Bonn. . Der öffentlich-rechtliche Nischenkanal Phoenix bleibt die Nr. 1 unter den Informationssendern. Dennoch muss sich der Bonner Sender hausinterner Konkurrenz wie ZDFinfo und tagesschau24 erwehren.

Der öffentlich-rechtliche Nischenkanal Phoenix bleibt die Nr. 1 unter den Informationssendern. Dennoch muss sich der Bonner Sender hausinterner Konkurrenz wie ZDFinfo und tagesschau24 erwehren. Mit der neuen Sender-Chefin Michaela Kolster sprach Jürgen Overkott.

Sie waren Landeskorrespondentin in Düsseldorf, arbeiten seit kurzem in Bonn. Wie viel Bundeshauptstadt spüren Sie noch am Rhein?

Michaela Kolster: Nicht viel. Die schwirrende Atmosphäre des Politikbetriebes ist verschwunden, es dominieren nun die angesiedelten Großunternehmen. Was jedoch gleich geblieben ist: die Bonner haben sich ihre Bescheidenheit und Beständigkeit bewahrt.

Trotz der Affäre Wulff: 2012 war ein Jahr ohne größere Katastrophen. Hat das die Phoenix-Quote gedrückt?

Kolster: Nein, Phoenix wird auch in diesem Jahr mit einem Marktanteil von 1,1% seine Position als Spitzenreiter unter den Informationskanälen behaupten - und das in einem Jahr, in dem es durch die Fußball-EM und die Olympischen Sommerspiele starke Programmkonkurrenz gab. Der Ereigniskanal konnte auch in diesem Jahr wieder mit seinem Programmangebot überzeugen, demokratische Prozesse und Geschehnisse abzubilden und für die Zuschauer erfahrbar und anschaulich zu machen.

Entsprechend gewichtig und ausführlich waren die Programmanstrengungen zu den diversen Wahlen in diesem Jahr. Das waren nicht nur die Bundespräsidentenwahl und die Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen, sondern auch die Wahlen im Ausland wie die Präsidentschaftswahlen in Russland und in Frankreich, die Parlamentswahlen in Griechenland und in Frankreich und insbesondere die Präsidentschaftswahl in den USA. Insgesamt hat Phoenix über 50 Stunden Ereignisberichterstattung zu den US-Wahlen gesendet, mit Dokumentationen waren es über 73 Stunden.

Und gerade in den vergangenen Wochen zeigte Phoenix wieder eine souveränen Parteitags- und Parlamentsberichterstattung als seine Markenkernangebote. Im Hinblick auf das bestimmende Thema Eurokrise informierte Phoenix ausführlich über sämtliche EU-Gipfel, die Beratungen in Bundestag und Bundesrat sowie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses seriöse Informationsangebot kam bei den Zuschauern erfreulich gut an.

Sender will Parlamentsarbeit nachvollziehbar machen

Laut Bundestagspräsident Lammert zeigt das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu wenig Parlamentsdebatten. Reicht es, wenn der Nischenkanal Phoenix seine Berichterstattung ausweitet?

Kolster: Die Bundestagsberichterstattung ist und bleibt ein elementarer Bestandteil des Phoenix-Programms. Im Jahr 2012 hat Phoenix bislang an 60 Sitzungstagen insgesamt 291 Stunden live (298 Stunden inklusive Wiederholungen) aus dem Deutschen Bundestag übertragen. Zukünftig wollen wir aber diese Berichterstattung noch attraktiver machen. Phoenix hat bekanntermaßen als erster Sender seinerzeit über die Visa-Affäre live aus einem Untersuchungsausschuss berichtet. Diese Transparenz würden wir den Zuschauern auch gern häufiger bieten. Zusätzlich wird im Wahljahr 2013 unser erfolgreiches Projekt MdB 2.0 fortgesetzt, das für den Zuschauer die parlamentarische Arbeit anschaulich und erfahrbar macht.

Sender lädt Experten ein, keine Show-Gäste

Zugleich kritisiert Lammert Talk-Shows als untauglich zur Vermittlung von Politik. Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen derartiger Formate?

