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Für seine Kunstfigur Uwe Wöllner wird Christian Ulmen bei der 1Live-Krone ausgezeichnet. Im Interview erklärt der Schauspieler, was Politiker im Fernsehen wollen, warum Uwe kein Proll ist und Frauen ihn mögen.

Erstmal herzlichen Glückwunsch zur Eins Live Krone. Viele Preise hat Uwe Wöllner in seinem Leben noch nicht gewonnen, oder?

Christian Ulmen: Uwe Wöllner hat noch nicht mal eine Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen gewonnen. Dieser Preis ist für ihn wie Weihnachten und die neueste Ausgabe vom Playboy an einem Tag.

Die „Krone“ bekommt er für Interviews mit sehr unterschiedlichen Leuten – von Sido bis zu Gregor Gysi. Sind das seine persönlichen Favoriten, die er im Kinderzimmer trifft?

Ulmen: Das sind alles Leute, die er aus dem Fernsehen kennt und die er interessant findet. Manchmal auch welche, mit denen er nichts anfangen kann, die er aber trotzdem treffen möchte.

Wissen die Leute eigentlich immer, worauf sie sich einlassen? Bei Gregor Gysi war ich mir nicht so sicher.

Ulmen: Wir auch nicht. Aber manche Politiker haben ja die Einstellung, lass uns in jede Sendung gehen, das gibt wieder fünf Stimmen mehr. Von den Politikern hat niemand unsere Anfragen abgelehnt.

Die einzigen, die anscheinend ungern kommen, sind Frauen. Bisher war erst eine dabei.

Ulmen: Das stimmt. Ich weiß gar nicht, ob es an Uwe liegt, oder ob das Zufall ist. Ich tippe auf Letzteres. Uwe kommt bei Frauen nämlich gut an. Als wir mit „Ulmen TV“ anfingen, haben wir eine Statistik erhoben, die gezeigt hat, wer Uwe eigentlich guckt – das sind überwiegend Frauen.

Wirklich?

Ulmen: Ja, Uwe löst bei Frauen wohl so einen Beschützerinstinkt aus. Er ist wirklich die einzige Figur bei Ulmen TV, die von Frauen gemocht wird.

Gab es Gäste, die mit ihm nicht klargekommen sind und abgebrochen haben?

Ulmen: Nein, das hat es noch nie gegeben.

Wer war denn besonders schwierig oder, umgekehrt, lustig?

Ulmen: Lustig waren alle auf ihre Art. Interessant wird es immer dann, wenn Gäste sich winden und das Gefühl vermitteln: „Wo bin ich hier gelandet?“ Am besten funktionieren die Gespräche, wenn die Interviewten sich 100 Prozent auf Uwe einlassen und nicht darüber nachdenken, dass die Figur unecht ist. Es gab natürlich Highlights – wenn Marcus Schreyl, der DSDS-Moderator, Uwe gegenüber erzählt, wie er sich die Hoden rasiert, wenn Leander Hausmann permanent lachen muss und sich fragt, „Warum bin ich hier – ist es Geltungsdrang?“ oder wenn Gregor Gysi mit Uwe darüber streitet, ob Taliban ein Land ist.

Wen würde Uwe gerne noch treffen?

Ulmen: Och, alle, ne? (Lacht.) Ich meine, eigentlich müsste Uwe mal auf Roland Koch treffen, auf Bodo Hombach oder Hans-Olaf Henkel. Ich glaube, in Roland Koch würde Uwe seinen Vater sehen.

Folgen die Interviews eigentlich einem Skript oder sind sie improvisiert?

Ulmen: Die sind völlig improvisiert. Das heißt, natürlich gibt es vorher Fragen, die von unserem Autor Johannes Boss im Groben erdacht werden, aber man weiß nie, wo die Reise hingeht, wer worauf anspricht und worauf nicht. Irgendwann verselbstständigt sich auch das Uwe-Hirn.

Haben Sie mal überlegt, die Gespräche in einer der anderen Figuren zu führen, die man aus der Sendung „Mein neuer Freund“ kennt? Als Adels-Schnösel Alexander von Eich, zum Beispiel?

Ulmen: Nein. Ich glaube, dass die anderen Figuren noch künstlicher wären als Uwe. Sie waren ja vor allem so angelegt, um Leute zu nerven. Uwe ist die einzige Figur, die ein realitätsnahes Eigenleben entwickelt hat. Darum geht es mit ihm am besten. Bei Alexander von Eich weiß man gleich, was er will, der ist eben reaktionär und faschistisch, da kann man sich drauf einstellen. Bei Uwe weiß man nie, was kommt, darum finde ich ihn am spannendsten.

Uwe ist ja auch schlauer, als man denkt.

Ulmen: Das stimmt. Manchmal ist er auch dümmer, als man denkt. Das meinte ich vorhin mit seiner Unberechenbarkeit. Aber er ist kein Proll. Er hat schon häufig überlegte Ansätze. Wenn er zum Beispiel zu Sascha Lobo sagt: „Du hast Deine Seele an Vodofone verkauft,“ dann ist das eine Kapitalismuskritik, die man einem Proll nicht unbedingt zuschreiben würde.

Beruht die Figur auf einem realen Vorbild?

Ulmen: Nein, der kommt aus einer Ursuppe von Eindrücken. Es gibt sicher zwei, drei Uwe-ähnliche Menschen, denen ich mal begegnet bin, aber ich könnte nicht sagen, wer das genau ist.

Sie machen noch viele andere Dinge. Sie drehen Filme, sprechen Texte von David Foster Wallace ein und einiges mehr. Ist es Ihnen wichtig, nicht als „der Comedy-Typ“ festgelegt zu werden?

Ulmen: Nein, ich habe keine Angst davor, festgelegt zu werden. Das wäre so ein taktierendes, karrierebewusstes Denken, das mir nicht liegt. Im Gegenteil: Ich finde, dieses Festgelegt-Werden ist für viele Schauspieler ein Segen, weil man als bestimmter Rollentyp immer Arbeit hat. Für mich ist nur wichtig, nach einem Filmdreh, bei dem es vor allem um die Wünsche des Regisseurs geht, sechs Monate lang wieder das machen zu können, was ich will.