Essen. Der frühere Dokumentarfilmer Bernard Bellefroid thematisiert in “Melodys Baby“ das Thema Leihmutterschaft. Damit gelingt ihm ein überraschendes Drama.

Zunächst scheint ganz klar zu sein, in welche Richtung sich „Melodys Baby“, der zweite Spielfilm des früheren Dokumentarfilmregisseurs Bernard Bellefroid, entwickeln wird. Die Fronten sind eindeutig. Auf der einen Seite steht die 28-jährige Französin Melody (Lucie Debay), die einen großen Traum hat. Sie will ihren eigenen Friseursalon eröffnen. Dafür ist sie bereit, alles zu riskieren. Auch Emily (Rachael Blake), die Frau auf der anderen Seite, hat noch einen übermächtigen Traum. Die erfolgreiche britische Managerin wünscht sich sehnlichst ein Kind. Nur hat sie ihre Gebärmutter aufgrund einer Erkrankung verloren.

Eine Internetseite bringt Emily und Melody zusammen. Man wird sich schnell einig. Für 50.000 Euro plus Spesen lässt sich die junge Friseurin in der Ukraine, dort sind Leihmutterschaften vollkommen legal, eine von Emilys vor längerer Zeit eingefrorenen Eizellen implantieren. Dann nimmt die Erzählung eine überraschende Wende.

Die Figuren entziehen sich allen Klischees

„Melodys Baby“ hat auf den ersten Blick alles, was ein Sozialdrama ausmacht. Die extrem unterschiedlichen Hintergründe seiner beiden Protagonistinnen zeugen von einer gespaltenen Gesellschaft. Zudem kommen zahlreiche Verweise auf die rechtlichen und emotionalen Komplikationen, die mit einer Leihmutterschaft einhergehen.

Aber all diese brisanten Aspekte streift Bellefroid nur. Sein Interesse gilt einfach zwei extrem komplexen Frauenfiguren, die sich allen gängigen Klischees entziehen. Melody und Emily lassen sich eben nicht auf ihren Platz im sozialen Gefüge reduzieren. Die von Lucie Debay und Rachael Blake einfühlsam und vielschichtig porträtierten Frauen wollen am Ende nur eins: Ihre Existenz selbst in die Hand nehmen, mit allen Konsequenzen.

Wertung: Vier von fünf Sternen