Essen. Von den „Feuchtgebieten” hat sie sich freigeschwommen. Als Nachfolgerin von Amelie Fried als Moderatorin der Talkschau „3 nach 9” erreicht Charlotte Roche neue Ufer. Ein Interview.

Werden Sie jetzt seriös?

Charlotte Roche: (lacht) Diese Klitoris-Hämorriden-Frau überschattet alles. Aber ich habe früher bereits sehr seriöse Interviews geführt.

Wird jetzt wieder seriös: Charlotte Roche. (c) Imago
Wird jetzt wieder seriös: Charlotte Roche. (c) Imago © imago

Allerdings nicht vor einem großen Publikum, sondern eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit bei Viva 2.

Roche: Ja. Man konnte die unmöglichsten Menschen einladen, die schlechteste Quote liefern. Hauptsache, mindestens drei Menschen lachten sich am Ende kaputt. Und dennoch waren die Interviews sensibel, stellten niemanden bloß.

Was die Quote betrifft, ändert sich das jetzt dramatisch. Ihr erster Gast am 11. September wird Peter Kraus sein. Was fragen Sie den?

Roche: Das weiß ich noch nicht. Ich habe mich noch nicht vorbereitet. Hoffentlich finde ich etwas Interessantes.

Was wäre der ideale Gast?

Roche: Einer, der mich beeindrucken will. Er könnte sich auch Geschichten ausdenken. Wenn er oder sie das unterhaltsam macht, könnten sie sogar richtig lügen. Solange es keine Politiker sind.

Mit ihrer Geschichte „Feuchtgebiete” haben sie mindestens 1,5 Millionen Menschen beeindruckt. War das auch alles Lüge?

Roche: Nein, es war schon ein Teil von mir. Ich war früher richtig zotig. Ich musste jederzeit alle Männer links überholen.

Das hat sich jetzt erübrigt?

Roche: Ja, es war sozusagen meine Häutung. Die habe ich erschöpfend ausgelebt. Ich kann, muss und will Reinlichkeit gar nicht mehr thematisieren. Ich bin erschöpft. Denn eigentlich bin ein sehr schamhafter Mensch.

Von daher sind Sie jetzt auch auf die Mattscheibe zurückgekehrt?

Roche: Ich hoffe, dass ich nicht wieder nach sechs Sendungen alles hinschmeiße. Aber Giovanni di Lorenzo und das Team haben sich vorgenommen, lange mit mir zusammenzuarbeiten. Meine Zen-Übungen haben mich zwischenzeitlich auch beständiger gemacht.

Woher kommt Ihre Angst vor dieser Unbeständigkeit?

Roche: Ich bin beruflich sehr verwöhnt. Als Autodidaktin hat bei mir immer alles geklappt. Erfolg ist mir zugeflogen. Das macht auch ziemlich arrogant, fordernd.

Wie haben Sie da – außer mit Zen-Meditation – gegengesteuert?

Roche: Ich habe mir vorgenommen, mich in der Sendung komplett zurückzunehmen. Ich möchte Kritiker, die im Vorfeld bereits befürchten, ich würde die Sendung stören, nicht bestätigen. Mein Ziel ist es, dass meine Gäste glänzen.

Das hört sich nach einer neuen Charlotte Roche an.

Roche: Wenn Menschen mich von meinem Buch her kennen, werden sie sich wundern. Sie werden mich nicht wiedererkennen.