Dortmund. . Vince Clarke und Martin Gore – Urgesteine des Elektropop – veröffentlichen als VCMG am 9. März ihr gemeinsames Album „Ssss“. Was als privates Spaß-Projekt begann, hat sich zu einem veritablen Techno-Album gemausert. DerWesten sprach mit Clarke über Instrumental-Musik und den seltsamen Album-Titel.

Wenn Vince Clarke und Martin Gore gemeinsam an einem Album basteln, besitzt allein diese Tatsache schon großen Nachrichtenwert. Schließlich gründeten beide einst die famose Elektropop-Band Depeche Mode. Clarke stieg zwar früh aus, setzt aber mit seinen Projekten Yazoo, The Assembly und natürlich Erasure Maßstäbe, wenn es um leichte elektronische Musik geht.

Gemeinsam mit Depeche-Mode-Songwriter Martin Gore bringt Clarke unter dem Namen VCMG Anfang März das Album „Ssss“ auf den Markt – ein instrumentales Techno-Album, dessen erste Single-Auskopplung „Spock“ schon auf sich aufmerksam gemacht hat. DerWesten sprach mit Vince Clarke über das Projekt.

Mr. Clarke, wie spricht man eigentlich den Titel das Albums „Ssss“ aus?

Vince Clarke (lacht, dann lange Denkpause): Jaaaa, vielleicht... „Es-sssssss“? Ich weiß nicht.

Wie sind Sie denn auf den Titel gekommen?

Erasure im Soundcheck

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    Clarke: Martin hatte die Idee. Ich schätze, weil wir mit vielen, vielen Synthesizern gearbeitet haben, da summt viel. Ssss – wir sind ja keine Schlangen oder so.

    Warum haben Sie sich ausgerechnet für eine Zusammenarbeit mit Martin Gore entschieden?

    Clarke: Ich hatte schon länger die Idee, ein Instrumental-Projekt zu machen. Dann hatte ich irgendwie erfahren, dass Martin ähnliche Musik mag wie ich. Ich habe ihm dann gemailt und gefragt, was er davon hält, ohne Deadline und Druck einfach ein Spaß-Projekt anzufangen. Ich hatte vorher ungefähr acht Wochen lang gearbeitet und Martin dann vier Tracks geschickt. Basierend darauf haben wir dann gearbeitet.

    Depeche Mode hatten in den Bonus Tracks ihres Albums „Sounds of the Universe“ schon einen Techno-Track namens „Oh well“ veröffentlicht. War das mit ein Grund, Martin zu fragen?

    Clarke: Nein, ich kenne den Song gar nicht.

    Wie muss man sich so eine Zusammenarbeit vorstellen? Wer war der Boss?

    Clarke: Ich hatte ja die Idee und schon vier Tracks angefangen. Ich habe meist die Basis gelegt, zum Beispiel mit einer Basslinie. Die habe ich dann Martin geschickt. Er hat dann etwas hinzugefügt – Harmonien, Sounds und so weiter. Das hat er mir dann wieder geschickt, ich habe weiter gearbeitet – und wieder zurück.

    Hört sich nach vielen E-Mails an...

    Clarke: Ja, wir haben sehr, sehr viele Mails geschrieben. Ehrlich gesagt, haben wir gar nicht miteinander gesprochen.

    Das klingt wie eine typische Depeche-Mode-Arbeit.

    Clarke (lacht): Ja, das mag sein!

    Einige Stücke – speziell der Track „Recycled“ – klingen so, wie Techno vor 25 Jahren hätte klingen können. Warme Sounds, ein bisschen wie eine Retrospektive. War das der Grundgedanke?

    Clarke (grübelt kurz): Jaaa, das stimmt. Aber das war gar nicht der Hintergedanke. Wir hatten eigentlich gar kein Konzept, wie das Album klingen soll, kein Ideal im Hinterkopf. Es war völlig offen, was am Ende dabei herauskommt.

    Welche Rolle hat Produzent Überzone dabei gespielt?

    Clarke: Wir wollten einfach jemanden, der den Tracks den letzten Schliff verpasst. Überzone schien der Richtige zu sein und war es auch. Er hat der Musik nicht so sehr seinen Stempel aufgedrückt, sondern sie weitestgehend gelassen wie sie war. Ein paar Sounds hier und da – das war’s schon.

    Wo ist der Unterschied zwischen dem Komponieren von Instrumental-Tracks und herkömmlichen Songs?

    Clarke: Instrumental-Musik bietet viel mehr Freiheit. Man ist nicht an eine Gesangsmelodie gebunden, muss keine Rücksicht nehmen. Man kann Sounds einsetzen, die ein bisschen die Rolle der Stimme übernehmen. Es ist mehr Platz für Experimente und man kann viel spontaner sein.

    Wird diese Erfahrung auf kommende Werke mit Erasure abfärben?

    Clarke: Bestimmt! Ich glaube, ich werde mehr mit Sounds experimentieren. Das wird bestimmt spannend. Ich werde mehr am Computer sitzen und mit Sounds spielen. Das habe ich schon sehr lange nicht mehr gemacht.