Köln. Die 33-Jährige spielt die Kommissarin in „Schneewittchen muss sterben“, einer Verfilmung des Romans von Nele Neuhaus. Der Krimi ist am Montagabend um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen. Im Interview spricht Felicitas Woll über den Film, Märchen und vieles mehr.

Ein Kaffee vorweg, und dann geht’s los. Unbefangen, offen und ehrlich wirkt Felicitas Woll (33) beim Gespräch mit Jürgen Overkott in einem Kölner Hotel über ihre Rolle als Kommissarin in der Nele-Neuhaus-Verfilmung „Schneewittchen muss sterben“ (Montag, ZDF, 20.15 Uhr).

Ihre Kommissarin zeichnet sich durch gute Menschenkenntnis aus. Gilt das auch für Sie?

Felicitas Woll: Ich beobachte. Mein Beruf bringt mir viel Menschenkenntnis, weil man so viele Menschen trifft. Man guckt ihnen zunächst mal nur vor den Kopf, aber beim zweiten, dritten Treffen kann man auch dahinter sehen. Inzwischen kann ich die Leute schon ein bisschen analysieren und herausfinden, wie sie ticken. Und wenn ich dann noch nach dem Sternzeichen frage, weiß ich Bescheid.

Man sagt ja, der erste Eindruck zählt.

Woll: Oft ja, oft nein. Der zweite, manchmal sogar der dritte, vierte Blick ist nötig, um wirklich hinter die Fassade eines Menschen zu gucken. Viele Menschen sind wunderbare Schauspieler….

Sie meinen nicht Ihre Kollegen.

Auch interessant

Woll: Nein, nein, mit der Branche hat das nichts zu tun. Es gibt so viele Menschen, die sich perfekt verkaufen können, Menschen, die nach außen etwas verkaufen, was mit ihrem Inneren überhaupt nicht übereinstimmt. Sie spielen einem eine Kraft und ein Selbstbewusstsein vor, die sie überhaupt nicht haben. Ich denke ja eher: Sei lieber so, wie Du bist. Aber ich glaube, diese Schauspielerei hat auch etwas mit unserer Zeit zu tun. Unser Leben ist schneller geworden, da muss man mit, Kontakte werden schneller geschlossen. Man baut sich da oft eine Fassade auf, auch um sich selbst zu schützen. Deshalb ist es auch schwieriger, Menschen zu durchschauen.

Der Filmtitel „Schneewittchen muss sterben“ klingt nach Märchen. Sind Märchen für Sie und Ihre Tochter ein Thema?

Woll: Oh ja, meine Tochter ist schon lange im Märchenalter. Sie hat sich schon früher für Werwölfe, Geister und Märchen interessiert. Sie fängt an, sich mit Angst auseinanderzusetzen. Sie erzählt Kindern in ihrer Klasse von Werwölfen, und die kriegen die Panik.

Märchen können brutal sein.

Woll: Das habe ich festgestellt, als ich angefangen habe, Märchen bewusster zu lesen. Aber Märchen sind eben super Lehrmaterial, um sich mit seinen eigenen Ängsten auseinanderzusetzen, mit Eitelkeit, mit Neid, mit Missgunst, mit bösen Energien. Man kann sich als Prinzessin fühlen, zugleich aber auch wissen, dass man ein Biest sein kann.

Welches Märchen mag Ihre Tochter am meisten?

Woll: Ich glaube, Aschenputtel. Das Mädchen, das im Ruß sitzt, und dann hinterher Prinzessin wird.

Und Ihr Favorit?

Woll: Ich liebe ja die Märchenverfilmungen, und ich finde es toll, wie viele Kollegen sich nicht zu schade sind, dabei mitzuspielen. Besonders toll fand ich „Allerleirauh“, die Kostüme toll, die Schauspieler toll, und wenn der Prinz schön ist, gucke ich noch lieber zu.

Märchen-Stoffe sind im Trend. Denken Sie an „Grimm“ bei Vox! Haben Sie eine Idee, warum Märchen wieder so wichtig geworden sind?

Woll: Ich glaube, Märchen waren immer Thema. Sie sind ja die Basis von vielen Filmen, von Verwandlungsgeschichten, vom Guten zum Bösen oder anders herum, das Finden der Liebe. Bei unserem Film müssen wir aufpassen, dass er nicht zu sehr Märchen wird, sondern dass er immer noch Krimi bleibt, wenn das Verwunschene auf das knallhart Berechnende trifft.

War „Berlin, Berlin“ auch ein Märchen?

Woll: Absolut! Vom Drehen her war’s ein Märchen, aber auch von den Geschichten her. Wir konnten uns Schlösser bauen und Drachen besiegen.

Haben Sie sich bei „Berlin, Berlin“ als Prinzessin gefühlt?

Woll: Nö, eher als Unke, die wach geküsst werden wollte.

Wie hat sich Ihr Leben durch „Berlin, Berlin“ verändert?

Woll: Das war die beste Zeit. Das war ein Knaller. Am Anfang hatten wir überhaupt keine Ahnung, wir haben einfach gedreht, und plötzlich war die Serie Kult, ein Hype.

Und es so schwer, etwas zu drehen, über das die Leute auf der Straße reden.

Woll: Deshalb finde ich Serie ja auch so toll. Oder eine Reihe. Weil man einen Charakter über eine längere Zeit erzählen kann. Die Zuschauer können sich reinfinden. Sie wollen wissen, wie es weitergeht. „Berlin, Berlin“ war ein Sprungbrett, dann kam „Dresden“, und dann kam das Kind. Und dann war da plötzlich Stille. Da habe ich mir schon die Frage gestellt, wie geht es jetzt weiter. Und ich habe auch Druck gespürt, muss sich jetzt wieder super Leistungen bringen – oder kann ich mich entspannen. Nach dem Motto: Wir gucken einfach mal, was passiert – ich habe mir einen Namen erarbeitet.

Wie sind Sie mit der Herausforderung umgegangen?

Woll: Ich war noch so jung. Ich habe gar nicht groß darüber nachgedacht, ich habe es einfach passieren lassen. Am Anfang gab’s Lametta, Konfetti, und das war sooo toll, das war ein richtiges High-Gefühl. Das hat lange angedauert.

Haben Sie die Ruhe nach der Aufregung irgendwann genießen können?

Woll: Ja, habe ich. Ich war nie mit einem wahnsinnigen Ehrgeiz dabei, ich wollte nie Kult sein, nie wahnsinnig berühmt. Ich bin einmal vor einem Hotel fotografiert worden, als ich mich mit einem Freund treffen wollte, und daraus wurde gleich eine Riesen-Liebesgeschichte gemacht. Ich dachte, wie schrecklich, da hat jemand auf der anderen Straßenseite auf mich gewartet, Fotos gemacht und dann eine Zeitung verkauft. Mag sein, dass das in Amerika alles noch schlimmer ist. Aber es ist schon komisch, wenn Du auf der Straße immer angesprochen, immer angefasst wirst. Weil es heutzutage Handys mit Video-Funktion gibt, wirst Du ständig mit dem Thema konfrontiert. Gott sei Dank hat es sich inzwischen beruhigt. Ich kann wieder durch die Straßen gehen, ganz normal einkaufen, mein Leben genießen und trotzdem diesen Beruf ausüben.