Essen. Die Quoten des Trash-Formates „Circus HalliGalli“ schwanken wie der Einradfahrer hoch über dem Trapez. Genauso verhält es sich mit dem Niveau der Späße: Mal applaudierende Lachgarantie, dann wieder eine reine Witze-Flaute. Und immer dabei bleibt das Gefühl einer zu großen Bühne für zwei viel zu kleine Clowns. Ein Resümee der ersten Staffel.

Mit viel Bo-Hei gestartet, nach mittlerweile 14 Folgen auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Die Late-Night-Show der beiden „Generation-MTV“-Clowns Joko Winterscheid und Klaas Heufer-Umlauf startete im Februar vielversprechend und muss sich mittlerweile doch mit einstelligen Einschaltquoten begnügen.  Ein Umstand, der wohl am ehesten daran liegen mag, dass die Sendung der beiden Pro-Sieben-Aushängeschilder im Wesentlichen doch immer nur eine Fortsetzung des MTV-Formates „Home“  und des ZDF-Neo-Ablegers „Neo Paradise“ geblieben ist.

Doch anders als im Spartenprogramm, wo „Joko und Klaas“ bei den Zuschauern Kultstatus genossen, hatte die junge Zielgruppe im neuen Sender-Zuhause und auf dem populäreren Sendeplatz wohl einfach mehr erwartet. Und unter dem Spotlight in der großen Manege wirkten die beiden viel zu häufig wie zwei viel zu kleine Clowns. Dass es dennoch zu manch unerwarteten Highlights kam, zeigt, wie viel mehr Potenzial die Show und auch ihre beiden Moderatoren hätten. Und von genau diesem Auf und Ab konnte sich Star-Gast Jared Leto (Frontsänger der Band „30 seconds to mars“) beim letzten Aufzug der knallig bunten Circus-Welt überzeugen.

Sinnfreie Spielchen, zahlreiche Blödeleien und jede Menge Alkohol im „Circus HalliGalli“

Circus HalliGalli heißt eigentlich nur eines: Man gebe zwei kindischen, eigentlich erwachsenen, Jungs, die Möglichkeit, sinnfreie Spielchen, zahlreiche Blödeleien und jede Menge Alkohol zu konsumieren und fertig ist die mallorquinische Mannschafts-Klassen-Abschlussfahrt, nur das diese tatsächlich auch noch im Fernsehen ausgestrahlt wird. Und so ist der Ballermall-Trip der Spaß-Poeten folgerichtig als die Essenz der gesamten Staffel zu sehen.

Aber von Anfang an: Eigentlich war es nur konsequent, dass ein Sender, der pubertierende Jugendliche wahlweise in sommerlichen Lloret oder im alpinen Sölden vor laufender Kamera dahinbalzen und Alkohol inhalieren lässt und im Sommer mit dem Bachelor-Klon „Catch the Millionaire“ beim jungen Publikum punkten möchte, nun auch im „Late-Programm“ voll auf „Ballern, Blödeln, Balla-Balla“ setzte.

Joko und Klaas werben für Rangeln als Volkssport

Da Stefan Raab aber mittlerweile aus dem Alter raus und in die Duschkopfindustrie eingestiegen ist, blieben nur die Sparkassen- und Rund um den Welt-Rangelbrüder Winterscheid und Heufer-Umlauf übrig. Sie starteten verheißungsvoll: Als im Februar der Vorspann zur ersten Sendung, auf den Kubrick Klassiker „Clockwork Orange“ anspielte und dabei auch das Programm des eigenen Senders auf die Schippe nahm, da dachte manch einer noch zaghaft an eine Show-Revolution nach. Nachdem allerdings bereits die nächsten Pointen flacher als flach waren – so etwa Mann in Robbenkostüm mit nackten Hintern auf Studioboden , und auf diesem innerhalb kürzester Zeit zum gefühlten fünfzehnten Male vor die Kamera erbrochen wurde- war nicht mehr viel davon übrig geblieben.

Und das obwohl die Sendung mit einigen guten Ideen –wie etwa dem Werberecht der Gäste  für Sendungen, CDs oder Kinofilme, immer nur dann, wenn eine Moderatoren-Frage so schon einmal gestellt wurde, dem „unnötig komplizierten Interview“, gestern mit den Beatsteaks auf der Ladefläche eines Pick-Ups in der Auto-Waschanlage oder des mittlerweile fast volkssportlich anmutenden „Rangelns“ -punkten konnte. Und auch Oliver Schulz, der als Oliver Schulzkowski die Promi- und als Oliver Stark die Welt der Mentaltrainer aufgemischt hatte.

Zu oft Aufguss der Neo-Paradise-MTV-Home Welt

Doch oftmals war es lediglich ein Aufguss der bereits bekannten Neo-Paradise-MTV-Home Welt. Oma Violettas als Pocahontas, die Telefonzellen-Songs, „Wenn ich du wäre“, bei denen Joko und Klaas die Rollen tauschen und teils ekelerregende Aufgaben erfüllen müssen und auch das „Durchhalten-Spiel“ bei dem die beiden Protagonisten einmal fast nackt ein sieben Gänge Menü auf der Eisbahn, mal einen Truckerimbiss im fahrenden Lkw mit Rollerblades und mal einfach nur kreiselnd auf dem Bürostuhl aushalten müssen, hatte es bereits gegeben. Doch damit kommt schnell das wohl mysteriöseste der Sendung zu Tage: Es ist trotzdem, aus einem vollkommen nicht nachvollziehbaren Grund, lustig.

Ähnlich wie niemand „Bauer sucht Frau“, niemand „We Love“ und erst recht niemand das Dschungelcamp jemals geguckt, sich am nächsten Tag aber dennoch köstlich im Büro mit den Kollegen darüber die Mäuler zerreißen kann, so tritt der selbe Effekt auch bei in der HalliGalli-Manege ein. So werden auch morgen wieder unzählige Mitt-Zwanziger über die Ekelhaftigkeit eines Indianerbieres, der Sinnlosigkeit des Nackt-Rangelns und der Scham bei einer Tätowierung  in der Show brüskieren. Und sich beim nächsten Wochenend-Cocktail in versammelter Freundes-Runde dabei erwischen, einen ähnlich pubertären Spaß zu planen. Vielleicht ist die Manege also doch nicht zu klein. Und „Joko und Klaas“ nur die Kartenabreißer, die uns den Eintritt gewähren. Dem Zuschauer und wahren Clown.