Essen/Köln. Am 5. Mai startet RTL sein “DSDS Kids“ - und schon vor dem Start fängt sich der Sender massiven Gegenwind ein. Der Kinderschutzbund warnt davor, Kinder “hilflos in den TV-Wahnsinn“ zu schubsen. Und auch Promis äußern Kritik am “Deutschland sucht den Superstar“ für Vier- bis 14-Jährige.

RTL will nach eigener Aussage "Kinderträume wahr machen". Für Kinderschützer dagegen ist "DSDS Kids" schon vor der ersten Ausstrahlung ein echter Alptraum. Am 5. Mai startet der Privatsender seine Kinderausgabe von "Deutschland sucht den Superstar". Es gehe um ein "einmaliges Erlebnis für Kinder und Eltern", betont RTL vorab. Für den Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) dagegen steht fest: "Kinder haben bei 'Deutschland sucht den Superstar' nichts zu suchen." Bereits kurz nach Bekanntwerden der Pläne für die Kindershow riet DKSB-Präsident Heinz Hilgers Eltern davon ab, ihre Kinder dort anzumelden.

Sein Appell ist nicht überall angekommen. Tausende ehrgeizige Eltern haben offenbar kein Problem mit der Vorstellung, ihre Kinder auf die ganz große Fernsehbühne zu schicken: Mehr als 20.000 Bewerbungen seien innerhalb von zwei Wochen eingegangen, gab RTL am Donnerstag bekannt. Und noch bis Samstag könnten Eltern ihre Kinder auf der RTL-Homepage für "DSDS Kids" anmelden. Die Castings werden dabei, anders als bei der großen Show-Schwester DSDS, nicht gezeigt. Stattdessen gebe es "vier unterhaltsame Primetime-Shows mit großen Emotionen und viel Spaß", teilt der Sender mit.

Shows von "DSDS Kids" werden vorab aufgezeichnet

Zurück bei DSDS: Vor gut zehn Jahren moderierte Michelle Hunziker
Zurück bei DSDS: Vor gut zehn Jahren moderierte Michelle Hunziker "Deutschland sucht den Superstar". Jetzt sitzt sie mit Dieter Bohlen und Dana Schweiger in der Jury von "DSDS Kids". © Getty

So soll "DSDS Kids" ablaufen: Aus den Bewerbern werden 30 Kinder ausgewählt, die in den aufgezeichneten Sendungen auf der Bühne stehen. Die Jury - neben Dieter Bohlen werden Dana Schweiger und Michelle Hunziker sitzen - beurteilt die Auftritte. Übers Weiterkommen sollen indes allein die Zuschauer per Telefonabstimmung entscheiden. Zehn der jungen Kandidaten treten schließlich im Finale an. Der Gewinner bekommt laut RTL ein Ausbildungs-Stipendium sowie ein Preisgeld, mit dem der Gewinner seiner Schule und den Mitschülern einen Wunsch erfüllen könne.

RTL weiß wohl um die Bedenken, die das Kinder-Casting auslöst. Bei DSDS ist Dieter Bohlen für seine vernichtenden Beurteilungen bekannt. Bei "DSDS Kids" soll das anders sein, beteuern jetzt alle Beteiligten immer wieder. "Die Jury wird den Kleinen ein kindgerechtes und empathisches Feedback geben", verkündet die Presseabteilung des Senders. Und zitiert Chefjuror Bohlen: "Natürlich wird ein Poptitan das Ohr mal zudrücken, wenn der ein oder andere Ton nicht gestimmt hat." Bei "DSDS Kids" solle es "in erster Linie nicht um knallharte Leistung gehen". Er wolle "den kleinen Künstlern und ihren Eltern tolle Momente schenken, die sie in ihrem ganzen Leben nie vergessen werden", sagt Bohlen.

Für RTL gibt es bei der Show "nur Gewinner"

Beruhigt ist man beim Deutschen Kinderschutzbund ob der Beteuerungen allerdings nicht. "Es geht bei der Show nicht um Kinder", befürchtet Nicole Vergin, Sprecherin des DKSB in NRW. "Es geht um ehrgeizige Eltern, die über ihre Kinder ihre eigenen Träume ausleben." Und RTL wolle mit der Sendung bloß seine Quote aufbessern. "Was", fragt Vergin, "soll daran kindgerecht sein?" Bei älteren Kindern, den Zwölf- oder 13-Jährigen etwa, könne man noch darüber diskutieren, ob sie auftreten sollten. "Aber welches vierjährige Kind hat ernsthaft den Wunsch, vor einem Millionenpublikum auf der Bühne zu stehen?"

Dana Schweiger findet
Dana Schweiger findet "es richtig, die Talente von Kindern frühzeitig zu fördern". Sie freue sich auf die Arbeit in der Jury von "DSDS Kids". © Getty

Ob die Jury bei "DSDS Kids" zahm und freundlich zu den Kandidaten sei, sei dabei "nicht erheblich", findet Nicole Vergin. Und auch wenn RTL nicht müde wird zu betonen, dass es - O-Ton Dieter Bohlen - "nur Gewinner, keine Verlierer" gebe, stehe fest: "In der Show werden Kinder aussortiert. Wie sollen sie mit dem Frust umgehen?"

Alec Völkel wird beim Gedanken an "DSDS Kids" schlecht

Eda Kanber, Fachberaterin für Medienkompetenz beim Kinderschutzbund in NRW, formuliert es noch drastischer: Die jungen Kandidaten würden "unter Druck aufpoliert, regelrecht gestresst und hilflos in den TV-Wahnsinn geschubst", schreibt sie im Blog des DKSB NRW. "Viele Eltern mögen ihre Kinder für dieses Casting anmelden, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was das genau bedeuten kann. Sind sie einmal im TV-Strudel angekommen, ist ein Entkommen nicht mehr möglich."

Manch ein Promi sieht das ähnlich. Ihm schwelle der Kamm, wenn er an "DSDS Kids" denke, sagte Boss-Hoss-Sänger Alec Völkel in einem Interview mit der Zeitschrift "in". Er hat selbst als Coach bei "The Voice of Germany" an einer Castingshow mitgewirkt. Die DSDS-Kinder-Variante finde er "zum Kotzen", sagt Völkel in dem Interview. "Erst verdirbt Bohlen die armen Teenager, und jetzt sind die Kinder dran."

Dana Schweiger will "Kinder frühzeitig fördern"

Dieter Bohlens Jury-Kolleginnen dagegen stimmen mit ein ins Lied von der fröhlichen Kinder-Fernseh-Party zur Förderung des talentierten Nachwuchses. "Ich liebe Kinder und wir werden sie in der Jury sehr unterstützen, so dass sie sich bei uns wohlfühlen und ihr Talent zum Vorschein bringen können", sagt Michelle Hunziker.

Und Dana Schweiger erklärt, dass sie als Mutter von vier Kindern wisse, "wie viel Spaß Kinder haben, neue Dinge auszuprobieren und spielerisch ihre Talente und sich selbst zu entwickeln. Das fördert ihr Selbstbewusstsein." Sie "finde es richtig, die Talente von Kindern frühzeitig zu fördern", sagt die Ex von Schauspieler Til Schweiger. Die eigene Familie macht's schließlich vor. Emma, jüngster Spross des Schweiger-Clans stand schon mehrfach mit Papa Til vor der Kamera. Beim ersten Filmauftritt in "Keinohrhasen" war sie fünf Jahre alt.

Lesen Sie hier einen Kommentar zum Thema: Warum "DSDS Kids" ebenso überflüssig wie falsch ist