sehr kuriose.
Man sieht Sie in den letzten Jahren immer wieder im Rahmen von Integrationsprojekten in der Öffentlichkeit. Warum immer wieder Eko Fresh?
Weiß ich auch nicht (lacht). Die Leute sehen wohl eine Lernkurve bei mir und konnten mein Wirken und meine Entwicklung wegen der Rapkarriere schon in jungen Jahren verfolgen. Die sehen, wie ich Einflüsse aufnehme und diese in der Musik verarbeite, dann aber auch bei anderen Auftritten in der Öffentlichkeit weitergebe. Ich bin wohl eine Vertrauensperson geworden, wenn es darum geht, junge Migranten in ihrer Entwicklung zu bestärken.
Thematisch befassen Sie sich ja auch in Ihrer Musik in den letzten Jahren zunehmend mit dem Thema Integration.
Ja. Das hat sich über die Jahre geändert, es ging immer mehr um wichtigere Themen. Ich habe erkannt, dass ich für viele wohl eine Art Sprachrohr geworden bin. Ich hoffe, dass ich das gut mache, keiner ist perfekt. Ich versuche einfach, jeden Tag die bestmögliche Version meines Ichs zu sein, gerade auch für meinen Sohn.
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Im Song „Quotentürke“ rappten Sie 2016: „Ich werd’ hauptsächlich gebucht, wenn man ein’ Ausländer sucht.“ Hat sich das mittlerweile geändert?
Teilweise. Irgendwo ist es ja auch eine Ehre, die die Leute einem erweisen. Wenn sie sagen: „Wir würden gerne mit dir über dieses Thema reden, weil du diesbezüglich eine Galionsfigur bist.“ Da musste ich mich erstmal dran gewöhnen. Ich kam aus dem Battle-Rap, habe da oft auf meinen Migrationshintergrund angespielt, aber daraus nie eine Message gezogen. Irgendwann merkte ich, dass ich eine gewisse Bekanntheit habe, dass es mir gut geht und ich daraus doch was machen sollte. Wenn ich diese Möglichkeiten schon von meinen Eltern und Großeltern bekommen habe, sollte ich auch andere mitreißen, ihnen zeigen, wie es geht. Ich will ein guter Einfluss, ein Vorbild sein. Nach dem Motto: Der sieht aus wie ich, der hat einen unaussprechlichen Nachnamen wie ich, aber der hat es geschafft, also kann ich das auch schaffen.
Wie wichtig ist das harte Rapper-Image von früher noch?
Ich versuche, da den richtigen, einen coolen Ton zu treffen, der möglichst viele mitnimmt. Auch mit meiner Frau zusammen. Letztens brachten wir zum Tag der Menschen mit Behinderung ein Video mit Raul Krauthausen raus. Er wollte, dass es darin nicht nur um Behinderungen, sondern auch um Migration und Frauenrechte geht. Deswegen hat das mit uns super gepasst, meine Frau ist da auch immer sehr engagiert.
Was sagen Sie dazu dass ihr Songtext zu „Der Gastarbeiter“ nun schon in Deutsch-Schulbüchern steht?
Das ist eine äußerst große Ehre, ich konnte es erst gar nicht glauben. Ein junges Mädchen aus Baden-Württemberg schickte mir das Bild von der Seite. Nachdem ich die Quelle gecheckt habe, konnte ich es auch nicht erwarten, das in den Sozialen Medien mit meinen Fans und Followern zu teilen.
Welches Projekt würden Sie gerne nochmal angehen?
Außerhalb von Schauspielerei das Synchronisieren, mal bei einem Trickfilm. Ich kann viel mit meiner Stimme machen, weil ich durchs Rappen quasi jahrelang in der Gesangskabine gewohnt habe. Ich bin aber gerade dabei, ein weiteres Videospiel zu synchronisieren, bei „Outriders“ habe ich dies schon mal getan.
„Ich habe das ‘Quotentürke’-Label, warum soll ich das nicht nutzen?“
Zudem sind Sie ins Lebensmittelliefergeschäft eingestiegen. Eine Antwort auf Rapstars wie Capital Bra, Shirin David und Haftbefehl, die ja heute alle ihren eigenen Eistee, Burgerladen oder ihre Tiefkühl-Pizza haben?
