Berlin. . Das überraschende Aus von “Wetten, dass..?“ verschlägt Ex-Moderator Thomas Gottschalk die Sprache - jedenfalls fast. Das ZDF behält die Rechte - und denkt auch über eine Wiederaufnahme der Show nach. Und Markus Lanz hat ausgerechnet jetzt die Quotenwende geschafft.
Ende einer Ära: Der ZDF-Showklassiker "Wetten, dass..?" wird im Herbst nach drei letzten Ausgaben und fast 34 Jahren Laufzeit eingestellt. Der Sender reagiert damit auf sinkende Quoten und zunehmende Kritik. "Der Rückgang der Zuschauerzahlen zeigt, dass sich die Sehgewohnheiten verändert haben und das Format an Anziehungskraft verloren hat", erklärte ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler nach der Show am Samstagabend in Offenburg.
Dennoch saßen 6,84 Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen. Das waren eine Million mehr als noch in Februar, als mit 5,85 Millionen der historische Tiefstwert gemessen wurde. Für das Fernsehpublikum kam die Abschieds-Ankündigung überraschend. "Wir gehen jetzt in die Sommerpause und sehen uns am 4. Oktober wieder mit den letzten drei Ausgaben von "Wetten, dass..?"", sagte Moderator Markus Lanz (45) mitten im Schlussapplaus und hielt drei ausgestreckte Finger in die Kamera.
Der Erfinder der Show verweist auf die gute Quote
"Wetten, dass..?"-Erfinder Frank Elstner traf die Nachricht vom Aus der Show überraschend. "Wie der Zuschauer" habe er zum Ende der Sendung davon am Samstag erfahren, er sei dann aber ganz korrekt von der ZDF-Programmdirektion im Anschluss weiter informiert worden, sagte der 71-Jährige dem Radiosender SWR3. Er mache sich aber Gedanken, dass eine Sendung, die gerade 23,1 Prozent Marktanteil erzielt habe, eingestellt werde.
Ein Türchen ließ ZDF-Unterhaltungschef Himmler noch offen. Die Rechte an der Marke will der Sender behalten und gegebenenfalls auch wieder aktivieren, sagte er. "Das Konzept, das Frank Elstner Anfang der 80er Jahre für das ZDF erfunden hat, bleibt einzigartig", so Himmler. "Deshalb schließe ich nicht aus, dass es irgendwann noch einmal auflebt." Die Hauptredaktion Show arbeite jetzt an neuen Ideen für den Samstagabend.
Thomas Gottschalk trauert
Thomas Gottschalk (63), nach Elstner in 151 Ausgaben die zentrale "Wetten, dass..?"-Figur, reagierte im Gespräch mit "Spiegel Online" am Samstag spontan: "Dann hätte ich das Ding auch gleich selbst an die Wand fahren können." Am Sonntag zeigte er sich dann nachdenklicher: "Weder Häme noch Besserwisserei sind jetzt gefragt. Natürlich habe ich eine ganz besondere Verbindung zu "Wetten, dass..?" und kann eine leichte Wehmut nicht leugnen, finde aber im Moment keine rechten Worte, diese zitatfähig zu formulieren. Ich trauere, wie man so schön sagt, still. Und das will bei mir was heißen."
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Im Februar noch hatte Unterhaltungschef Oliver Fuchs optimistisch in die Zukunft geblickt und ein Winter-"Wetten, dass..?" ins Auge gefasst. Intendant Thomas Bellut indes trat vor einigen Tagen deutlich auf die Bremse, als er dem "Handelsblatt" sagte: "In diesem Jahr werden wir sehen, wie stark die Marke noch ist." Endgültig Schluss ist am 13. Dezember mit der 215. Ausgabe aus Nürnberg.
