Essen. DJ und Produzent Moguai fiebert der Mayday am 30. April in Dortmund entgegen. Der Recklinghäuser gehört aktuell zu den wenigen Deutschen, die weltweit für Furore in der elektronischen Musik-Szene sorgen. Im Interview mit der WAZ-Mediengruppe erklärt Moguai, was er über die Konkurrenz, die Club-Landschaft und die Mayday denkt.

Jedes Jahr am 30. April pilgern über 20.000 Techno-Fans in die Dortmunder Westfalenhallen. Die Mayday gilt als Mutter aller Raves – und der Recklinghäuser Moguai gehört zum Inventar des Events. „Die Deutschen können stolz darauf sein, solch eine Veranstaltung zu haben“, lobt der DJ und Produzent.

Dementsprechend lautet das diesjährige Motto „Made in Germany“. Das bezieht sich allerdings nur auf die Veranstaltung. Unter den 50 DJs und Live-Acts befinden sich zwar in erster Linie deutsche Künstler – das Line Up der Mayday wird aber auch von internationalen Top-Acts wie Carl Cox, Ferry Corsten und Marcus Schössow angereichert.

Moguai hat den internationalen Durchbruch geschafft

Das kommt nicht überraschend, hat doch die deutsche Techno-, House- und Trance-Szene international etwas den Anschluss verloren. Derzeit gibt es nicht viele deutsche DJs, die bei den weltweit größten Festivals der elektronischen Musik und in den bekanntesten Clubs auflegen dürfen. Paul van Dyk (Berlin), ATB (Bochum), Cosmic Gate (Nic Chagall, Duisburg und DJ Bossi, Mönchengladbach) und eben Moguai gehören zu den wenigen, die international derzeit für Furore sorgen.

Emotionaler Sound mit großen Melodien

„Einige DJs und Produzenten in Deutschland haben nicht mitgezogen und den musikalischen Trend verpasst“, erklärt Moguai alias Andre Tegeler im Gespräch mit DerWesten. „Und dann wundern sie sich, wenn sie vor einem großen Publikum verkacken“, findet er klare Worte.

Moguais Tor zum internationalen Durchbruch war der Kontakt zu dem kanadischen Künstler Deadmau5 vor drei Jahren. Mit dem Produzenten ging Moguai nicht nur auf Tour, sondern veröffentlichte seine zwei Alben „We are Lyve“ (April 2010) und „Mpire (Januar 2012) auf dessen Label mou5trap. Dabei wähnt er sich in bester Gesellschaft mit dem dreifachen Grammy-Gewinner und aktuellem Überflieger in der Techno-Szene Skrillex.

Mixen mit zwei iPads

„Ich habe mich in den letzten Jahren weiterentwickelt und musikalisch breiter aufgestellt, ohne dabei kommerziell zu werden“, blickt Moguai zurück. Seinen Musik-Stil beschreibt er als progressiven Techno- und House-Sound: „Emotional mit großen Melodien“, aber auch ein bisschen „eckig, kantig mit Punk“. Von neuen musikalischen Einflüssen erfahren Moguai-Fans über dessen Podcast „Punx up the Volume“ (15.000 Abonnenten, wird weltweit von über 35 Radio-Stationen übertragen) und auf 1Live, wenn er sein monatliches Gastspiel in der Show „Rocker“ gibt.

Auf Großveranstaltungen wie Energy im niederländischen Utrecht oder jüngst dem Ultra Music Festival in Miami steht Moguai auf einer Bühne mit Stars wie „Swedish House Mafia“, Avicii, Tiesto und Armin van Buuren. Dabei überrascht er als einer der wenigen DJs, die komplett auf Plattenspieler oder CD-Player verzichten sondern sein Musik-Set via zwei iPads steuert. So könne er ganz neue interaktive Klangwelten und Spannungsbögen erzeugen. „Durch die iPads habe ich soundtechnisch viel mehr Druck und kann spontan auf das Publikum mit in die Länge gezogenen Breaks reagieren“.

"Explosion der elektronischen Musik" in den USA

In seiner Außendarstellung hat er sich dem allgemeinen Trend unter den Stars der Szene angepasst, mehr von sich preis zu geben. „Die Zeit der One-Man-Show unter den DJs ist vorbei“, glaubt Moguai. Stattdessen entwickle man sich zu einem Redakteur, der sein eigenes Drehbuch schreibt und genau überlegen muss, was er wie nach draußen sendet. Neben seinen Radio-Shows hat Moguai im November 2011 für einen Auftritt in San Bernadino ein Kamerateam als Begleitung organisiert. In dem dreiminütigen Film wird neben Szenen von seinem DJ-Gig auch ein Freizeitpark-Besuch Moguais mit seiner Ehefrau und Schauspielerin Birte Glang (u.a. „Anna und die Liebe“ sowie „Unter Uns“) gezeigt.

In den USA erlebt Moguai derzeit eine Euphorie und einen Hype, wie er Anfang der 90er Jahren auch in Deutschland zu spüren war, als unter anderem die Mayday zu ihrem Höhenflug ansetzte. „Was in den USA derzeit passiert, ist eine Explosion der elektronischen Musik“. Diese Welle, so hofft er, könnte auch wieder auf Europa und Deutschland zurückschwappen.

Moguai kann sich Desinteresse an Club-Sound nicht erklären

Denn die Club-Landschaft in NRW hat sich stark verändert. Gerade erst haben die Macher des 3001 das Aus für die Disco im Düsseldorfer Medienhafen bekannt gegeben. Nur wenige Veranstalter halten dauerhaft durch und haben sich ihre Nische geschaffen. „Dabei gibt es in NRW so viele geile Läden, aus denen man etwas machen könnte. Doch die Leute gehen lieber auf irgendeine Ü30-Party“, bedauert Moguai. Woran das liegt? „Keine Ahnung, da bin ich echt ratlos.“

Umso mehr freut er sich auf die Mayday in Dortmund: „Ich bin ein Freund von Traditionen und hier hat sich in all den Jahren nichts verändert.“ Noch immer gebe es hier die Techno-Fans mit kunterbunten Outfits aus Frotee- und Plüsch-Accessoires. Musikalisch besitze die Mayday einen ganz speziellen Vibe: „Die große Westfalenhalle ist wie ein riesiger Club voller Energie gefüllt mit 20.000 Menschen“, schwärmt Moguai. Der Recklinghäuser übernimmt in diesem Jahr ab 5.15 Uhr das Zepter. Weitere Infos zur Mayday wie Line-Up, Zeitplan und Tickets gibt es unter www.mayday.de.