Essen. . Regisseur Volker Schlöndorff erzählt in seinem neuen Film “Diplomatie“ vom dramatischen Ringen um Paris im August 1944. Angesichts des Vormarschs der Alliierten soll der deutsche General Dietrich von Choltitz (Niels Arestrup) im Auftrag Hitlers die Stadt dem Erdboden gleichmachen.

Wenn es nach Hitlers Befehlen gegangen wäre, hätte der Stadtkommandant von Paris General von Choltitz am 25. August 1944 das Kommando zur Zerstörung der Metropole geben müssen. Die dafür notwendigen Sprengladungen hatte die Wehrmacht schon überall in der Stadt angebracht. Doch von Choltitz hat sich dem Willen Hitlers verweigert und Paris den Alliierten übergeben. Was ihn, der zuvor immer alle Befehle ergeben ausgeführt hatte, zu diesem Schritt bewegt hat, konnte nie ganz geklärt werden.

In „Diplomatie“, Volker Schlöndorffs intensiver Verfilmung von Cyril Gélys gleichnamigem Bühnenstück, ist es der schwedische Generalkonsul Raoul Nordling (André Dussollier), der den General in einem brillanten Rededuell davon überzeugt, Paris zu verschonen. Die letzten Vorbereitungen für die Vernichtung der Stadt, die für die Deutschen nicht mehr zu halten ist, laufen auf Hochtouren, als der Diplomat plötzlich vor von Choltitz (Niels Arestrup) steht. Es ist fast ein geisterhafter Auftritt, der den General von Anfang an aus der Fassung bringt.

Das Kammerspiel wird zu einem Psychothriller

Nach außen hin ist natürlich von Choltitz der Mächtigere der beiden. In seiner Hand liegt das Schicksal der Stadt. Aber in dem Spiel der Worte und Versprechungen, der Argumente und der Finten, in das ihn Nordling so geschickt verstrickt, kann er dem Konsul kaum etwas entgegensetzen. Das Kammerspiel wird zu einem Psychothriller, in dem jede Gebärde und jeder Dialog eine doppelte oder sogar dreifache Bedeutung haben.

Natürlich hat die Rettung von Paris vor allem anderen Vorrang. Trotzdem bezieht Volker Schlöndorff innerhalb des mitreißenden Wort- und Psychoduells keineswegs Stellung für einen der beiden Kontrahenten. Sie haben beide ihre lichten wie auch ihre dunklen Seiten. Es ist ganz offensichtlich, dass Niels Arestrups General längst schon zu viele zerstörerische, das Leben verachtende Befehle ausgeführt hat und er nun nach einem Ausweg sucht. Doch auch Dussoliers Nordling ist keine Lichtgestalt, sondern ein ebenso geschickter wie zielstrebiger Lügner, der sein Gegenüber mit allen Mitteln manipuliert. So bleibt am Ende die bittere Gewissheit zurück, dass auch das Gute einen hohen Preis fordern kann.

Wertung: 4 von 5 Sternen