Düsseldorf. Ein Moderator auf Bewährung - man war gespannt, wie Markus Lanz den Wirbel um seine Person weggesteckt hat. Bei der “Wetten, dass .....“-Show aus Düsseldorf bekam der angeschlagene Talkmaster Hilfe von Gästen, die seinen Job übernahmen. Genutzt hat es wenig - die Zuschauer-Quote ist im Rekordtief.
Pharell Williams schaut ungläubig. Er trägt dabei eine gelbe Sportjacke und einen sich hoch auftürmenden, grauen Filzhut, deshalb sieht das noch einmal besonders bemerkenswert aus. Der US-amerikanische Musiker ist eines der Highlights der Düsseldorfer Ausgabe von „Wetten, dass...?“ am Samstag, entsprechend lange hat das ZDF ihn sich aufgespart in der Showdramaturgie und entsprechend voll ist schon das Promisofa, als Moderator Markus Lanz seinen Gast platzieren will. „Schöner Hut“, sagt Lanz, es folgte eine peinliche Pause, wie man sie sonst nur von Fahrstuhlfahrten mit halbbekannten Kollegen kennt. „Weißt du eigentlich, wo du gerade bist? Und dass gerade viele Menschen zuschauen?“ Williams weiß: Düsseldorf, bei der Zahl musste er nachfragen. „Vielleicht sechs...sieben...acht...Millionen“, antwortet Lanz. Williams schaut also ungläubig unter dem Hut (den er schon bei der Grammy-Verleihung vor einigen Wochen getragen hatte und zu einem guten Zweck versteigern will) und stellt fest: für so viele Menschen müsse man sich aber besonders Mühe geben.
Erste Hilfe von einem aufgeweckten Jungen
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Er läuft also vor den Rängen herum, fordert die Zuschauer auf, aufzustehen und mitzusingen bei seinem aktuellen Song „Happy“ und offenbar ungeplant springt ihm ein weiterer Nicht-Lanz zu Hilfe: der neunjährige Leandro Palme, der zuvor die Kinderwette gewonnen hat (mit dem Breakdance-Move „Wormdance“ 40 Luftballons zum Platzen bringen). Das Publikum ist etwas zu hüftsteif, um William’ Aufforderung nachzukommen und auf die Bühne zu strömen, dafür ist der junge Tänzer – der sich offenbar hinter der Bühne von seiner Mutter losgerissen hat oder im rechten Moment von ihr losgeschickt wurde – die ganze Zeit aktiv, hüpft, tanz, wirbelt neben dem Star herum. Williams ist begeistert und verspricht, hinter der Bühne mit ihm ein Foto zu machen. Es sind Momente wie diese, in denen es nicht um Lanz geht, in denen nicht Lanz für die Unterhaltung sorgen muss - und die Sendung funktioniert.
Die Lockerheit im durchdeklinierten Abendablauf simulieren, das ist ja im Grunde immer die Aufgabe eines Moderators, vor allem wenn es um Dimensionen geht wie bei „Wetten, dass...?“. Markus Lanz ist das bei der Wettshow in der Vergangenheit oft merklich schwergefallen, am schwersten sicherlich bei der Karlsruher Ausgabe im Januar. Nur 6,3 Millionen Zuschauer hatten sie verfolgt – die schlechteste Quote seit Beginn der Sendung.
Moderation auf Bewährung
Und Lanz moderierte auf Bewährung, nachdem die Kritik an seinen Umgangsformen unüberhörbar laut geworden war, weil er in seiner Talkshow „Lanz“ die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht unter Vernachlässigung jeder Höflichkeit hart ins Verhör genommen hatte. Eine Online-Petition, die seine Entlassung forderte („Raus mit Markus Lanz aus meinem Rundfunkbeitrag!“), wurde immerhin 230.000 Mal unterschrieben.