Kolster: Schwierig wird es meines Erachtens, wenn in Talkshows Rollenbesetzungen vorgenommen werden. Phoenix verzichtet komplett auf solche Showeffekte. Bei Themen– und Gästeauswahl steht die seriöse Information und Sachlichkeit im Vordergrund, es werden Experten zum Thema eingeladen, keine Prominente. Damit trägt Phoenix zur Meinungsbildung der Zuschauer bei. In allen seinen unterschiedlichen Gesprächsformaten bietet Phoenix zudem ein seltenes Gut: Zeit.

So sind die Gesprächsformate alle verhältnismäßig lang, es sind weniger Gäste pro Sendung anwesend, damit die Redezeit der jeweiligen Gäste länger ist. Bei Phoenix können die Gesprächsteilnehmer ausreden und ihre Positionen ausführlich darlegen. Außerdem kann sich der Spartenkanal „leisten“, auch einmal Gesprächsgäste einzuladen und zu Wort kommen zu lassen, die bislang noch nicht oder weniger in den Medien aufgetreten sind. Außerdem können durch die verschiedenen Gesprächsformate gezielt auch eigene Themen gesetzt werden.

Mitbewerber zwingen dazu, das eigene Profil zu schärfen

Phoenix muss sich nicht nur der Konkurrenz der Privatsender n-tv und N24 erwehren, sondern auch des hausinternen Mitbewerbers tagesschau24. Was müssen Sie am Profil von Phoenix ändern, damit der Sender unverkennbar bleibt?

Kolster: Phoenix ist eine Marke und hat seinen Markt. Das ist ein großer Vorteil gegenüber neuen Mitbewerbern. Inhalte werden auch in Zukunft das entscheidende und wichtige bleiben. Im bewährten Dreiklang von Ereignisberichterstattung, Dokumentationen und Gesprächssendungen wird Phoenix auch zukünftig über alle wichtigen Ereignisse im In- und Ausland berichten, live und umfassend - und immer ohne jegliche Werbung.

Aber es stimmt, angesichts der fortlaufenden Differenzierung bei den Fernsehangeboten muss auch Phoenix weiter sein Profil schärfen.

„Phoenix ist der Live-Sender“

Dabei ist es meines Erachtens wichtig, zwar mit der Zeit zu gehen, neue Entwicklungen zu erkennen und umzusetzen, aber sich trotzdem treu zu bleiben. Phoenix hat sich kontinuierlich weiterentwickelt - mit großem Erfolg. Aus einem Projekt wurde der Marktführer der Informationskanäle. Phoenix war da konzeptionell auch oft Trendsetter.

Einen besonderen neuen Schwerpunkt sehe ich in der Live-Berichterstattung. Denn trotz der Verfügbarkeit von Inhalten in Mediatheken, Abrufmöglichkeiten oder dem Empfang auf mobilen Endgeräten ist und wird es immer etwas besonderes bleiben, live dabei zu sein. Durch sein flexibles Programmschema kann Phoenix dies den Zuschauern ermöglichen, Phoenix ist der Live-Sender.

Und die Zuschauer können nicht nur ein Ereignis verfolgen, dies wird auch quasi ein „Erlebnis“, da man daran teilhaben und sich darüber online austauschen kann. Die Verzahnung mit dem Onlineangebot wird allgemein noch enger werden.

Phoenix bietet auch in Zukunft Information, Transparenz und Teilhabe - mit bekanntermaßen wenig Personal und wenig Finanzmitteln – aber mit Kreativität, Flexibilität, Engagement und Ausdauer.

Eurokrise macht Bundestagswahl spannend

Im nächsten Jahr steht eine Bundestagswahl an. Was bringt aus Ihrer Sicht Spannung in die Veranstaltung?

Kolster: Bundestagswahlen sind per se spannend. Dieses Mal liegt die Spannung zum einen in den sehr unterschiedlichen Protagonisten der Spitzenkandidaten. Durch die Eurokrise bekommt die Wahl zum anderen eine besondere Ausrichtung, die Menschen sind allgemein politisierter. Außerdem wurden ja im Vorfeld bereits einige Konstellationen ausgeschlossen. Nach 8 Jahren Amtszeit der Bundeskanzlerin ist es auch interessant, ob Frau Merkel es noch einmal schaffen wird. Aber egal, was passieren wird, mit Phoenix sind die Zuschauer immer dabei.