Essen. Charlotte Roches Bestseller „Feuchtgebiete” erscheint in diesen Tagen auch im Land der Libertinage. Der Kultursender Arte versucht zu erkunden, wie unsere Nachbarn auf die Überschreitung der Ekelgrenzen reagieren werden.
Deutschland hat die Diskussion um Charlotte Roches „Feuchtgebiete” und den unfassbaren Erfolg des Tabubruchs ja nun langsam überstanden, aber Frankreich steht noch unmittelbar davor. Steht vor einer Debatte über Hämorrhoiden und Körperflüssigkeiten, über die Selbsterkundung der weiblichen Körperhöhlen und den Sinn von Intimrasuren. Deshalb widmet sich Arte in der Doku „Feuchtgebiete erforschen” (Do., 22.40 Uhr) nun den unterschiedlichen Wahrnehmungen der Deutschen und Franzosen, sei es auf gesellschaftlicher Ebene oder aus Sicht der ganz normalen Frau.
Schamhafter als die Deutschen
„Die Franzosen sind viel schamhafter als die Deutschen”, konstatiert etwa Schriftsteller Frédéric Beigbeder, der sich auf die Seite der Autorin schlägt. „Sie bekämpft genau wie ich die Werbung.” Dem pflichtet Harald Schmidt bei, er nennt den Roman einen „Schlag in die Perfektionsmaschine einer Heidi Klum”.
Das scheint ein wichtiger Aspekt zu sein, denn die Französinnen werden in der Heimat von Chanel und Dior mehr noch als die Deutschen vom Druck der Haute-Couture-Werbung beeinflusst, in der kein überflüssiges Körperhaar und kein Pickelchen zu sehen sein darf.
Die „Zones Humides”
Dies ist nicht der einzige Grund, warum es die „Zones Humides” schwer haben dürften, das Herz der Franzosen zu erobern. Denn während Deutschland das oft spitzbübisch grinsende, mädchenhafte Gesicht von Charlotte Roche aus dem Fernsehen kennt, ist sie dort ein Niemand.
Allerdings: Da man nun um das Potenzial des Buches weiß, wird es von vornherein von einer aufwändigen und ziemlich glatten Werbekampagne begleitet, die den Leser dann umso härter mit der Überschreitung von Ekelgrenzen konfrontieren dürfte.
Niemand ist begeistert
In der Dokumentation findet sich übrigens außer der Verlegerin keine einzige Französin, die annähernd so begeistert ist wie deutsche Leserinnen. Im Gegenteil: „Ich würde dieses Buch auf keinen Fall jungen Mädchen empfehlen”, fasst eine Frau zusammen. Sollte das Land der Libertinage, das schon den Marquis De Sade überlebt hat, hier an Grenzen stoßen? Oder traut sich keiner, öffentlich Sympathie zu bekunden? Verkaufszahlen werden darüber schonungslos Auskunft erteilen.