Eine "feine Familienunterhaltung" - ohne Zynismus und Sarkasmus
Lanz selbst bedauerte in einem nach der Show veröffentlichten Interview, dass "Wetten, dass..?" mit der Entwicklung der TV-Landschaft nicht mehr habe Schritt halten können. Die Show sei etwas, "was das deutsche Fernsehen eigentlich dringend braucht. Aber offenbar passt es im Moment wahrscheinlich nicht mehr so richtig in die Zeit." Diese sei doch ein bisschen kalt geworden. Lanz bezeichnete die Show als "feine Familienunterhaltung" ohne "Zynismus" und "Sarkasmus".
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Gekämpft hat er, das müssen auch seine Kritiker zugeben. Dass er dabei nicht immer eine glückliche Figur gemacht hat, weiß er inzwischen selbst. Nun hat Markus Lanz (45) am Samstagabend das Ende des ZDF-Dauerbrenners "Wetten, dass..?" vor laufender Kamera ankündigen müssen. Anderthalb Jahre zeigte die Quotenkurve nur nach unten. Kurioserweise stieg der Zuspruch am Samstag, als Lanz zum Showende in knappen Worten das Aus bekanntgab, auf fast sieben Millionen Zuschauer.
Lanz brachte sich ein - und kam nicht an
Doch der Druck auf den Moderator, der als Nachfolger von Thomas Gottschalk sein Amt im Oktober 2012 angetreten hatte, hatte sich unaufhaltsam in den vergangenen Monaten verstärkt. Zum einen rieb sich die Öffentlichkeit an seiner Spät-Talkshow im ZDF und seinem zuweilen als ruppig empfundenen Interview-Gebaren. So wurde zum Beispiel Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht Opfer seiner Gesprächsführung, bei der Lanz seinen Gast dauernd unterbrach.
Aber auch sein neuer Stil bei "Wetten, dass..?" kam nicht an. Präsentierte sich Gottschalk jahrelang noch als eleganter, weltgewandter Grandseigneur des Showgewerbes, versuchte sich der wuselige Lanz selbst mit allen Mitteln in die Show einzubringen, beteiligte sich mit vollem Körpereinsatz an Spielen und erzeugte damit Chaos. Seine ausländischen Gäste mokierten sich über die altbackene Art der Sendung, zum Beispiel Tom Hanks, und Klamauk-Profi Stefan Raab durfte unbehelligt seine neueste Erfindung, einen Duschkopf, der die Haare trocken lässt, präsentieren.
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Markus Lanz, der einen gemeinsamen Sohn mit RTL-Frau Birgit Schrowange hat und seit 2011 mit seiner neuen Partnerin Angela Gessmann verheiratet ist, ist bereits als Jugendlicher in seiner Heimat auf die Gipfel gestürmt, fürs ZDF hat er Grönland und das ewige Eis in der Arktis besucht - keine Herausforderung war ihm zu heikel. Doch an "Wetten, dass..?" biss er sich die Zähne aus und resignierte. Zweifelnde Töne kamen in einzelnen Interviews mit Zeitschriften durch, die Lanz in den vergangenen Monaten immer mal wieder als Plattform für seine öffentlichen Gedankenspiele nutzte.
Die Wucht der Öffentlichkeit war offenbar zuviel
"Ich werde mich nie an dieses Gefühl gewöhnen, ausgestellt zu sein wie im Schaufenster", sagte der smarte Medienmann, der seine Karriere bei Radio Hamburg startete und lange bei RTL "Explosiv" moderierte, im Winter zum Beispiel in einem Gespräch mit der Illustrierten "Emotion". "Wenn ich im Sommer auf einer Wiese sitze, denke ich, ich kann das alles beherrschen. Doch das ist eine Illusion. Öffentlichkeit kommt mit einer ungeheuren Wucht daher."
Dieselbe Wucht hat ihn, den das ZDF einst als Gipfelstürmer einkaufte, bei der sicheren Eroberung des deutschen Fernseh-Olymps, nämlich "Wetten, dass..?", gebremst. Für Lanz selbst dürfte die Rückzugsentscheidung, die er und das ZDF nach der Mitteilung vom Samstag gemeinsam trafen, ein Befreiungsschlag sein.