Essen. Junge trifft Mädchen: Diese Geschichte wird einfach immer funktionieren - ob der strubbelige Robert Pattinson nun einen blassen, aber sexy Vampir spielt oder Colin Firth den Mr. Darcy, den Schriftstellerin Jane Austen vor 200 Jahren zum Schwarm der Mädchen machte. Eine Serie in drei Teilen.

Wie schrecklich schön schwärmen sein kann, darf Bella in „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ erfahren. An dieser Vampir-Spielart des alten Themas "Boy meets girl" hätte die Urahnin des Liebesromans, die englische Schriftstellerin Jane Austen, ihre Freude gehabt.

Schwärmerische Lektionen

Robert Pattinson gibt den Edward, Kristen Stewart spielt Bella Swan. Foto: ddp
Robert Pattinson gibt den Edward, Kristen Stewart spielt Bella Swan. Foto: ddp © ddp

Der leichenblasse Jüngling lässt nicht nur Bellas Herz höher schlagen, sondern versetzt seit Monaten auch Millionen weiblicher Teenager in Wallungen. Er ist für immer 17, stark wie ein Löwe und ernährt sich von tierischem Blut. Fast ein Jahrhundert lang fristete der Vegetarier unter den Vampiren sein Dasein als überzeugter Single. Bis er die Schulbank neben einem gewöhnlichen Mädchen drücken muss, dessen aromatischer Blutgeruch ihn fast um den Verstand bringt. Wie viel vom Gentleman Mr. Darcy aus Austens Klassiker "Stolz und Vorurteil" steckt in dem bleichen Vampir Edward Cullen? Und wie erklärt sich die Faszination der alten Geschichten über Jungfern und Junggesellen?

Bella Swan, die sich in der vierbändigen Vampirsage „Bis(s) …“ und unwiderruflich in den Vampir Edward verliebt, erhielt ihre schwärmerische Lektion von Jane Austen. Ein Band mit den Romanen der englischen Schriftstellerin ist der meistgelesene unter ihren Büchern. Die Autorin der „Bis(s)“-Bestseller, die Amerikanerin Stephenie Meyer, kennt sich wie ihre Heldin Bella in der Literaturgeschichte aus und greift in vielen ihrer Erzählmotive immer wieder auf Austen zurück.

Sechs vollständige Romane hinterließ die Pfarrerstochter Jane Austen, als sie 1817 starb. Sie sind der Stoff, aus dem in niemals enden wollenden Bahnen die Adaptionen für Film und TV gesponnen werden. 18 Mal wurden von 1940 bis 2008 „Stolz und Vorurteil“, „Sinn und Sinnlichkeit“, „Verführung“, „Mansfield Park“, „Emma“ und „Die Abtei von Northanger“ umgesetzt. Mehr oder weniger werkgetreu. Fortsetzung garantiert.

Zeitlos schönes Grundmotiv

Worum es geht? Diese Frage stellen nur Männer, und sie seien hiermit eingeweiht: Es geht um das Streben nach Liebe und die Hindernisse, die einer Paarbildung im Wege stehen und die beseitigt werden müssen. Zeitgenössisch bedingte ökonomische Zwänge – der Plot ist im 19. Jahrhundert angesiedelt – gesellschaftliche Konventionen und nicht vorhandene weibliche Selbstbestimmung machen die Konstellationen zwischen Mann und Frau kompliziert. Und zeitlos schön, da sich die Romane vortrefflich auf die Essenz des Liebeswerbens kondensieren lassen.

Das perfekte Gegengift

Als Teenie-Vampir Edward Cullen in den Verfilmungen der
Als Teenie-Vampir Edward Cullen in den Verfilmungen der "Twilight - Bis(s)..."-Serie hat Robert Pattinson den Durchbruch geschafft. Foto: ap © AP

Die Bücher von Jane Austen haben Kultcharakter. Hollywoodfilme wie „Sinn und Sinnlichkeit“ (1995) sowie „Emma“ (1996) spielten Millionen an der Kinokasse ein. Die Schauspielerin und Autorin Emma Thompson konnte sich für das Drehbuch von „Sinn und Sinnlichkeit“ einen Oscar ins Regal stellen. Eine schier unerschöpfliche Geldquelle. Da die Autorin aber nur sechs vollendete Werke hinterließ, liegt es nahe, den Austen-Kosmos um biografische Spekulationen zu erweitern – in Spielfilmen wie etwa „Geliebte Jane“ (2007) oder „Miss Austen Regrets“ (2008). Darüber hinaus sind ihre Bücher ein Reservoir für Anspielungen und Querverweise wie in „Der Jane Austen Club“ (2008). Austens Romane seien das „perfekte Gegengift zum Leben“, meint darin die resolute Bernadette. Sie muss es wissen – war sie doch sechsmal verheiratet.

