Essen. . In dem Drama „Die abhandene Welt“ von Margarethe von Trotta findet eine Frau erst nach dem Tod ihrer Mutter heraus, dass sie noch eine Schwester hat.
Es ist ein Schock für die an sich schon zutiefst verunsicherte Sängerin Sophie Kromberger, als sie zum ersten Mal Bilder von der Operndiva Caterina Fabiani sieht. Die Fremde gleicht ihrer vor einem Jahr verstorbenen Mutter aufs Haar. Kann das noch ein Zufall sein, eine Laune der Natur, wie sie gelegentlich vorkommt? Oder verbirgt sich hinter dieser Ähnlichkeit doch ein (Familien-)Geheimnis?
Um diese Fragen kreist Margarethe von Trottas Familiendrama „Die abhandene Welt“ nicht allzu lange. Schon bald wird der zunächst noch widerwillig nach der Wahrheit suchenden Sophie (Katja Riemann) klar, dass Caterina Fabinia (Barbara Sukowa) keineswegs eine zufällige Doppelgängerin ihrer Mutter sein kann. So entspinnt sich nach und nach eine Geschichte von Liebe und Lügen, von Verrat und Verdrängung, die aus dem Rheinischen erst einmal nach New York und später dann auch noch nach München führt.
Komplexes Beziehungsgeflecht im Seifenoperstil
Eigentlich hat sich Margarethe von Trotta in ihren Filmen schon immer verstärkt auf Schwestern-Dramen und Doppelgänger-Geschichten konzentriert. Fast möchte man diese eng miteinander verbundenen Topoi als zentrale Obsessionen in ihrem Werk beschreiben. Doch gerade vor diesem Hintergrund wirkt „Die abhandene Welt“ erschreckend unbeholfen. Das beginnt schon bei der ersten Begegnung zwischen der Opernsängerin und Sophie, die einfach so in deren Garderobe auftaucht und sich dann auch gleich noch mit der größten Selbstverständlichkeit Caterinas Entourage anschließt.
All das ist natürlich nicht undenkbar, aber Margarethe von Trotta vernachlässigt in diesen Momenten absurderweise jegliche Wahrscheinlichkeit und jegliche Psychologie. Dabei will sie eigentlich ein psychologisches Drama von Menschen erzählen, denen im Lauf ihres Lebens mal durch Liebe oder Eifersucht, mal durch Angst und Wut die Welt abhanden kommt. Doch je komplexer das Beziehungsgeflecht zwischen von Trottas Figuren wird, desto mehr greifen Seifenopern-Klischees um sich, die sich auch nicht durch die Intensität von Barbara Sukowas und Katja Riemanns Spiel kaschieren lassen.
Ende mit Irritationen
Am Ende steht die ziemlich irritierende Erkenntnis, dass zumindest in Margarethe von Trottas Augen anscheinend alle Frauen einen Hang zum Masochismus haben. Nur so lässt sich erklären, dass Sophies Mutter es Jahrzehnte lang mit einem Choleriker ausgehalten hat, obwohl sie in Wahrheit jemand anderen liebte. Aber noch verstörender ist letztlich Sophies Verhalten. Sie verliebt sich ausgerechnet in den Mann, der sie zunächst zum Sex erpresst hat.
Wertung: zwei von fünf Sternen