Essen. Das Kinder-Castingformat The Voice Kids startet am Freitag auf Sat.1. Acht- bis 14-jährige Kinder sind die Kandidaten auf der Bühne. Einige Kinder in der ersten Folge sorgen mit ihren Stimmen für Gänsehaut und für Tränen bei den Erwachsenen. Aber es gibt auch Kritik am Kinder-Casting im Fernsehen.
Laura singt. Das Publikum schweigt. Haare auf dem Unterarm stellen sich auf. Gänsehaut-Gefühl. Tränen in den Augen. Diese zarte und zugleich kräftige, klare Stimme. "I Will Always Love You" - bis zur Unkenntlichkeit verschandelt in unzähligen Casting-Sendungen, Laura singt es mit Bravour. Sie steht auf der Bühne, die Coaches sitzt mit dem Rücken zu ihr. Hinter ihnen auf der Bühne steht ein kleines blondes Mädchen. Ein kleiner Teddybär schaut aus der Jackentasche. Laura ist 13 Jahre alt. Laura singt bei The Voice Kids.
"Du weißt, das war der verbotene Song. Den darf man nicht singen, weil er unsingbar ist", erklärt Sänger Tim Bendzko nach dem Auftritt dem Mädchen, das ihn mit großen Augen durch ihre kleine Brille anschaut. Tim Bendzko, Lena Meyer-Landrut und Henning Wehland sind die Coaches bei The Voice Kids.
Laura muss sich jetzt entscheiden, in welches Team sie will, zu welchem Coach. Hier funktioniert The Voice Kids ähnlich wie das Pendant für Erwachsene.
Mini-Ausgabe von The Voice of Germany - große Show, kleine Sänger
The Voice Kids ist die Mini-Ausgabe von The Voice of Germany und startet am Freitag bei Sat.1. 71 Kinder zwischen acht und 14 Jahren treten an. Insgesamt wird es sechs Folgen geben. Die Qualität der Kandidaten ist hoch. Viele tolle Sänger sind dabei. Es mag viele Zuschauer geben, die sich davon unterhalten fühlen. Große Show, kleine Sänger. Kann da aus Quoten-Sicht etwas schiefgehen?
Was nicht vergessen werden darf: Hier stehen immer noch Kinder auf der Bühne. Sie haben oft den Traum von der großen Karriere als Sänger. Es bleibt zu hoffen, dass mit ihren Träumen nicht gespielt wird. Alle Beteiligten der Produktion versichern, dass mit The Voice Kids keine Quote auf Kosten der Kinder gemacht werden soll, dass keine ambitionierten "Eislaufmütter" die Kleinen auf die Bühne zwingen. Es gäbe zudem einen Psychologen am Set.
Die Kritik sei doppelmoralisch, kurzsichtig und Augenwischerei
Henning Wehland, Coach bei The Voice Kids und Mitglied der Gesangsgruppe "Söhne Mannheims", meint zu der Kritik: "Ehrlich gesagt: Argumente wie "auf dem Rücken der Kinder darf kein Profit gemacht werden" halte ich für doppelmoralisch, kurzsichtig und empfinde sie als Augenwischerei. Wo waren die Aufschreie als Radost Bokel Momo spielte? Als Steffi Graf mit 13 Jahren Tennisprofi wurde? Es geht nicht um das "ob", sondern um das "wie". Es fehlte bisher einfach an einem guten Sendekonzept."
Henning Wehland weiter: "Ich bin der Meinung, dass The Voice Kids das nachhaltigste und glaubwürdigste Talentscouting überhaupt darstellt. Hier wird kein Superstar-Status versprochen, keine Welt-Karriere suggeriert." Klar wisse man nicht immer, "wie viel Druck von ambitionierten Eltern ausgeübt wird und ob das Kind so weit es geht selbstbestimmt ist."
Nick Howard ist "The Voice"
"Er ist so zuckersüß", schluchzt Sängerin Lena Meyer-Landrut
In der ersten Folge von The Voice Kids weinen vor allem die Erwachsenen - hinter und vor der Bühne. Müttern rinnen dicke Tränen des Stolzes über die Wangen. Und Coach Lena Meyer-Landrut kann sich nach dem Auftritt eines kleinen Jungen, der nicht in die nächste Runde kommt, nicht mehr halten. Alle Tränen müssen raus. "Er ist so zuckersüß", schluchzt die Sängerin, springt vom Jury-Stuhl auf und rennt hinter die Bühne, um den kleinen Jungen noch einmal zu drücken.
Überhaupt sind die Coaches viel in Bewegung. Henning Wehland läuft nach dem Auftritt der 13-jährigen Maira auf die Bühne und singt ihr am Klavier ein Lied, sie solle in sein Team kommen. Bei einigen Auftritten springen die Coaches von den Stühlen auf - vor Begeisterung. Lena Meyer-Landrut kniet vor den kleinen Talenten nieder. Viele Stimmen der Kinder sind wirklich überraschend gut und außergewöhnlich.
Alle sind einfach "krass" und "toll" - auch wenn sie nicht weiterkommen
Die Coaches gehen gut auf die Kinder ein. Kein kompliziertes Fachsimpeln. Hier sind alle einfach "krass", "toll" oder "zuckersüß" - auch wenn sie nicht in die nächste Runde, zu den Battles, eingeladen werden. Scherzhaften Krieg zwischen den Coaches gibt es auch hier, wie im Format für die Erwachsenen. Im Kampf um die besten Sänger wird auch mal dem Mit-Coach der Stinkefinger gezeigt - allerdings erst, als das Kind die Bühne verlassen hat.
Potenzial zum Polarisieren hat vor allem eine: Lena Meyer-Landrut. Sie sitzt selten still und kostet manchem Zuschauer einige Nerven. Etwa, wenn sie auf ein kleines Mädchen zustürmt und freudig quietscht: "Das war so toll!" Die einen mögen es peinlich finden, die anderen für einen kindgerechten Umgang halten.
Bitte ohne Inszenierung von kleinen Rockern und Feen
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Im Vergleich mit DSDS Kids kommt die erste Folge von The Voice Kids weniger inszeniert daher. Die Kinder werden nicht zurechtgemacht auf eine Bühne gestellt. Es gibt keine Backround-Show mit Tänzern oder Feuer - was aber auch am Format der Blind Auditions liegt. Es bleibt zu hoffen, dass auch in den nachfolgenden Sendungen von The Voice Kids die Stimme der Kinder im Vordergrund steht und nicht ihre Inszenierung als kleine Rocker oder kleine Feen mit großen leuchtenden Flügeln.
DSDS Kids endete mit einer Quoten-Flaute. Nur 2,3 Millionen Zuschauer sahen die Endrunde im vergangenen Mai. The Voice Kids muss am Freitag um 20.15 Uhr gegen harte Quoten-Konkurrenz ran. Denn zeitgleich startet auf RTL das Promi-Tanzen Let's Dance.
Im Berliner Fernseh-Studio weiß die 13-jährige Laura, was sie will. Und das ist Balladen-Singen. "Wer von euch hat schon die meisten Balladen-Singer im Team?", fragt sie frech und entscheidet sich dann für das Team von Lena Meyer-Landrut mit den Worten: "Wir Frauen müssen zusammenhalten." Lauras Mutter, die hinter der Bühne steht, laufen Tränen über die Wangen.