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Michael Wendler ist wirklich kein Mann knapper Worte: Sein neues Album „Hitmix XXL - der längste Wendler der Welt“ funktioniert wie ein durchzechter Diskoabend. 39 Stücke mit allen Freuden und noch mehr Nebenwirkungen.
„Mayday, Mayday – hier spricht Käpt’n Wendler. Ich glaube, mein Triebwerk brennt!“ So dramatisch klingen die ersten Worte des selbsternannten König des Popschlagers auf seiner neuen CD „Hitmix XXL - der längste Wendler der Welt“. Eine musikalische Notsituation, bei der man die Schwimmweste umschnallen möchte, sich um die Anschnallgurte bemüht und beim CD-Player verzweifelt nach dem alles entscheidenden Knopf sucht: Nämlich den, der das brandneue und - mit den Worten des Interpreten - brandheiße Album wie einen Schleudersitz aus der Stereoanlage befördert.
„Jetzt sitz ich hier, in dieser Kneipe seit Tagen, hab’ durchgemacht und meine Kohle ist weg.“ (Michael Wendler, „Piloten wie wir“)
Doch Hörer der CD können auf dem Teppich bleiben. Entwarnung! Obwohl die ersten Sekunden bedrohlich wirken, elektronische Orchester-Samples mysteriöse Klangkulissen erzeugen - bei der man als nächstes sakrale Chöre vermuten würde - ist das Album des Dinslakeners keine musikalische Aufarbeitung von Abstürzen. Dass die 39 Stücke des Hitmixes mit ihrer Dichte an Partysongs trotzdem an eine durchzechte Diskotour erinnern, ist der Vergangenheit des Sängers geschuldet. Denn auf seinem frisch gepressten Album gibt es hauptsächlich Gutes vom Vortag – kräftig aufgemotzt mit 132 Beats pro Minute.
„Schon wieder klebt ein Bild in meiner Hand. Du Luder, raubst mir den Verstand!“ (Michael Wendler, „Mein Herz, du Luder“)
Lange Zeit tourte „der Wendler“ zu Schützenfesten und Karnevalssitzungen und gastierte in Kneipen. Eine Durststrecke, die sich anscheinend nicht nur in das Gedächtnis der Fans gebrannt hat, sondern regelmäßig auch auf Tonspeichermedien. Denn schon damals konnte zu einer schier epischen Breite von Neueinspielungen bekannter Wendler-Kost wie „180 Grad“, „Nina“ und „Sie liebt den DJ“ getanzt werden. Der XXL-Hitmix bildet hier keine Ausnahme.
„Am Montag war noch alles in Ordnung, schon am Dienstag war dein Telefon aus!“ (Michael Wendler, „Ich geh kaputt wie Glas“)
Der Dinslakener zeigt sich auf seiner Platte aber nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Heimat verbunden. In der Sat1-Show „Der Wendler-Clan“ konnte man den 38-Jährigen bereits in der Heimatstadt Dinslaken beim schnöden Familienleben beobachten. Die König-Pilsener-Arena in Oberhausen füllt der Sänger seit einigen Jahren regelmäßig bei Mammutkonzerten. „Sein Wohnzimmer“, wie er selbst immer sagt. Mit „Wir aus dem Revier“ wandelt er auf den Spuren von Wolfgang Petry, widmet dem Pott einen Song. Darin singt er unverbindlich gleichermaßen über „BVB und S04“, den „Stolz der Bundesliga“, „Zusammenhalt“ und „Attacke!“
Der Wendler
„Komm’ ich zeig’ dir meine Freunde. Komm’ ich zeig’ dir meine Stadt. Bei uns wachsen sogar Bäume. Doch alles andere machen wir platt.“ (Michael Wendler, „Wir aus dem Revier“)
Wenn einem die Tracks der CD in die Gehörgänge rieseln, können Fans trotz bombiger Lautstärke problemlos ins Grübeln geraten. Was würde passieren, wenn der Dinslakener tatsächlich im Dschungelcamp mitgemacht hätte? Was wäre, wenn sein Manager Markus Krampe im Sommer nicht Mickey Krause von der Bühne des Schlagerfestivals „Oberhausen Olé“ geworfen hätte? Wer genau hinhört, der findet vielleicht sogar in den Songtexten Antworten. Otto-Normal-Gebraucher wird sich bei der Aneinanderreihung von synthetischen Stimmungssongs mit viel Bumms dagegen eher gründlich auf die nächste Kellerparty vorbereiten. Für den längsten Wendler der Welt benötigt man einen langen Atem.
„Respekt, ich suche die Worte. Respekt, die gut genug sind. Respekt. Ich habe noch nie so sehr geliebt.“ (Michael Wendler, „Respekt“)