Berlin. Harrison Ford zieht wieder in einen “Krieg der Sterne“. Rund 35 Jahre nach seiner Paraderolle als Kämpfer Han Solo kommt er als Ausbilder einer neuen Generation von Science-Fiction-Helden auf die Leinwand. “Ender's Game“ erzählt von einem Bootcamp für Kindersoldaten.
Die Kultbuch-Verfilmung «Ender's Game - Das große Spiel» beginnt mit einem Motto: In dem Moment, in dem ich meinen Feind wahrhaft verstehe, gut genug, um ihn zu besiegen, genau in diesem Moment liebe ich ihn auch. Die Erkenntnis hat neue Kriegshelden hervorgebracht: Kinder. Mit ihren intuitiven Fähigkeiten gelten sie als einzige Hoffnung, um die Erde zu retten. Denn die Welt der Zukunft wird von Außerirdischen bedroht - ameisenähnlichen Wesen, den sogenannten Formics.
«Ender's Game» ist eine der mitreißendsten Heldengeschichten, die Hollywood seit langem hervorgebracht hat. Warum? Weil sie von einem urmenschlichen Konflikt erzählt: Dem eines Jungen, der hin- und hergerissen ist zwischen seinem Ehrgeiz, in dem militärischen System, das ihn manipuliert, aufzusteigen, und seinem Zweifel an dessen Autoritäten. Der Science-Fiction-Plot beruht auf einer gleichnamigen Romanvorlage aus dem Jahr 1985 von US-Autor Orson Scott Card.
Retter der Menschheit gesucht
Ender Wiggin ist einer der Aspiranten im Ausbildungslager der «International Fleet» («Internationalen Flotte»). Der Zwölfjährige empfindet das als großes Glück. Und das, obwohl der Alltag im Bootcamp aus Drill besteht. Systematischer Schlafentzug soll die Kindersoldaten in der Raumstation auf den Ernstfall des Krieges vorbereiten. Sie werden überwacht und von ihren Familien abgeschottet.
Ausbildungsleiter Colonel Hyrum Graff (Harrison Ford) glaubt, in Ender wegen dessen herausragenden strategischen Fähigkeiten den Retter der Menschheit gefunden zu haben. Keinen fördert er so sehr wie ihn, aber keinen setzt er auch so stark unter Druck. Wird Ender dem standhalten? Da ist sich der legendäre Commander Mazer Rackham (Ben Kingsley), der für den Abschluss der Ausbildung zuständig ist, nicht so sicher.
Jungstar Asa Butterfield ist eine perfekte Wahl
Die Figur des Ender Wiggin verkörpert der Jungstar Asa Butterfield, der an Kingsleys Seite schon in Martin Scorseses Paris-Märchen «Hugo Cabret» vor der Kamera stand. Eine perfekte Wahl. Man kauft dem milchgesichtigen Charakterschauspieler die Rolle des trotzigen, gebrochenen Helden in jeder Sekunde ab. Sie wird seine Karriere vermutlich ebenso stark prägen wie die des Han Solo einst den Altstar Ford.
Fords knorrigem Colonel steht als Gegengewicht eine sanfte Majorin zur Seite: Gwen Anderson (Viola Davis). Sie wacht über Enders Seelenheil. Fast den ganzen Film hindurch bleibt sie die einzige Figur, die sich besorgt über die Kriegsideologie äußert: «Früher war es ein Verbrechen, Kinder unter 15 zu rekrutieren», sagt sie und beschwert sich bei Graff, dass er die jungen Soldaten überhaupt nicht mehr als Kinder ansieht.
Kämpfer erinnern an Quidditch-Spieler in "Harry Potter"
Die Kinder im Bootcamp scheinen jedenfalls gern Krieg zu «spielen». Der Enthusiasmus der durchgestylten Rekruten dürfte Kinogänger kaum kalt lassen, zumal junge: Die Kämpfer tragen coole Raumanzüge. Sie sind eingeteilt in gegnerische Brigaden, etwa die «Dragon Army» oder die «Salamander». Sie üben den Ernstfall, als sei das alles nur Sport. In ihrem galaktischen Kampfraum herrscht Schwerelosigkeit. Mit Laserwaffen können sie ihre Gegner kurzfristig lähmen. Die schwebenden Kämpfer erinnern durchaus an die Quidditch-Spieler in «Harry Potter» - nur dass sie ohne Bälle spielen und selber durch ein Loch fliegen müssen.
Mit seinen typischen Jugendfilm-Zutaten hat «Ender's Game» sicher das Zeug, ein großer Kassenschlager zu werden. Übrigens auch, was das Marketing betrifft. Die Palette der Merchandising-Produkte ist riesig. Daran sieht man bereits, welche Erwartungshaltung die Industrie mit dem Stoff verbindet. Neben Fanartikeln vom T-Shirt bis zur Kaffeetasse gibt es Poster, die wie Werbung für die Armee in dem Film aufgemacht sind: «Join the next generation of heroes» steht darauf - «Schließe Dich der nächsten Heldengeneration an.» Hollywood will die Rekrutierung offenbar nur allzu gern auch auf das Heer der jungen Konsumenten ausweiten.
Militante Ideologie als Unterhaltungsfaktor
Der Film versucht, einen schwierigen Spagat zu leisten. Die militante Ideologie im Camp wird stellenweise zwar durchaus kritisch dargestellt, aber dennoch fast die ganze Geschichte hindurch als Unterhaltungsfaktor ausgeweidet. Dass Krieg vor allem Tod bedeutet, spielt kaum eine Rolle. Keine Frage: Das Drama um die intergalaktische Flotte des Ender Wiggin ist ein Action-Spektakel erster Güte und bringt einfach Spaß. Aber im Hinblick auf den Kampfesgeist, mit dem auch die USA sich selbst zu einer Kriegsnation und ihre Soldaten zu Helden stilisieren, dürfte diese Produktion bei manchem Zuschauer auch Unwohlsein erzeugen.
Aus Ender Wiggin wird am Ende des Films - aller Ideologie zum Trotz - jedenfalls ein richtiger Held. Und wie es mit ihm weitergeht, wird sich sicher auch schon bald zeigen. Ein zweiter Teil der Geschichte ist bereits deutlich angelegt. (dpa)