Halle. . Was passiert, wenn ein 17 Jahre alter Teenager entdeckt, dass er Männer liebt? Alles schießt quer. Er selbst, die Eltern, das Umfeld. In Halle in Sachsen-Anhalt wird dieser Stoff gerade für das Fernsehen verfilmt.

Der Showdown findet auf dem Dach eines heruntergekommenen Flachbaus statt. In einer tristen Plattenbausiedlung in Halle in Sachsen-Anhalt entsteht zurzeit das Familiendrama "Aus der Haut" (Arbeitstitel) für die ARD. Während dunkelgekleidete Sicherheitsexperten mit einer Art Bergsteigerausrüstung den Schauspielern zur Seite stehen, wird im Erdgeschoss schon für die nächste Szene eine gelbe Eingangstüre mit den zerfetzten Resten von Konzertplakaten beklebt, um die richtige Stimmung zu erzeugen.

Es geht hoch hinaus und es wird spektakulär - mehr verrät hier am Set niemand. Ende des Monats fällt die letzte Klappe für "Aus der Haut", voraussichtlich Anfang 2016 wird das Coming-out- und Familiendrama im "Ersten" ausgestrahlt.

"Dieses Drehbuch ist ein Geschenk"

"Ich bin vorher noch nie in Halle gewesen, das ist wirklich kaum zu fassen", sagt Claudia Michelsen (45, "Der Turm") am Dienstag am Set in Halle. Sie spielt in dem Film die Mutter eines 17-Jährigen. "Aber während eines Drehs bleibt fast keine Zeit, die Stadt zu entdecken."

Michelsen kommt gerade aus der Maske. Sie trägt einen unauffälligen grauen Pulli und eine schwarze Hose. Eine biedere Rolle. "Aber dieses Drehbuch ist ein Geschenk", sagt sie. Es stammt aus der Feder von Jan Braren ("Homevideo"). Neben Michelsen sind auch Johann von Bülow (41, "Das Fremde in mir") und Merlin Rose (21, "Feuchtgebiete") mit von der Partie. Regie führt Stefan Schaller (32, "Fünf Jahre Leben").

Schwulsein stürzt Familie in schwere Krise

Rose spielt Milan. Einen 17-Jährigen, der zwar eine Freundin hat, aber eigentlich Männer liebt. Betrunken baut er einen Autounfall, will sich aus Angst vor einem Outing lieber umbringen. "Er kann es nicht offen aussprechen", sagt Drehbuchautor Braren. "Doch seine Probleme kommen nicht von außen, sondern aus ihm selbst."

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Als sich das mit dem Schwulsein endlich Bahn bricht, stürzt Milan seine Familie in eine schwere Krise. "Es geht um bürgerliche Erwartungshaltungen und die Frage, wie Eltern damit umgehen", sagt Michelsen, die mit Sylvester Groth das Ermittlerduo des Magdeburger "Polizeiruf 110" bildet.

"Das Coming-out des Jungen ist in gewisser Weise auch das Coming-out der Eltern", so Braren. Sein Drehbuch sieht vor, dass sich "Zug- und Explosionskräfte" in der Familie entladen. Die empfindliche Statik der heilen Welt droht zu versagen - das Leben macht allen einen Strich durch die Rechnung, der Wahnsinn des Erwachsenwerdens nimmt groteske Züge an.

Anspruchvolles Thema im feinen Ton

Regisseur Schaller nennt es ein "anspruchsvolles Thema", welches er für das Fernsehpublikum in Szene setzen darf. "Man muss einen ganz feinen Ton treffen", sagt er. "Es ist ein so unglaublich frisches Drehbuch, das trotz aller Ernsthaftigkeit auch eine Prise Humor mitbringt." Es sei ein Familienporträt, und nicht das Porträt eines schwulen Jungen, sagt Schaller.

Der 90-minütige Film ist eine Koproduktion des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) und des Österreichischen Rundfunks (ORF), die von der Ufa Fiction unter Produzent Nico Hofmann realisiert wird. Nach Angaben des Producers Marc Lepetit habe man ein Budget von rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, der Sendetermin werde ein Mittwochabend sein. (dpa)