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Dracula würde sich im Sarg umdrehen. In David Slades „Eclipse“ - dem dritten Teil der „Twilight“-Saga - liest ein Vampir seiner Liebsten schon Gedichte vor.
Da sitzen sie - ganz zu Anfang des Films - auf einer Blumenwiese und lesen einander Gedichte vor. Der Vampir und das Mädchen. Bis das Mädchen sagt. „Beiß mich.” Und der Vampir antwortet: „Nein. Heirate mich erst.” Dracula, so viel ist sicher, würde sich im Sarg umdrehen.
Aber dieser Jüngling namens Edward, dessen bleiche Haut in der Sonne golden glänzt, statt zu verbrennen, hat mit dem Fürst der Finsternis ohnehin so viel gemeinsam, wie Kommissar Derrick mit James Bond. Denn er stammt nicht aus der Feder Bram Stokers sondern von Stephenie Meyer. Deshalb gilt auch für „Eclipse”, den am Donnerstag anlaufenden dritten Teil der Twilight-Saga, das Motto: Schmachtfest statt Schlachtfest.
Da hilft es auch nichts, dass nach Catherine Hardwicke und Chris Weitz nun David Slade auf dem Regiestuhl Platz genommen hat. Der Brite, dessen Vampirfilm „30 Days of Night” als „besonders blutrünstig” gilt, verpasst „Eclipse“ zwar einen düsteren Look, kann ihn aber nicht wirklich unheimlich machen. Denn wie seine Vorgänger muss er sich eng an die literarische Vorlage halten.
In der Gegenwart - aber doch in einer anderen Welt
Die spielt in der Gegenwart aber doch in einer anderen Welt. In einer Welt, in der junge Menschen noch Briefe schreiben statt E-Mails und wissen, was eine Vinyl-Schallplatte ist. Eine Welt in der Tugend und Moral noch Bedeutung haben, in der es keinen Sex gibt aber viele verliebte Blicke. Eine Welt, die die meisten jungen Mädchen nicht mehr kennen. Und in die sie vielleicht deshalb so gerne flüchten - selbst wenn es auch dem dritten Film nicht gelingt, die großen Gefühle einzufangen, die Meyer in ihren Büchern beschwört.
So gibt es wenig Neues aus Forks: Jacob (Taylor Lautner), der Werwolf, scheint nach wie vor nicht im Besitz passender Hemden zu sein und läuft fast den ganzen Film mit entblößtem und durchtrainierten Oberkörper durchs Bild. Und zum lachen gehen alle Beteiligten nach wie vor in den Keller und ziehen sich eine Mütze über den Kopf.
Es wird, das muss man allerdings zugeben, derzeit auch nicht viel Amüsement geboten Im Gegenteil: Eine mysteriöse Verbrechensserie erschüttert die Gegend. Reihenweise verschwinden junge Menschen. Nur Bella (Kristin Stewart) und Edward (Robert Pattinson) ahnen bald, was sich zusammenbraut. Vampirin Victoria (Bryce Dallas Howard) will sich an ihnen noch immer für den Tod ihres Liebhabers rächen und erbeißt sich eine Bande von frischen - und deshalb besonders starken - Blutsaugern. So mächtig ist diese „New Blood-Armee”, dass Edward und seine Familie nur eine Chance haben, wenn sie sich mit den Werwölfen zusammenschließen. Ein Vorschlag, der bei Jacob wenig Begeisterung auslöst. Zumal er von den Hochzeitsplänen seiner heimlichen Liebe Bella erfährt. So muss sich die junge Frau entscheiden zwischen ihrer Liebe zu Edward und der Freundschaft zu Jacob.
Zum Ende gibt es dann - der Vorlage sei Dank - doch ein wenig mehr Action als in den Vorgängern. Slade setzt die Schlacht zwischen Gut und Böse aufwendig und mit guten Tricks in Szene. Nur die Werwölfe wirken immer noch wie ferngesteuerte Steiff-Tiere. Und Blut fließt selbst zum Finale nicht.
Stattdessen zerbrechen die Untoten wie Porzellan auf einem Polterabend. Was zeigt: „Eclipse“ ist ein Film mit Vampiren. Ein Vampirfilm ist er nicht.