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1Live verleiht bei der Krone erstmalig einen Sonderpreis: Und der geht an Stefan Raab. 1Live-Programmchef Jochen Rausch über die Anfänge des Moderators als „Professor Hase“, über Polarisierung und Stefan Raabs Hunger nach mehr.

In diesem Jahr gibt es bei der 1Live-Krone keinen Preis fürs Lebenswerk, sondern einen Sonderpreis. Und der geht an Stefan Raab. Warum?

Jochen Rausch: Mit dem Lebenswerk kommt man als junger Sender irgendwann an Grenzen. Wir haben jetzt zehnmal den Preis fürs Lebenswerk verliehen. Mit dem neuen Preis wollen wir Künstler auszeichnen, die noch nicht am Ende ihrer Karriere stehen. Das war bei den anderen allerdings auch nicht der Fall: Wir haben Herbert Grönemeyer den Preis verliehen, und der hat hinterher natürlich noch weitergemacht. Trotzdem - in Zukunft setzen wir das gezielter ein: Wenn sich einer anbietet für das Lebenswerk, verleihen wir das. Ansonsten gucken wir mal, ob es auch Preise für Cross-Over-Geschichten gibt. Jemand wie Stefan Raab ist ja gar nicht in einem Genre verhaftet. Er ist Musiker, Entertainer, Fernseh-Unterhalter, er erfindet Fernseh-Formate, er hat auch schon Radio gemacht. Insofern passte er in keine unserer bisherigen Kategorien. Wir glauben, dass er – wenn man da mal eine Zwischenbilanz zieht -, jemand ist, der absolut herausragend in der deutschen Unterhaltungsbranche tätig ist. Deswegen bekommt er diesen Preis.

Und dieses Jahr ist auch für Stefan Raab besonders...

Rausch: Der Eurovision Song Contest ist gewissermaßen das Sahnehäubchen. Wir haben dabei zusammengearbeitet: nicht nur 1Live, sondern die ARD, die ARD-Radios, ProSieben und Stefan Raab. Daraus wurde das erfolgreichste Casting-Format in den vergangenen Jahren. Wir haben damit gezeigt – und das spricht auch für Stefan Raab –, dass man so etwas machen kann, ohne in alle möglichen Fettnäpfchen zu treten, die man teilweise im privaten Fernsehen beobachten kann. „Unser Star für Oslo“ ist eine öffentlicht-rechtliche und qualitativ-hochwertige Veranstaltung geworden.

Ein kleiner Seitenhieb auf Dieter Bohlen?

Rausch: Naja, kein Seitenhieb. Aber wenn wir dasselbe machen wie die Privaten, dann kann man sich auch fragen: Wofür zahle ich dann Rundfunkgebühren? Wir müssen uns schon bemühen, Alternativen zu bieten. Das heißt ja nicht, dass wir uns nicht auch mit bestimmten Genres befassen können. „Schlag den Raab“ ist ja Familienfernsehen im klassischen Sinne, und da würde sich auch niemand beschweren, wenn so etwas auch bei uns laufen würde. Aber die Leute hätten ein Problem damit, wenn wir eine Sendung machen würden wie „Das Supertalent“. Das muss nicht sein.

Stefan Raab war Ende der 90er selbst Moderator und „Professor Hase“ bei EinsLive. Wenn Sie an die Zeit zurückdenken: Was war er da für ein Mensch?

Rausch: Er ist auf jeden Fall jemand, der selbst die Sache in die Hand nimmt. Er ist niemand, der sich fremd bestimmen lässt – damals nicht und heute nicht. Er zieht sein Ding durch, auch in Konfliktsituationen. Er hat sich ja auch mit blauem Auge ablichten lassen – er ist einfach ein Typ. Keiner, der brav in der Kulisse steht und fragt, wie er es machen soll. Und er hat immer eine gewisse Dreistigkeit gehabt über Grenzen zu gehen und Dinge zu sagen und zu tun, die andere sich nicht getraut haben. Dass er jemand ist, der polarisiert, ist gar keine Frage. Es gibt bestimmt nicht viele Leute, die sagen: Den find ich ganz nett. Man findet ihn entweder gut oder man findet ihn nicht gut.

Und Sie finden ihn gut?

Rausch: Ich finde das gut, wenn sich jemand so engagiert, wenn jemand so für seine Sache brennt. Das finde ich wirklich stark. Das macht auch die Leute, die erfolgreich sind, aus. Auch bei Herbert Grönemeyer oder Udo Lindenberg, die ja auch von uns einen Preis fürs Lebenswerk bekommen haben, hatte ich das Gefühl, dass sie für ihre Sache brennen. Ich glaube, nur dann hat man wirklich Erfolg.

