Essen. . Ein Film wie ein Auffahrunfall: In der actiongeladenen Fortsetzung “Mad Max: Fury Road“ hebt Regisseur George Miller die Leinwand aus den Angeln.
Im September sind es 30 Jahre, seit mit „Mad Max: Jenseits der Donnerkuppel“ der dritte, schlechteste und verdientermaßen letzte Teil der trendsetzenden Reihe von Endzeitreißern in die Kinos kam. Jetzt kommt „Mad Max: Fury Road“ und das erlaubt die Frage, ob es nicht besser gewesen wäre, den Mythos in sich ruhen zu lassen. Aber Regie führte diesmal wie damals der Australier George Miller und er hat die wesentliche Bedingung zum Gelingen erfolgreich erfüllt – einen Actionfilm, der den Erfahrungshorizont der Teenager von heute erweitert, indem er ihre Erwartungen kombiniert mit dem Actionverständnis ihrer Väter, die ab 1980 in den alten „Mad Max“-Filme mit Mel Gibson heiß liefen.
"No Future"-Geist
Einfach kann das nicht gewesen sein, denn die alten Filme atmeten noch den „No Future“-Geist des Punk. 2015 aber ist alles erlaubt, und das macht Miller sich zunutze. Im Reboot nun spielt Tom Hardy Max Rockatansky, der mal Polizist war, bis Unholde seine Familie meuchelten und er selbst seither als unbarmherziger Einzelgänger durch eine Welt zieht, in der Rohstoffe und Energie immer knapper werden und moralische Werte und Normen zusehends einer Rückkehr zum Recht des Stärkeren Platz machen mussten. Einer der Stärksten ist in diesen Tagen Immortan Joe, der von einer Felsenburg aus die Kontrolle über eine Wasserquelle und tausende Sklaven ausübt.
Joes größter Schatz aber sind fünf junge, schöne Frauen (u.a „Transformers“-Beauty Rosie Huntington-Whiteley und Lenny Kravitz‘ Tochter Zoe), die ihm als Brutkörbe den Fortbestand der Sippschaft garantieren sollen. Doch diese Mädchen wurden ihm gestohlen, und ausgerechnet seine beste Kriegerin Imperator Furiosa (Charlize Theron, aufregend schön mit kurzen Haaren und digital amputiert ohne linken Unterarm) zog die Fäden dafür. Dieser Verrat soll gerächt werden. Mit seiner motorisierten Streitmacht macht sich Immortan Joe an die Verfolgung, seinen wertvollsten Gefangenen hat er als Galionsfigur vor den Wagen gespannt.
Die Kinetik der ersten beiden Teile lebt wieder auf
Damit sind nach zehn Minuten die Weichen gestellt für fast zwei Stunden, in denen die Kinetik der ersten beiden MM-Filme glorreich wiederaufersteht. Es wird viel und atemberaubend schnell gefahren und das in Vehikeln, wie man sie in derart origineller Verschraubung noch nicht im Kino gesehen hat.
Regisseur und „Mad Max“-Erfinder George Miller zelebriert einen Kinorausch, der kunstvoll den großen Momenten des Actionfilms mit raffiniert eingestreuten Zitaten von „Ben Hur“ bis „Der Wüstenplanet“ und „Delicatessen“ Referenz erweist und ganz nebenbei das Kino zu seinen Wurzeln zurückführt. Mit seinen kräftigen Primärfarben und den unmissverständlichen Gefühlsausbrüchen funktioniert der Film trotz beträchtlichen Soundauftriebs wie ein Stummfilm oder eine Komödie von Jacques Tati. Wenn die Inszenierung es erlaubt, dann ist es eben nicht wichtig, was die Leute sagen, es erschließt sich alles über ihr Handeln.
Entfesselte Kamera, sagenhafte Stunts
Deshalb macht dieser „Mad Max“-Film so viel Spaß, weil er mit seiner Schaupracht die Leinwand aus den Angeln hebt. Der Einfallsreichtum in der Ausstattung, die entfesselte Kamera und die Stunts lassen im Vergleich die „Fast & Furious“-Filme wie Kinderkino aussehen. Und wem das alles zu kompliziert war: Es gab lange keinen Film mehr, wo es so wichtig war, aufs Klo zu gehen, aber man blieb sitzen, weil man absolut nichts verpassen wollte.
Wertung: Fünf von fünf Sternen