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Zwei Menschen, eine Vision: der „pferdelose Wagen“. Carl und Bertha Benz haben ihn verwirklicht – gemeinsam. Was für ein Paar, das 1872 heiratete, in doppelter Hinsicht revolutionär war. Ein Mann, der als Konstrukteur den „Motorwagen“ entwickelte und eine Frau, die dessen Fahrtauglichkeit unter Beweis stellte: 1888 bei einer knapp 13-stündigen (!) Reise von Mannheim nach Pforzheim, mit ihren Söhnen Eugen und Richard. Der Film „Carl & Bertha“, Montag in der ARD (20.15 Uhr) zu sehen, zeigt mehr als nur ein Stück Automobilgeschichte.

Die große Liebe von Carl (1844 - 1929) und Bertha Benz (1849 - 1944), die es auch im wahren Leben gab und die so viel bewegte, ist glänzend erzählt. Der Erfinder, der 15 Jahre lang in seiner für den Film schön nachgebildeten Werkstatt an seinem Traum feilt, wird hervorragend gespielt von Ken Duken. Und Felicitas Woll ist eine große Bertha Benz.

Diese ist die Tochter eines mit Immobiliengeschäften zu Wohlstand gekommenen Zimmermanns in Pforzheim. Eine selbstbewusste, in ihrem Denken und Handeln unabhängige Frau. Emanzipiert würde man heute sagen. Eine, die aus der Rolle fiel, welche man einer Frau im späten 19. Jahrhundert zuschrieb. Bertha, damals noch Fräulein Ringer, lehnt eine „Geldheirat“ ab, die ihr ein finanziell sorgenfreies Leben garantiert hätte.

Stattdessen entscheidet sie sich für Carl Benz, der ihr vom „pferdelosen Wagen für jeden“ vorschwärmt. In den Augen der meisten Zeitgenossen ein mittelloser Spinner. Den heiratet Bertha und lässt sich von ihrem Vater Teile ihres Erbes auszahlen.

Eine Pionierin in der Männerwelt

Geld, mit dem sie, historisch belegt, die Firma ihres Mannes vor der Pleite rettet. Geld, das sie in ihrer beider Idee von einem Motorwagen investiert.

Fünf Kinder bringt Bertha Benz zur Welt, beschränkt sich aber nicht auf ihre hausfraulichen Pflichten. Immer wieder ermuntert sie ihren Mann, die gemeinsame Vision nicht aufzugeben. Eine starke Frau, die in armen Zeiten Nerven zeigt und das Können ihres Mannes demonstriert, als der schon kein Zutrauen mehr zu seiner eigenen Erfindung hat: Mit ihren 13 und 15 Jahre alten Söhnen wagt Bertha Benz die erste Überlandfahrt der Automobilgeschichte. Eine Pionierin, die in der Männerwelt des 19. Jahrhunderts einen wichtigen Beitrag zum Beginn des mobilen Zeitalters leistete. Bester Filmstoff, den das Leben schrieb.

Allerdings geht es im Film nicht immer streng historisch zu. Carl Benz und Gottlieb Daimler haben nie ein Wort gewechselt – außer in „Carl & Bertha“. Benz war sicher auch nicht so smart wie sein Darsteller Ken Duken, der noch öltriefend am Schraubstock eine gute Figur abgibt. Sicher waren die Investoren in das Lebenswerk von Benz nicht wie im Film allesamt dicke oder verschlagene Finanzhaie, die den verliehenen Regenschirm zurückfordern, wenn die ersten Tropfen fallen. Auch ohne Bertha Benz und ihre erste Fernfahrt wäre der „pferdelose Wagen“ irgendwann ins Rollen gekommen. Und dass die Hauptdarsteller Felicitas Woll und Ken Duken wie gepflegte Oldtimer, bei denen höchstens der Lack ein bisschen matter wird, nicht altern, sondern nur graue Haare bekommen – darüber sieht man gerne hinweg.

Der Film endet leider, wo ihre Geschichte noch lange nicht zu Ende ist. Bertha und Carl bleiben nach der Geburtsstunde des Patent-Motorwagens vor 125 Jahren noch 43 Jahre lang zusammen, bis zu seinem Tod. 90 Minuten können manchmal ein paar Sekunden zu kurz sein.