Sein bester Gag in Karlsruhe: „Wenn Sie sagen: Ich bin Karlsruher und mir stinken diese Baustellen, dann machen Sie entweder eine kleine Online-Petition oder kommen Sie einfach hierher zu uns” Sein traurigster Gag in Düsseldorf: Als er mit dem berufsjungen Moderatoren-Duo Joko Winterscheidt und Klaas Heuer-Umlauf („Zirkus Halligalli“) spricht und Klaas erwähnt, seine Oma wünsche sich eine frühere Sendezeit für „Lanz“, empfiehlt er: „Ich hab da gerade Erfahrungen mitgemacht, vielleicht versucht sie es mal mit einer Petition.“
Lanz als Resteverwerter seiner selbst
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Lanz als Resteverwerter seiner Selbst, als devoter Schattenmoderator, das hätte schiefgehen können. Doch dieses „Wetten, dass...?“ ist gespickt mit Gästen, die abschnittsweise seinen Job übernehmen: Joko und Klaas, die ja auch einmal im Gespräch waren als Nachfolger von Thomas Gottschalk, gleich als erste Gäste, die Lanz vor Augen führen, wie die betont juvenile Art glaubhaft funktioniert: Klaas etwa, der den Showkoch Christian Rach auf dem Gästesofa interessierter und interessanter befragt, als Lanz es tut. Und als er seine Wette verliert – anders als Joko hat er geglaubt, dass sechs Hamburger Feuerwehrmänner ein Feuerwehrfahrzeug allein mit Lungenkraft ansaugen und über 30 Meter ziehen können – und als Einsatz ein Halbaktbild in Feuerwehrmannkluft zwischen kitschiger Feuerdeko machen muss, trägt er es halbwegs mit Fassung und erklärt beim letzten Bildmotiv: „Dann leck ich meine Axt für Markus Lanz.“
Auch Christoph Maria Herbst entblödet sich auf äußerst angenehme Art: Er beginnt plötzlich, den Song zu seinem „Stromberg“-Film zu singen. „Lass das mal den Papa machen, der Papa kann das gut“, trällert er, teilt im Superman-Shirt auf dem Sofa sitzend ein bisschen aus (zu Klaas: „Ich muss wirklich sagen: Du kannst alles tragen. Dir steht nix.“) und pariert vor allem Lanz’ onkelhaften Ton sehr vorbildlich: „Wie kriegt man das hin, dass so ein Hintern von Mensch so viele Freunde hat?“, fragt der. Darauf Herbst: „Hintern von Mensch? Ach du meinst: so ein Arschloch.“
Hilary Swank sorgt für den Glamour-Faktor
Für den Hollywood-Glamour sorgt Schauspielerin Hilary Swank, die keinen aktuellen Film zu bewerben hat und deshalb einfach mal grundsätzlich davon erzählen darf, wie das so ist, wenn man zwei Oscars gewinnt (für „Boys Don’t Cry“ und „Million Dollar Baby“) – was immerhin 14 beziehungsweise neun Jahre her ist. Sie bringt den „Ich kenne euch alle nicht aber finde euch grundsätzlich mal wunderbar“-Faktor in die Show, für den internationale Gäste ja immer gern gut sind, wenn sie nicht gerade wie Tom Hanks vor zwei Jahren Häschenohren aus Plüsch tragen müssen. Und sie erzählt, wie sie als Teenager mit ihrer Mutter und nur 75 Dollar in der Tasche nach Los Angelese gezogen ist, um Schauspielerin zu werden, im Auto gelebt hat und für ihre Rolle in „Boys Don’t Cry“ nur 3000 Dollar Gage bekam. „Auch das macht diese Sendung möglich: einmal so eine Geschichte zu hören“, preist Lanz.
Wettkönige und damit Gewinner von 50.000 Euro werden am Ende die Brüder René und Simon Lass, die blaue Wände hochspringlaufen, um in 3,50 Metern Höhe Nägel hineinzuhauen und mit einem weiteren Sprunglauf jeweils ein Bild daran hängen. Letzter werden zwei Amateurfußballer, die drei aus 21 Mannschaftskameraden an ihren Wadenhaaren auf Wachstreifen erkannt haben. Die übrigen Plätze teilen sich der Münchner Neurowissenschaftler Boris, der sich 20 Zauberwürfel eingeprägt hat, um einen davon blind innerhalb von 3,5 Minuten zu lösen – was auch beinahe klappt –, der österreichische Teilnehmer Konrad, der Hirsche und deren Alter aus abgeworfenen Geweihstangen erkennt, und die Feuerwehrtruppe.
Stadtwette verloren - und an Quote ebenfalls
Die Stadtwette verliert Markus Lanz: Düsseldorfs Bewohner schleppen genug Kamelle heran, um auf einer monströsen Waage eine 1048 Kilo schwere Prinzengarde aufzuwiegen. Am Sonntagmorgen wird er 8.30 Uhr am Düsseldorfer Rathaus die Pferde des Prinzenpaares striegeln. Das muss er dann ganz alleine hinbekommen.
Geholfen hat ihm die Unterstützung seiner Gäste nicht: Wetten dass...?" ist weiter im Sinkflug: Die Show lockte nur 5,85 Millionen Menschen (19,3 Prozent Zuschaueranteil) vor den Bildschirm. Damit fiel die Zahl erstmals unter 6 Millionen Zuschauer. Die letzte Ausgabe im Januar hatten noch 6,31 Millionen Menschen eingeschaltet, was damals schon Negativrekord war.
Wetten, dass ...