Jochen Rausch, Programmchef von 1Live. © WDR/Gaby Winkler
Jochen Rausch, Programmchef von 1Live. © WDR/Gaby Winkler © WDR/Gaby Winkler

Und wie geht es für Stefan Raab weiter?

Rausch: Er ist niemand, der schon satt ist bis oben hin. Ich hab bei ihm das Gefühl, dass er noch immer hungrig ist auf mehr, auf neue Formate, darauf Neues auszuprobieren. Und das mischt er jetzt mit der Erfahrung, die er inzwischen hat. Wir haben jetzt über die Krone für ihn geredet und ich hab ihn gefragt, wie man denn den Abend gestalten könnte – und da sprühte er vor Ideen. Er wollte nicht einfach den Preis entgegen nehmen, sondern er ist mit Engagement dabei. Er will bei der Krone ein richtiges Feuerwerk abbrennen, darauf kann man sich freuen.

Was kann man denn konkret erwarten? Lena ist ja auch zum ersten Mal bei der Krone dabei...

Rausch: Naja, Lena ist natürlich das aktuell Erfolgreichste, womit sich Stefan Raab in diesem Jahr beschäftigt hat. Aber wir wollen versuchen, das eine ein bisschen von dem anderen zu lösen. Es geht ja bei diesem Sonderpreis um eine Zwischenbilanz für Stefan Raab, das wäre dann etwas zu kurz gesprungen, wenn man das auf Lena reduzieren würde. Ob die beiden bei der Krone etwas zusammen machen, da lass’ ich mich auch mal überraschen.

Was kann denn Lena Meyer-Landrut besser machen als ein Max Mutzke oder eine Stefanie Heinzmann?

Rausch: Ich glaube, man kann das nicht so mit dem Eurovision Song Contest vergleichen. Ich war ja mit Stefan und zwei anderen Leuten in der Jury. Und da haben wir uns das Casting-Band von dieser völlig unbekannten Sängerin aus Hannover angeguckt und alle haben gesagt, sie fällt absolut raus durch ihre Art. Es gibt ja diesen Spruch: It’s not the song, it’s the singer. Sie ist einfach eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die den Leuten direkt ins Herz geht. Man kann nur hoffen, dass sie sich das bewahrt. Dann hat sie noch eine große Karriere vor sich. Egal, ob sie jetzt nächstes Jahr wieder gewinnt oder nicht.

Wie viel werden wir den von Stefan Raab auf der Krone-Verleihung sehen, wo er doch sein Privatleben so sehr schützt?

Rausch: Ich glaube, über sein Privatleben wird er da nicht sprechen. Man muss auch respektieren, dass er beim Privatleben dicht macht. Da hält er es zum Beispiel auch mit Udo Lindenberg, der sagt: Wenn man ein Langzeit-Star sein will, dann muss man um sich immer ein leichtes Mysterium veranstalten. Und das ist, glaub ich, richtig.

Konnte man zu Stefan Raabs 1Live-Zeiten schon den Erfolg ahnen, den Stefan Raab einmal haben würde?

Rausch: Ich denke, es zeichnete sich schon bei Viva ab, dass er ein außergewöhnliches Talent hat. Er hatte das Glück, dass er bei Viva und auch bei uns Sachen ausprobieren konnte, die natürlich im Ersten, im Zweiten oder bei RTL damals nicht gegangen wären. Eine wunderbare Plattform für ihn sich auszuprobieren. Der ARD fehlt heute so eine Plattform, wo man den Leuten einfach mal sagen kann: Mach mal! Stefan Raab hat alles auf allen Klaviaturen durchgeklimpert. Deswegen ist er jetzt ja auch da, wo er ist.

Mittlerweile kann man ja eigentlich davon ausgehen, dass alles, was Stefan Raab anfasst, zu Gold wird. Welche TV-Formate von ihm gucken Sie denn selbst?

Rausch: Ich war jetzt letztens mit meinen Söhnen bei der Autoball WM. Das war ein Riesen-Spektakel, die Köln Arena war ausverkauft, und Leute gingen da mit Fahnen hin wie zum Länderspiel. Das sind schon Ereignisse, die Stefan Raab zelebriert. Das macht ja sonst keiner in Deutschland.

Was würden Sie denn noch gerne von ihm im Fernsehen sehen?

Rausch: Ich kann mir den auch in anderen Fernseh-Sendern vorstellen.

Wird er irgendwann „Wetten, dass...???“ moderieren?

Rausch: Um das ZDF mach ich mir jetzt nicht so Gedanken... (lacht)

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