Von Austen inspirierte Filme exportierten das Sujet ohne viel Federlesen in heutige Zeitzonen: 1996 zum Beispiel in „Clueless – Was sonst?“ an ein amerikanisches College. Oder verlegen es nach der Jahrtausendwende in einen Trendbezirk Londons: Dort nascht die frustrierte Bridget Jones in den nach ihr benannten Komödien als Single erst „Schokolade zum Frühstück“ (2001), bevor sie durch die Wahl ihrer Gefährten „Am Rande des Wahnsinns“ (2004) steht. In dem Bollywoodverschnitt von „Stolz und Vorurteil“ – „Bride & Prejudice“ (2004) – tanzt Elizabeth Bennet alias Lalita im Sari mit ihren Schwestern auf einem Ball. Und schäumt vor Wut über den Snob Mr. Darcy, der die Inder als Hinterwäldler tituliert.

Bedingungslose Liebe

Auf DVD

Wer nicht lesen will, kann gucken

Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen. USA 2009. Regie: Catherine Hardwick. Darsteller: Kristen Stewart, Robert Pattinson, Taylor Lautner. Laufzeit: 117 Min. Anbieter: Concorde Video.

Hier gibt's umfassende Informationen zu Jane-Austen-Verfilmungen in Kino/TV und auf DVD

Zum Beispiel: Der Jane Austen Club. USA 2007. Regie: Robin Swicord. Darsteller: Kathy Baker, Maria Bello, Emily Blunt. Laufzeit: 101 Min. Anbieter: Sony Pictures Home Entertainment

Auch Edward Cullen zeigt sich anfänglich nicht von der manierlichen Seite. Zwar fällt der Blick von Bella Swan bereits auf Seite 23 der deutschen Ausgabe von „Bis(s) zum Morgengrauen“ auf den bronzefarbenen Schopf des blassen Jungen, aber sie senkt ihn ebenso schnell ob Edwards frustrierten Gesichtsausdrucks. „Mach dir keine Hoffnungen. Er ist an Mädchen nicht interessiert, zumindest nicht an den Mädchen hier. Scheinbar ist ihm keines hübsch genug“, erklärt eine Mitschülerin.

Geradezu feindselig, mit bösen Blicken, reagiert der überirdisch schöne Edward auf Bella, die an ihrem ersten Tag an der neuen Schule im Biologieunterricht neben ihm Platz nimmt. Rund 180 Seiten später ist sich die zurückhaltende Schülerin ihrer bedingungslosen Liebe für den widerspenstigen Vampir sicher. Ein Tempo, das die scheuen Damen aus Austens Romane in ihrem verschämten Werben aus Gründen des Anstands nicht an den Tag legen konnten. Dafür wird Bellas und Edwards Gefühlshaushalt auf den folgenden 300 Seiten und in drei weiteren fetten Bänden aber auch argen Schwankungen ausgesetzt.

Ein Klassiker: Colin Firth als Mr. Darcy

Colin Firth hat sich seit der fünfteiligen BBC-Verfilmung von
Colin Firth hat sich seit der fünfteiligen BBC-Verfilmung von "Stolz und Vorurteil" Mitte der 90er als Mr. Darcy in die Fantasie aller schwärmerischen Austen-Fans eingegraben. Foto: imago © imago stock&people

Einer, der die Figur des Mr. Darcy Mitte der neunziger Jahre verkörperte, wird auch heute noch mit dieser Rolle verbunden: Colin Firth stiefelte 1995 in der fünfteiligen BBC-Serie „Stolz und Vorurteil“ mit verstocktem Gesichtsausdruck über Stock und Stein in der englischen Provinz. Übel gelaunt betrachtet er das gesellige Treiben der Landeier. Obgleich sein Blick wohlwollend auf der aparten Elizabeth Bennet ruht, verdächtigt er Mitglieder ihrer Familie, Mitgiftjäger zu sein. Bis der hochmütige Spross aus wohlhabendem Hause und die schlagfertige Tochter aus bescheidenen Verhältnissen zusammenfinden, müssen unzählige Wälder und Wiesen hoch zu Ross oder zu Fuß durchquert, Gesellschaften gegeben und ertragen sowie ein See durchschwommen werden.

Insbesondere letzteres, der Sprung in einen sumpfigen Teich auf seinem Landgut, verhalf Colin Firth alias Mr. Darcy zu einer heiß entbrannten weiblichen Fangemeinde. Gewandet in weißem Hemd und engem Beinkleid entsteigt er den Fluten. Jeder Quadratzentimeter seines Körpers zeichnet sich unter dem tropfnassen Stoff ab. Dagegen sieht selbst der umschwärmte Robert Pattinson alias Edward Cullen in „Twilight“ blass aus. Aber er hat ja noch drei Filmfolgen vor sich, in denen er an seinem Ruf als Herzensbrecher Nummer 1 arbeiten kann.