Essen. . Der Kopenhagener Kommissar Carl Mørck (Nikolaj LieKaas) rollt im Dezernat Q alte Kriminalfälle auf und stößt dabei auf ein mysteriöses Verschwinden. Regisseur Mikkel Nørgaard macht aus dem Krimi-Bestseller „Erbarmen“ des Dänen Jussi Adler-Olsen einen Film mit vibrierender Spannung.
Derzeit könnte man meinen, dass in Skandinavien erfolgreiche Krimi-Reihen in der Sauna nur so ausgeschwitzt werden. Was einst in den 60er-Jahren zaghaft mit den Kommissar-Beck-Romanen des schwedischen Autorengespanns Sjöwall/Wahlöö begann, das hat in der Zwischenzeit enorme Ausmaße angenommen. Quer durch die nordischen Staaten zieht sich inzwischen die Blutspur zahlloser Krimi-Autoren, für die gerade die deutschen Leser sehr empfänglich sind.
Und kaum hat man sich an den einen gewöhnt, wird schon das nächste Spannungsgenie ausgerufen. Der Däne Jussi Adler-Olsen trat mit seiner Thriller-Serie „Department Q“ um den eigenbrötlerischen Kommissar Carl Mørck bei uns 2009 auf den Plan – und wurde sofort zum Bestseller. Kein Wunder also, dass mit „Erbarmen“ nun bereits die Verfilmung des ersten Bandes fertig ist und ins Kino kommt.
Der Kopenhagener Kommissar Carl Mørck (Nikolaj LieKaas) hat dabei einen zwielichtigen Start. Gerade hat er einen Einsatz verpatzt, der einen Kollegen das Leben gekostet hat, einen zweiten in den Rollstuhl verbannte und bei dem nur Mørck selbst mit einem Streifschuss glimpflich davongekommen ist. Nun hat man ihn zu einem Schreibtischjob in den Keller verbannt, wo er mit Hilfe des syrischen Assistenten Assad (Fares Fares) ungeklärte Fälle der letzten 20 Jahre noch einmal durchgehen und abschließen soll.
Ein mysteriöser Fall: Politikerin ist seit fünf Jahren verschwunden
Mørck aber begreift das ganz anders: Schon der Fall der vor fünf Jahren verschwundenen Politikerin Merete Lynggaard (Sonja Richter) wirft bei ihm derart viele neue Fragen auf, dass er gleich wieder zu ermitteln beginnt. Lynggaard soll angeblich in selbstmörderischer Absicht von einer Fähre gesprungen sein, ihr Körper jedoch wurde nie gefunden. Aber allein schon die Tatsache, dass die vermeintlich Tote dadurch ihren behinderten Bruder allein und hilflos zurückgelassen hätte, weckt bei Mørck Zweifel.
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Seine vibrierende Spannung erhält der Film gerade dadurch, dass der Zuschauer nicht im Unklaren gelassen wird über das Schicksal der Verschwundenen. Die nämlich hockt als Gefangene seitdem in einer finsteren Druckkammer, die von ihrem Entführer in jährlichen Abständen immer höher gedreht wird. Regisseur Mikkel Nørgaard präsentiert uns Merete als tapferes Wesen mit starkem Überlebenswillen, das es trotz versagender Kräfte sogar schafft, sich mit einer rostigen Zange einen schmerzenden Zahn zu ziehen. Was er uns bei den zahlreichen Besuchen der Kamera in Meretes Überdruck-Verlies allerdings kaum zu vermitteln mag, das ist der psychische Zustand eines Menschen, der über Jahre hinweg einer solchen Tortur in völliger Einsamkeit ausgesetzt ist. Macht da der Verstand auf Dauer eigentlich noch mit?
Geld von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und vom ZDF
Wer sich darüber wundert, dass „Erbarmen“ so seltsam heimatlos wirkt, dass dänisches Flair sich nicht recht einstellen will, der spürt die Auswirkung der Produktionspartner. Weil viel Geld von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und vom ZDF geflossen ist, war Regisseur Nørgaard gezwungen, viele Szenen in Hamburg zu drehen. Sonst aber ist das hier ein solider Thriller, der den Zuschauer bei jedem Besuch in der Druckkammer schmerzhaft mitleiden lässt. Der feine Humor, der den Film durchzieht und der vor allem aus der Gegensätzlichkeit des ungleichen Ermittler-Duos resultiert, wirkt dabei wie ein sanfter Trost.
Wertung: 4 von 5 Sternen