Essen. . Ein Norweger dreht in Deutschland mit internationaler Besetzung „Hänsel & Gretel – Hexenjäger“. Da geht es zuweilen sehr blutig zu. Auf Charakterzeichnungen legt der Film keinen Wert. Es geht um 88 Minuten bombastische Action.

Der Norweger Tommy Wirkola ist um Ideen für seine Filme nicht verlegen. In seinem Leinwanddebüt „Dead Snow“ beispielsweise ließ er eine übrig gebliebene Zombie-Armee aus dem Zweiten Weltkrieg in den Wäldern Norwegens ihr Unwesen treiben.

Wer auf dem Sundance-Festival mit derartigem Qualitäts-Trash auch noch Aufsehen erregt, der wird von Hollywood schnell rekrutiert. Und warum eine Location ändern, wenn man sich da so gut auskennt. Wirkolas neues Epos „Hänsel & Gretel – Hexenjäger“ hat wieder viel mit Wäldern zu tun.

Alptraum im Lebkuchenhaus

Man kennt diese Welle der „Mash-up“-Filme, in denen bisher unbescholtene Figuren in Zusammenhang mit Wesen der Nacht gebracht werden, zuletzt in „Abraham Lincoln – Vampirjäger“. Nun bieten sich die Grimmschen Märchen hervorragend an für Unternehmungen dieser Art, die Filmgeschichte ist reich an düsteren Adaptionen.

In diesem Fall ist es eigentlich nur eine natürliche Weiterentwicklung, die das Geschwisterpaar Hänsel und Gretel durchgemacht hat. So groß ist nach ihrem Alptraum im Lebkuchenhaus ihr Hass auf die Hexen geworden, dass sie inzwischen zu respektierten Jägern auf diesem Gebiet geworden sind. Vielleicht will Hänsel auch nur Rache nehmen, weil er seit seinem Kindheitstrauma an Diabetes leidet. Zu viele Süßigkeiten im Hexenhaus sind schuld.

Hänsel kann auch mit Schusswerkzeugen umgehen

In Lederkluft, bewehrt mit Schusswerkzeug und Fanggeräten, jagen Hänsel (Jeremy Renner, „The Hurt Locker“) und Gretel (Gemma Arterton, „Immer Drama um Tamara“) nun durch die Wälder, um unter Hexenterror leidende Bürger von ihrem Alptraum zu befreien.

Der neueste Hilferuf kommt aus Augsburg, wo nacheinander mehrere Kinder verschwunden sind. Schon bald merken unsere wackeren Helden, dass sich rund um diese Stadt Unbill größeren Ausmaßes zusammenbraut, denn Oberhexe Muriel (Famke Janssen) tritt hier persönlich in Erscheinung.

Dass einem die Wälder im Film so märchenhaft vertraut vorkommen, liegt daran, dass die amerikanisch-deutsche Koproduktion an Drehorten wie Braunschweig und Bamberg entstand, die Innenaufnahmen im Studio Babelsberg. Daher kommt es auch, dass man plötzlich deutsche Schauspieler erkennt, zuvorderst Rainer Bock („Barbara“) als Augsburger Bürgermeister, der im Ge-gensatz zum starrsinnigen Sheriff (Peter Stormare) den Durchblick behält.

88 Minuten Action

Tommy Wirkolas Film legt kaum wert auf Charakterisierung, dafür sind die 88 Minuten einfach zu kurz und die angestrebte Action einfach zu bombastisch. Dem Zuschauer bleiben nur selten Momente, um Luft zu holen angesichts des Großaufgebots von Spezialeffekten, bei denen es nicht nur kracht und zischt. Via Computer werden dabei aus den eher herkömmlichen Hexengesichtern auch wahre Horrorgestalten geformt. Manchmal überschreitet der Norweger dabei die Grenze zum reinen Splatterfilm, lässt Köpfe wie Gliedmaße durch die Luft fliegen. Ein blutiges Schlachtfest, das durch die ironische Grundierung des Ganzen nur wenig abgemildert wird.

Gretel und der Stalker

Gretel hat in Augsburg übrigens ein Problem, das eigentlich ein Phänomen unserer Zeit ist. Sie wird von einer Art Stalker verfolgt, der ihre Karriere makellos in zahllosen Zeitungsausschnitten gesammelt hat. Zeitungen? Nun ja, vielleicht wird einem hier deutlich, dass Workilas Film in zeitlichem Niemandsland spielt, irgendwie mittelalterlich, aber dann auch sehr viel moderner. Sagen wir einfach, dass wir es hier mit einer großen Märchenwelt zu tun haben

  • Wertung: drei von fünf Sternen