Köln. . In „Abraham Lincoln – Vampirjäger“ geht der 16. US-Präsident nachts auf Untote los. Dieser Ansatz des neuen Films vom russischen Regisseur Timus Bekmanbetov und Produzent Tim Burton ist nur schwer vorstellbar, aber durchaus ein Experiment, das man wagen kann. Eine Kino-Kritik.

Schon immer hat es im Kino bizarre Paarungen gegeben, hat man prominente Leinwandfiguren quer durch die Genres miteinander konfrontiert, um die Neugier des Publikums anzustacheln. Früher waren das Einzelfälle wie „Billy the Kid vs. Dracula“ (1966), inzwischen jedoch ist es eine Mode, die im Buchbereich ihren Anfang nahm. Dort existieren bereits Titel wie „Die Leichen des jungen Werther“, „Die Zombies von Oz“ oder, Jane Austen möge verzeihen, „Stolz und Vorurteil und Zombies“. Letztgenannter Roman stammt von Seth Grahame-Smith, der auch als Autor des jetzt verfilmten „Abraham Lincoln – Vampirjäger“ verantwortlich zeichnet.

Abraham will Rache

Sich eine amerikanische Ikone wie den 16. US-Präsidenten und erklärten Gegner der Sklaverei als jemanden vorzustellen, der in der Nacht mit seiner Axt Untote von ihrem düsteren Schicksal befreit, das ist nur schwer zu schlucken. Umso mehr gibt sich der russische Regisseur Timur Bekmambetov („Wächter der Nacht“) Mühe, die reichlich absurde Ausgangsidee mit aller Ernsthaftigkeit bis zum Ende durchzuziehen. Ausgangspunkt von Lincolns seltsamem Hobby ist mal wieder ein traumatisches Erlebnis aus seiner Jugend. Da nämlich erlag seine Mutter einer seltsamen Krankheit, nachdem sich nachts der sinistre Jack Barts an ihr Bett geschlichen hatte. Und der, wen wundert es bei der starken Sonnenbrille, war ein Vampir. Abraham will Rache.

Mit Tim Burton als Produzent bemüht Bekmambetov sich darum, Lincolns Biographie und seine politische Karriere exakt nachzuzeichnen. Nur eben mit der kleinen Ergänzung, dass er des Nachts in und um Springfield/Illinois mit mächtiger Axt sich bemüht, möglichst viele Vampirköpfe vom Körper zu trennen – die einzig sichere Art, die inflationär anwachsende Zahl untoter Wesen final zu entsorgen. Bei so viel Aktivität und einer derart großen Trefferquote dauert es nicht lange, bis der Obervampir Adam (Rufus Sewell) auf seiner Plantage in New Orleans auf den rührigen Mann aufmerksam wird.

3D-Format gerechtfertigt

Die Besetzung der Titelrolle muss ein schweres Geschäft gewesen sein. Viele Schauspieler wurden angefragt, darunter Eric Bana, Adrien Brody und Josh Lucas. Nach deren Absagen heißt die Lösung nun Benjamin Walker, der in etwa aussieht wie ein junger Liam Neeson, bei weitem aber nicht dessen Präsenz erreicht. Aber das macht eigentlich auch nichts, denn in diesem Film ist das Thema und sind die zu erwartenden Action-Sequenzen ohnehin die Hauptsache. Bekmambetov hat Erfahrung auf diesem Gebiet und trotzt dem ansonsten reichlich steifen Theaterschauspieler Walker zumindest zwei grandiose Sequenzen ab, die auch das 3D-Format rechtfertigen. Einmal ist das der Kampf gegen den Urfeind Jack Barts mitten in der Stampede einer Pferdeherde. Den Höhepunkt schließlich bildet ein unkontrolliert fahrender Zug, der geradewegs auf eine brennende Holzbrücke zujagt, während Lincoln und sein mysteriöser Gönner Henry Sturges (Dominic Cooper) auf den Waggondächern Vampire liquidieren.

So ernsthaft hier auch erzählt wird, aus dem Kino entlassen wird man mit Erkenntnissen, die Ironie nicht verleugnen zu können. Die Indianer, lernen wir, sind in Wirklichkeit von Vampiren und nicht von der US-Armee liquidiert worden. Der Bürgerkrieg Nord gegen Süd ist in Wahrheit von den ausschließlich in den Südstaaten beheimateten Vampiren angezettelt worden, weil man sich die Sklaven als Nahrungsmittel nicht nehmen lassen wollte. Und wenn Lincoln am Ende konstatiert, dass restliche Vampire panisch in die Welt hinaus geflüchtet sind, dann nennt er Herbergsländer, die heute von den USA allesamt als Schurkenstaaten eingestuft werden. Danach ist man gestärkt für „Hänsel & Gretel: Hexenjäger“, der uns Ende Februar 2013 im Kino erwartet.
Wertung: drei von fünf Sternen