Hamburg. . Was ist die größte Ehre im deutschen Fernsehen? Parodiert zu werden. Reinhold Beckmann wurde parodiert, in der Mediensatire “Switch Reloaded“. Grund: Der Talker war unverkennbar mit seiner Art, die an einen Mix aus Pastor und Therapeut erinnerte. Am Donnerstag verabschiedet er sich.

Wenn jemand gut ist im Fernsehen, erhält er einen Preis. Wenn jemand richtig gut ist, unverkennbar, einzigartig, wird er parodiert. Das ist – auch wenn eine Parodie auf Lacher aus ist – kein Scherz. Genau diese Ehre widerfuhr Reinhold Beckmann bei ProSiebens inzwischen eingestellter Satire „Switch Reloaded“.

Der Comedian Max Giermann arbeitete die Eigenheiten des stilprägenden ARD-Talkers heraus: die weit vorgebeugte Sitzhaltung und einfühlsamen Ton. Beckmanns Geheimrezept – das legte Giermanns Parodie nahe – war eher Zuhören als Verhören. Auch wenn der Comedian Beckmanns Stil ins Groteske verzerrte: Im Kern stimmte die Darstellung. Der Talker Beckmann verkörperte einen Mix aus Pastor und Therapeut. 15 Jahre lang. Doch damit ist es in Kürze vorbei. Am Donnerstag, 25. September, 22.45 Uhr, verabschiedet sich Beckmann von seinem Publikum.

Selbst beim Finale zeigt Beckmann: Ich kann aktuell und relevant

Der 58-jährige Moderator verabschiedet sich nicht mit einem Best-of. Vielmehr will er auch im Finale zeigen, dass er aktuell kann – und relevant. „Menschen auf der Flucht – letzte Rettung Europa?“ heißt Beckmanns Thema.

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Es spricht viel dafür, dass er zum Schluss eine Gala-Vorstellung abliefert. Zugleich aber offenbart das Thema des Abends auch das Elend der öffentlich-rechtlichen Talkshows. Beckmanns ZDF-Kollegin arbeitet sich nämlich an der gleichen Fragestellung ab: „Millionen auf der Flucht – und wer darf nach Deutschland?“ Maybrit Illner hat obendrein den Vorteil, bereits um 22.15 Uhr, eine halbe Stunde früher als Beckmann, auf Sendung zu gehen. Und früher heißt im Fernsehen: mehr Publikum.

Fatale Themendopplung beim öffentlich-rechtlichen Talk

Diese Themendopplung ist kein Einzelfall beim öffentlich-rechtlichen Polit-Talk; vielmehr ist sie seine Spezialität. Und weil in den Gesprächskreisen oft dieselben Gesichter auftauchten, wirkten sie wie eine Endlosschleife des Immergleichen – vor allem im Ersten. Während beim ZDF lediglich Maybrit Illner das politische Geschehen erörtert, hatte sich das Erste mit zuletzt fünf Plauderrunden als Talk-Sender positioniert. Schließlich wurde selbst den ARD-Entscheidern klar, dass große Teile des Publikums das Einerlei satt hatten.

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Dass ausgerechnet Beckmann geht, hat nichts mit seinen Qualitäten zu tun. Letzten Endes ging es um Quantität. Beckmann hatte die schlechteste Quote der talkenden Fünf. Doch rauswerfen mochte die ARD den TV-Tausendsassa nicht. Stattdessen legte ihm der Senderverbund nahe, seinen Rückzug selbst anzukündigen. So erklärte Beckmann bereits vor einem Jahr seinen Abschied.

„Es war eine überlegte Entscheidung“, ließ der Moderator dieser Tage mitteilen. „Nach 15 Jahren Talk kann man ja mal sagen: Ich mach’ ‘was Neues. Aber ich gestehe, auf den letzten Metern gibt es den einen oder anderen Moment der Wehmut.“

Höchstkarätige Gäste

Tatsächlich kann Beckmann stolz auf sich sein. Von Angela Merkel über Gerhard Schröder bis Helmut Schmidt: Beckmann hatte höchstkarätige Gäste. Und mindestens zwei Mal schaffte er es, mit seinem Talk Themen zu setzen. Sein Gespräch mit dem ehemaligen Guantánmo-Gefangenen Murat Kurnat brachte die Politik in Verlegenheit. Und als Beckmann den früheren Radprofi Bert Dietz zum Doping-Geständnis animierte, wurde der Talker für seine Glanzleistung mit dem Deutschen Fernsehpreis bedacht.

Die ARD weiß das zu schätzen. Deshalb bleibt der gebürtige Niedersachse dem Publikum des Ersten erhalten. Der ehemalige Hobbyfußballer darf seine Expertise weiterhin in der „Sportschau“ unters Volk bringen. Und obendrein darf er zeigen, was er als Dokumentarfilmer drauf hat.