Essen. . Ihm gelingt momentan alles: Matthias Brandt ist der Schauspieler der Stunde, ganz gleich ob als Kommissar im „Polizeiruf 110“ oder als machtbewusster Medienmann, an diesem Mittwoch in der ARD. Doch als ihm ein ganz hohes politisches Amt winkt, gerät er in die Mühle seiner eigenen Branche.

Kein Wunder, dass sich sogar die Kanzlerin so einen als Bundespräsidenten wünscht. Denn dieser Georg Sahl, Herausgeber einer liberal-konservativen Frankfurter Tageszeitung, ist doch ein kluger, ein geradliniger und charismatischer Mann mit gutem Auftreten. Wenn’s im Privaten allerdings hakt, werden politische Ambitionen in einer hysterischen Medienwelt schnell zerrieben. Davon erzählt mit starken Dialogen und großartigen Schauspielern der kluge Film „Männertreu“ (ARD, Mittwoch, 20.15 Uhr). Thea Dorn (Buch) und Hermine Huntgeburth (Regie) zeigen, wozu öffentlich rechtliches Fernsehen in seinen Sternstunden in der Lage ist.

„Ich habe noch nie etwas bereut, warum sollte ich jetzt damit anfangen?“ fragt dieser Georg Sahl einmal ganz ungeniert und beschreibt sich damit perfekt. Sahl ist einer, der sich nimmt, was er will, und der bekommt, was er begehrt. Bei Frauen fackelt er nicht lange; mal ist’s die Affäre mit einer Volontärin (Peri Baumeister), mal überfallartiger Sex in der Garderobe einer Fernsehmoderatorin (Claudia Michelsen), und selbst die Schwiegertochter (Lisa Hagmeister) verfällt dem Charme seiner Macht und seiner unverschämten Selbstgewissheit. Schwächelnde wie seinen Sohn (Maxim Mehmet) lässt er seine Verachtung spüren, und Redakteure, die für vermeintliche Nachrichten über Leichen gehen, staucht er im Kampf um die Bewahrung des Qualitätsjournalismus zusammen.

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Private Verfehlungen werden öffentlich

Matthias Brandt, dem schauspielerisch alles zu gelingen scheint, pumpt sich hier in einer Galavorstellung zu einem regelrechten Alpha-Monster auf, ein eitler Egomane, dem Regisseurin Huntgeburth jeden Funken Verständnis für andere ausgetrieben hat. Brandt ebenbürtig ist Suzanne von Borsody als seine Frau, eine taffe Scheidungsanwältin, die alle Widersprüche ihres Daseins in ihrem stilvollen und disziplinierten Auftritt erstickt. Sie bewundert ihn, toleriert seine Fehltritte und verteidigt ihn gar, weil er „wenigstens lebt, nicht wie die anderen Gespenster“.

Der Kunstgriff des Films besteht vor allem darin, dass er nun nicht einen netten Kerl den Medien zum Fraß vorwirft, was die Sympathienverteilung allzu billig machte, sondern eben diesen harten Brocken, dessen private Verfehlungen plötzlich öffentlich werden. Und hier gelingt es Dorn und Huntgeburth, dass man sich womöglich an Sahls Seite findet. Denn der mag nicht so stromlinienförmig sein, wie das für politische Ämter vorgesehen ist, er will sich nicht vom Zeitgeist in die Knie zwingen lassen, er hasst schwafelnde Krisenmanager. Eigentlich kein schlechter, oder?

Zwischen kritischem Blick auf den Polit- und Medienbetrieb und privatem Drama liefert „Männertreu“ Stoff für stundenlange Debatten nach dem Abspann. Etwas Besseres gibt es doch nicht.