Von denen habe ich mich nicht inspirieren lassen, ich freue mich aber, wenn die im unternehmerischen Bereich Erfolg haben. In meiner Karriere habe ich immer versucht, über den Tellerrand zu blicken, den nächsten Schritt zu machen, auch mit dem Mainstream zu kollaborieren, Grenzen zu durchbrechen. Zum Beispiel eine Telekom-Kollabo im Jahre 2004, letztens hatte ich für die ein Projekt-Event gegen Mobbing moderiert. Und: Ich habe das „Quotentürke“-Label, warum soll ich das nicht nutzen? Die Leute vertrauen mir dann eben auch, was türkisches Essen angeht.
Es gab Vorwürfe, dass „Liefertürke“ die kleinen Läden verdrängen will.
Unser Konzept integriert die türkischen Familienläden und -märkte ins Internet. Wir wollen denen nichts wegnehmen, wir wollen ihnen helfen, ihren Ertrag zu erweitern. Wer kauft bei Ihnen ein? Tatsächlich sind sehr viele Deutsche dabei. Aber die Deutschen mögen die türkische Küche ja sowieso.
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Kommen wir nochmal zur Musik: Haben Sie es mit dem 87-minütigen Rapsong „2020 Bars“ eigentlich ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft?
Wir haben uns bemüht, aber aufgegeben. Was da bürokratisch anfällt, war zu kompliziert. Wir haben mit dem deutschen Rekordinstitut geredet, die waren auch sofort interessiert. Aber ich wollte es ins internationale bringen, was leider nicht geklappt hat. Ich glaube aber, dass es ein Rekord sein müsste.
Zuletzt im Gespräch waren Sie für „Miss Köllefornia“, eine Neuauflage des Dante-Thomas-Hits „Miss California“. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Er ist ein alter Kollege von mir, das kam über mein Label zustande. Ich bin froh, dass ich diese Möglichkeit habe. Ich hätte als Jugendlicher, als das rauskam, nie gedacht, dass ich mit diesem Song selbst mal auftreten kann. Immer wenn er nach Deutschland kommt, sehen wir uns, ich versuche dann immer, dass wir zusammen möglichst viele Promo machen können. Und wir konnten trotz Pandemie ein paar Auftritte spielen und dabei Geld sammeln, unter anderem für die Flutopfer.
Im April steht wieder ein Auftritt an. Was bekommen Besucher eines Eko-Konzerts geboten?
Die Klassiker sind natürlich immer dabei, die muss ich mitbringen. Ansonsten bin ich vielseitig einsetzbar (lacht). Für Mainstream-Publikum wie auch die undergroundigste Jam habe ich Material dabei, vor Ort passe ich das Programm an. Ein, zwei neue Songs will ich aber immer einstreuen.
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Im Vorprogramm spielt in Düsseldorf eine von vielen interessanten Newcomerinnen, Die P aus Bonn. Wie bewerten Sie die Entwicklung des Frauen-Rap in Deutschland?
Finde ich super, auch meine Frau ist da eine totale Verfechterin von. Es gibt heute viele interessante Rapperinnen, gerade in NRW. Die P ist eine richtig coole Künstlerin. Schön, dass es auch Rapperinnen gibt, die eher den 90er-Sound bringen, das passiert ja heute eher selten. Ihr würde ich auch immer eine Strophe von mir geben.
Letzte Frage: Wie ist Ihr Verhältnis zu Kool Savas, mit dem Sie ja 2004 „Deutschland größten Rapperstreit aller Zeiten“ hatten, heute?
Wir haben keinen regen Kontakt, aber über die Probleme von damals ist längst der Schwamm drüber. Kürzlich habe ich ihm ein Interview für sein Buch gegeben, das habe ich sehr gerne gemacht und ich wünsche ihm viel Erfolg für das Buch. Wenn ich mich mal wieder in eine Buchhandlung verirre, werde ich mal reinschnuppern und es vielleicht sogar kaufen.
>>> INFO: Eko Fresh live und das Hörbuch „Hochgekämpft“
Das Hörbuch „Hochgekämpft“ ist ab 22.2. exklusiv beim Anbieter Audible zum Preis von 19,99 € erhältlich.
Konzert: 9.4. Düsseldorf (Spektakulum). Karten gibt’s u.a. auf ruhrticket.de für ca. 24 €.