Essen. . Der Thriller „Trash“ erzählt die Geschichte dreier Straßenkinder aus den Slums von Rio de Janeiro, die eines Tages eine Tasche mit viel Geld finden.

Trash – Müll, das ist ein ungewöhnlicher Titel für einen Jugendkrimi nach Bestsellervorlage. Doch in diesem Fall ist Müll Lebensumfeld und Ertragsgrundlage zum Überleben, kurz – er ist die Welt der Straßenkinder Raphael, Gardo und Rato in den Slums von Rio de Janeiro. Jeden Tag durchwühlen sie unter strengen Augen die Müllkippen, denn nicht alles, was gefunden wird, darf einbehalten werden. Schutzgelderpressung und andere Verbrechen sind längst in den Favelas etabliert. Wer Privilegien genießt, und sei es eine Wellblechhütte, will sich diese bewahren; leichtfertig geführte Konflikte enden schnell mit einem Messer im Bauch oder einer Kugel im Kopf.

Eines Tages finden die Jungs eine Tasche, die eine Karte enthält, einen Schlüssel und ganz viel Geld. Zur Freude aber bleibt keine Zeit, denn schon rückt die Polizei an unter der Leitung eines Mannes, der vor keiner Untat zurückschreckt. Schnell hat er Raphael ausfindig gemacht und setzt den Jungen brutal unter Druck. Die Tasche aber bleibt vorläufig unauffindbar. Die Jungen wissen nun, dass jeder noch so kleine Fehler sie das Leben kosten kann. Nur ein Priester und eine Sozialarbeiterin sind noch Vertrauenspersonen. Gemeinsam beginnt man die Spur des Geldes zu verfolgen und findet sich bald vor den Toren der besten Kreise der Stadt wieder.

Atemlose Spannung

Der Blick von außen auf ein Land und sein Sozialgefüge kann spannende Einblicke öffnen. Die Engländer Stephen Daldry und Richard Curtis (Drehbuchautor von „Notting Hill“ und „Tatsächlich… Liebe“) verfilmten Andy Mulligans exotische Romanvorlage in Brasiliens Metropole und entfesseln einen Kino-Orkan, dessen farbglühende Bildsprache gleichermaßen Erinnerungen an den brasilianischen Welterfolg „City of God“ und Danny Boyles Oscar-Triumph „Slumdog Millionär“ von 2008 weckt. Die Schattenseite der Schwellenländer ist im modernen Kino zuvorderst ein Schmelztiegel aus Armut, Gewalt und Verbrechen, über dem eine kleine Schicht von Superreichen es sich von dem Geld gut gehen lässt, das mittels Korruption und Machenschaften auf dem Rücken der Armen ergaunert wurde. Dass hier nun ausgerechnet zwei Gringos (die erschreckend magere Rooney Mara als Sozialhelferin und Martin Sheen als Priester) soziale Akzente setzen, lässt dann fast schon wieder den Verdacht einer neuen Form von Kolonialdenken aufkeimen.

Aber auch in der gestalterischen Form dieses atemlos auf Spannung gehetzten Jugendkrimis findet sich eine interessante Rückbesinnung auf große Vorbilder aus dem englischen Kino. Höchst gekonnt beschwören Stephen Daldry und sein brasilianischer

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Co-Regisseur Christian Duurvoort Carol Reeds Verfolgungsszenarien in den Klassikern „Ausgestoßen“ (1946) und „Der dritte Mann“ (1949) und transponiert das Spiel mit Licht und Schatten und der schieren Kinetik des Davonlaufens durch die Katakomben und Gassenschluchten in Rios schweißtreibend schwülem Klima. Die Botschaft dazu ist klassisch. Es geht um Freundschaft und Solidarität im Zeichen höchster Not für Leib und Leben. Dafür entwickelt sich in Bildgebung und Darstellung eine Intensität, die geradezu physisch nachempfindbar ist. Gewisse Ungereimtheiten in der Erzählung sollen da nicht ins Gewicht fallen, wenn drum herum derart gutes Kino zu bewundern ist.
Wertung: vier von fünf Sternen