Essen. Der alte Woody Grant erhält eine letzte Chance: Er soll eine Million Dollar im Lotto gewonnen haben. Den vermeintlichen Gewinn muss er sich nur abholen. In dem Roadmovie „Nebraska“ glänzt der 77-jährige Bruce Dern als stoischer Greis, der auf eine Welt voller Neid, Habgier und Missgunst trifft.

Eigentlich ist Woody Grants Leben schon vorbei. Wie so vielen anderen, die immer im so genannten Herzen Amerikas, in den weiten, leeren Bundesstaaten Montana, Wyoming oder Nebraska, hängengeblieben sind, haben die Jahre ihm so ziemlich jeden Traum und jede Hoffnung zerrieben. Doch nun scheint eine letzte Chance zum Greifen nah. Woody soll in einer Lotterie eine Million Dollar gewonnen haben. Um die zu bekommen, muss er sich nur rechtzeitig in Lincoln, Nebraska, melden.

Natürlich hat der von Bruce Dern gespielte Woody nichts gewonnen. Das Ganze ist nur ein Trick, um Zeitschriften-Abos zu verkaufen. Aber genau in dieser Lüge spiegelt sich in Alexander Paynes Tragikomödie „Nebraska“ das Wesen der Vereinigten Staaten. Das einstmals große Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist zumindest in den gottverlassenen Landstrichen jenseits der Metropolen ein Trümmerfeld enttäuschter Erwartungen und geplatzter Träume geworden.

In tristen Schwarzweißbildern, denen einfach digital alle Farbe entzogen wurde, stimmen Alexander Payne und sein Kameramann Phedon Papamichael einen Abgesang auf Amerika an und erinnern dabei fortwährend an die alten Mythen, die eben nichts als Lügen waren.

Der Abschied vom amerikanischen Traum

Woody Grant lässt sich nicht beirren. Immer wieder bricht er auf, um von Billings, Montana, nach Lincoln zu kommen, und immer wieder wird er eingesammelt und zurück zu seiner zänkischen Frau Kate (June Squibb) gebracht. Doch schließlich erbarmt sich sein jüngerer Sohn David (Will Forte). Gemeinsam fahren sie los und machen dabei für ein paar Tage in Woodys Heimatstadt Hawthorne Station.

Die Menschen, denen Woody auf seiner letzten Reise begegnet, die Verwandten und die alten Freunde erweisen sich dagegen meist als eindimensionale Karikaturen. Manchmal scheint es fast so, als sei das ganze amerikanische Herzland nur von Menschen bevölkert, die von Neid, Habgier und Missgunst regelrecht zerfressen sind. Doch Bruce Derns stoisches Spiel, das der Sturheit eines mehr als 80-jährigen Träumers mit einer überwältigenden Kraft huldigt und ihr eine überraschende Würde verleiht, erdet Paynes teils melancholischen, teils sarkastischen Abschied vom amerikanischen Traum und bewahrt ihn schließlich vor dem Absturz in schiere Misanthropie.

Wertung: 3 von 5 Sternen