Dortmund. .

Er singt in den höchsten Höhen und erinnert an eine Zeit, als man der Kunst noch brutale Opfer brachte. Philippe Jaroussky ist ein Star der Counter-Tenor-Szene. Jetzt wurde er in Dortmund frenetisch gefeiert.

Philippe Jaroussky gehört zu den Countertenören, an denen man sich nicht leid hört. Das mag einmal daran liegen, das der 32-Jährige genau weiß, was er musikallisch tut, sich mit seinem Repertoire erkennbar intensiv auseinandersetzt und - wie jetzt auch wieder in Dortmund - mit hervorragenden Ensembles arbeitet.

Im dortigen Konzerthaus trafen sich zum Auftakt seiner Deutschlandtournee der Franzose und das Alte-Musik-Ensemble Concerto Köln auf Augenhöhe. Und man füllte noch dazu mit einem Spezialisten-Programm wie „Caldara in Vienna - Forgotten Castrato Arias“ (so der Titel der soeben bei Virgin Classics erschienenen CD, die Jaroussky auf seiner Tour präsentiert) ein großes Haus scheinbar mühelos.

Er hat Star-Status

In seiner Heimat hat Jaroussky lämgst Star-Status erreicht. In Deutschland wächst seine Fangemeinde beständig. Dass es sich dabei größtenteils um ein informiertes Publikum handelt, das nicht anreist, um das hübsche Gesicht der Platten-Cover mal live zu sehen, sondern konzentriert und selbst in Generalpausen fast hustenfrei lauschte: Auch das war jetzt zu erleben.

Natürlich war das Ereignis die weiche, biegsame Stimme des Counters, der mühelos in die Sopranlage vordringt, dabei aber auch über jene Tiefe verfügt, die das Kastraten-Repertoir des 18. Jahrhunderts erfordert.

Erstaunliche Technik

Die überbordenenden Verzierungen, die rasanten Läufe der vergessenen Opern, die Antonio Caldara überwiegend für Wiens Kaiserhof schuf, hat Jaroussky fest und bruchlos im Griff. Er verfügt über eine erstaunliche Atemtechnik, die er in der letzten von drei Zugaben noch einmal bei einer ausgedehnten messa di voce in Nicola Porporas Arie „Alto Giove“ effektvoll zeigte. Vielleicht wohl wissend, dass er mit diesen überlangen Tönen auf einem Atem auch das moderne Publikum in ein kleines Delirium versetzen kann.

Seine fein gearbeite Zwiesprache mit dem Concerto Köln gehört zu den Höhepunkten aktueller Auseinandersetzung mit dieser Musik. Ein funkelndes Juwel: Der Dialog zwischen Stimme und der Solovioline von Markus Hoffmann war das „Tutto fa nocchiero esperto“ aus Caldaras „Ifigenia in Aulide“. Die Lamenti aber, die langsamen, expressiv gestalteten Szenen dieses unprätentiös auftretenden Sängers, konnten zu Tränen rühren.