Hamburg. . Am 26. Dezember wird die ARD-Tagesschau 60 Jahre alt. Das Erste feiert seine Hauptnachrichtensendung mit einer Sondersendung. Anfangs lief die Sendung nur dreimal pro Woche, mit einer Stimme aus dem “Off“ - und die Wetterkarte war noch aus Papier.

Wir hatten ja nix. War ja die schlechte Zeit. Auch Information war Mangelware. Wir hatten kein iPhone, nicht einmal ein Telefon. Wenn England eine neue Königin bekam, erfuhren wir das beim Friseur, und Olympia fand im Extrablatt statt. Und weil wir natürlich auch kein Fernsehgerät hatten und sowieso andere Sorgen, haben wir gar nicht mitbekommen, was da am 26. Dezember 1952 das Licht der Welt erblickte: die erste Ausgabe der Tagesschau.

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60 Jahre später wird zum Jubiläum alles noch mal herausgekramt, was wir entweder längst vergessen oder gar nicht mitbekommen hatten. Etwa, dass die Tagesschau in der Gründerzeit nur dreimal pro Woche ausgestrahlt wurde, am Montag, Mittwoch und Freitag. Am Dienstag und am Donnerstag – und am Wochenende sowieso – durfte eben nichts passieren, und wenn, war es auch nicht tragisch, wenn man es erst später erfuhr. Waren ja sowieso nur 800 Fernsehgeräte angemeldet in der Anfangszeit, in ganz Deutschland!

Aufwand bei der "Tagesschau" anfangs überschaubar

Auch der technische Aufwand war überschaubar. Ein einsamer Redakteur des NWDR, aus dem später der Norddeutsche und der Westdeutsche Rundfunk entstanden, sortierte im Hamburger Studio die Bilderschnipsel, die von der „Neuen Deutschen Wochenschau“ der Kinotheater übrig geblieben waren. Die Wetterkarte war aus Papier und wurde bei Bedarf mit Symbolen für Schnee oder Sonne beklebt, und wenn es denn unbedingt eine Grafik zur Untermalung der Nachricht sein musste, wurde die einfach vor die laufende Kamera gehalten.

"Tagesschau"-Intro, der "Glockenschlag der Nation"

Aber es gab schon einen Sprecher, damals noch im „Off“, also versteckt in einer Kabine, und einen festen Sendetermin: Um 20 Uhr ertönte die allseits bekannte Fanfare, die der Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo in seiner Jubiläums-Rede ehrfurchtsvoll „Gloc-kenschlag der Nation“ nannte.

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Als die Tagesschau am 2. März 1959 erstmals von einem Sprecher präsentiert wurde, wuchs sie endgültig zu einer festen Institution. Fast drei Jahrzehnte, bis zum 10. September 1987, war Karl-Heinz Köpcke „Mister Tagesschau“, und wir haben ja viele Sachen erst geglaubt, wenn der Köpcke sie bestätigte. Lief man in den Sechzigern, den Siebzigern, durch eine Straße in Deutschland, klang sie praktisch aus jedem geöffneten Fenster, die Fanfare „Dööt-dööt - döt-döt-döt-dööt!“, und es war verpönt, zwischen 20 und 20.15 Uhr zu telefonieren, „weiß der denn nicht, dass die Tagesschau läuft?!“

Heute haben wir ein paar TV-Sender mehr und natürlich das Internet und Handys und Tablets und Apps und wer weiß noch was, aber noch immer ist die gute alte Tagesschau die Mutter aller Nachrichten. Zwei Drittel der Fernsehzuschauer bleiben ihrer Tagesschau treu, wenn man mal die Quoten der Hauptausgabe im Ersten, in den Dritten oder bei Phoenix addiert.

Diskussion um den Bart von "Mister Tagesschau"

Die Diskussionen um die „Köpfe der Nation“ werden allerdings nicht mehr ganz so hitzig geführt. Wenn sich Köpcke im Urlaub einen Bart wachsen ließ oder mit Dagmar Berghoff gar eine Frau die Nachrichten vorlesen durfte (ab 16. Juni 1976), gab es wochenlang Zoff in der Republik. Und wenn besagte Berghoff ein Tennisturnier fälschlich als „WC-Turnier“ ansagte und dann einen Lachanfall bekam oder eine Putzfrau hinter der munter ansagenden Susanne Daubner den Feudel schwang, konnten wir uns tagelang nicht einkriegen.

Am Dienstagabend (18.12.2012, 23.15 Uhr) werden in einer Sondersendung im Ersten solch bewegende Momente zusammengetragen, aber ein anderes Jubiläum ist in diesem ganzen Trubel ziemlich untergegangen: Die Tagesschau ist nämlich gar nicht die älteste deutsche Nachrichtensendung. Fünf Tage vorher, am 21. Dezember 1952, war bereits die „Aktuelle Kamera“ des DDR-Fernsehens an den Start gegangen.