Mainz. . Er hat es vermasselt. Markus Lanz verbrauchte den Bonus als Gottschalk-Nachfolger allzu schnell. Stattdessen reihten sich Pleiten, Pech und Pannen bei „Wetten, dass..?“. Das aktuelle All-Zeit-Tief von der einstmals größten TV-Show Europas ist ein Signal. Das ZDF sollte reagieren.
Das Schlimmste, was Showleuten passieren kann, ist, wenn sie nicht mehr wahrgenommen werden. Sagen Spötter. Daraus ließe sich schlussfolgern: Egal, ob die Schlagzeilen gut oder schlecht sind – jede PR ist gute PR. Im Fall Markus Lanz hieße das: Der ZDF-Moderator hat es beim verunglückten Gespräch mit Sahra Wagenknecht auf einen Eklat ankommen lassen, in der Hoffnung, der absehbare öffentliche Aufruhr komme seinem Auftritt bei „Wetten, dass..?“ zugute. Sollte das tatsächlich Lanz’ Motiv gewesen sein: Das Kalkül ging nicht auf. Im Gegenteil: Ausgerechnet in der zuschauerstärksten Zeit des Jahres fuhr Lanz die schwächste Quote aller Zeiten ein. Das schlechteste Ergebnis seit 1981. In allen Zielgruppen, bei den Jungen wie bei den Alten.
Dabei spielt es keine Rolle, dass „Wetten, dass..?“ am Samstagabend vom „Dschungelcamp“ abgehängt wurde. Viel schlimmer ist, dass der aufwendige Showklassiker weniger Zuschauer lockt als eine routinierte Serie wie „Der Bergdoktor“, übrigens ebenfalls eine ZDF-Produktion.
Die Botschaft ist fatal: Das Publikum ist dabei, das einst größte Lagerfeuer der deutschen Fernsehunterhaltung auszutreten. Lanz verbrauchte den Bonus des Neuen bei seinem Start vor zwei Jahren allzu schnell. Und jetzt zeigt sich, dass die Schuhe seines Vorgängers Thomas Gottschalk für den Gaudiburschen aus Südtirol zu groß sind. Der Nachfolger des langen Blonden kam nie in Tritt.
Kein Witz, kein Charme und auch keine guten Ideen
Er überzeugte nicht. Kein Witz, kein Charme und – siehe Fehlgriff Cindy – keine guten Ideen. Der auf brav gebürstete Auftritt des 44-Jährigen in Karlsruhe war lanzweilig. Er wäre vor drei Jahren gut beraten gewesen, das Angebot des ZDF, den Gottschalk zu beerben, abzulehnen. Nicht nur, weil Lanz dritte Wahl war. Hape Kerkeling und Jörg Pilawa sahen mehr Risiken als Chancen, als ihnen das ZDF die Gottschalk-Nachfolge anbot. Sie behielten recht.
Das Zweite wiederum muss sich fragen lassen, warum es Europas einstmals größte TV-Show nicht schon früher – etwa zu Gottschalks Sechzigstem – mit einem großen, ehrenvollen Finale beendet hat. Die TV-Sause ist ein Überbleibsel der Vergangenheit, das Konzept hat keine Zukunft.
Das Zeitalter der großen Samstagabend-Show ist vorbei
Allein deshalb, weil Gottschalk und „Wetten, dass..?“ spätestens seit Wolfgang Lipperts verpatztem Zwischenspiel in den 90ern eine untrennbare Einheit waren.
Und noch etwas: Das Zerbröseln des Fernsehdenkmals weist über den Einzelfall hinaus. Es steht für eine grundsätzliche Entwicklung. Die Zeit der großen Samstagabend-Unterhaltung ist vorbei. „Schlag den Raab“ ist nicht der Gegenbeweis, sondern die Ausnahme von der Regel.
Der Abwärtssog von „Wetten, dass..?“ ist fatal. Der glamouröse Wanderzirkus „Wetten, dass..?“ rechtfertigt sich vor allem durch seine Reichweite. Doch die Ausgabe in Karlsruhe war zwar ein teuerer Spaß, aber nur ein billiges Vergnügen.
Das Publikum läuft Lanz davon. Es will einem TV-Dino nicht beim Sterben zusehen. Das ZDF sollte sich selbst, dem Moderator und den Gebührenzahlern ein qualvolles Dahinsiechen von „Wetten, dass..?“ ersparen – mit einem Schlusspunkt, der beim Publikum in guter Erinnerung bleibt.