Essen. Als „weltweit erste Talent-Game-Show“ hat Sat.1 „The Winner is“ mit Linda de Mol vor dem Start angepriesen. Doch die erste Folge zeigt: Statt spannender Zockerei gibt’s vor allem Déjà-Vu-Momente mit gealterten Musik-Sternchen und Ex-Casting-Teilnehmern.
Da ist sie also wieder. Blond und strahlend und mit demselben charmanten holländischen Akzent wie dereinst bei der „Traumhochzeit“. Sieben Jahre lang hat man Linda de Mol nicht mehr auf deutschen Fernsehbildschirmen gesehen, jetzt kehrt sie auf Sat.1 zurück. Bei „The Winner is“ sucht sie in den kommenden Wochen aus 64 Kandidaten „die Stimme, die eine Million Euro wert ist“.
Großes Geld also statt großer Liebe. Die 47-Jährige kokettiert bei der ersten Sendung ein bisschen mit ihrer Rückkehr. „Sie kennen mich noch“, sagt sie, nickt anerkennend nach dem ersten Applaus und heißt das Publikum bei „The Winner is“ willkommen – dieser „ganz neuen Show mit einer hoffentlich ganz alten Bekannten“.
Bei „The Winner is“ trifft DSDS auf „Geh aufs Ganze“
Ihr Bruder John de Mol hat sich die Show ausgedacht. Und: Richtig neu ist bei „The Winner is“ eigentlich nichts. Man nehme das Vorsing-Prinzip des Casting-Genres, rühre es mit Zocker-Elementen aus Gameshows zusammen – fertig ist die „weltweit erste Talent-Game-Show“. Deren Gewinner nimmt eine Million Euro mit nach Hause. Das hat’s tatsächlich so in einer Castingshow noch nie gegeben.
Bei „The Winner is“ treffen also „The Voice of Germany“ und DSDS auf „Deal or no Deal“ und „Geh aufs Ganze“ (Wissen Sie noch? Das mit Tor 1, Tor 2, Tor 3 und dem berüchtigten Zonk...): Die Kandidaten treten in Zweikämpfen, „Battles“ gegeneinander an. Die Jury aus Musikproduzent Mousse T. und 100 „musikbegeisterten Normalbürgern“ entscheidet sich direkt nach dem Auftritt für einen Favoriten. Zwei der 101 Stimmen dürfen die Kontrahenten stichprobenartig einsehen – dann müssen sie sich entscheiden: Vertrauen sie auf ihr Weiterkommen? Oder gehen sie mit 5000 Euro nach Hause?
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Zocken will mit Linda de Mol fast keiner
Was nach spannender Zockerei klingt, entpuppt sich in der ersten Ausgabe von „The Winner is“ fast als Nullnummer. Nur in zwei der acht Battles kommt der 5000-Euro-Deal überhaupt zustande, und beide Male wirkt Linda de Mol etwas enttäuscht über so viel Selbstzweifel. Im Duell der Teenager greift die Mutter des 14-jährigen, von Mousse T. favorisierten Jamal bei den 5000 Euro zu, im Duell der Familien glauben zwei hübsche Schwestern nicht so recht ans Weiterkommen – beide Male liegen die Ausgeschiedenen richtig.
Für die sechs Kandidaten, die ihre Chancen schon in der ersten Runde überbewertet haben, endet die Sendung demnach aber so wie jede andere Castingshow: mit nichts als Enttäuschung. Immerhin dürften die meisten von ihnen damit Erfahrung haben. Denn „The Winner is“, das ist auch eine Art Auffangbecken für vergessene Musiksternchen und Castingstars. Das Genre recycelt sich auf Sat.1 gewissermaßen selbst.
Popstars-Gewinner setzt sich gegen Ex-DSDS-Kandidat durch
Da tritt dann bei „The Winner is“ in der Kategorie „Solokünstler männlich“ Daniel Munoz (28) gegen Fabrizio Levita (35) an. Der eine landete 2006 bei „Deutschland sucht den Superstar“ auf dem siebten Platz, der andere 2003 bei „Popstars“ für kurze Zeit in der Sieger-Kombo „Overground“, beide verschwanden anschließend in der Versenkung. Levita darf nun mindestens bis zur nächsten Runde wieder vom großen Erfolg träumen.
Acht Battles in acht Kategorien hat Linda de Mol an ihrem ersten „The Winner is“-Abend abgearbeitet. Bärbel & Trevor, eine unscheinbare Realschullehrerin und ein Profisänger (hier ist der Name Programm), dürften in der Kategorie der Gruppen durchaus noch weiter begeistern. Und auch Joli, gerade mal elf Jahre alt und die Siegerin des Kinder-Duells, konnte mit einer ebenso sauberen wie natürlichen Leistung überzeugen.
Auch Lucy von den "No Angels" will ihr Glück bei „The Winner is“ versuchen
Und doch bleiben vom „The Winner is“-Auftakt wohl weniger große Leistungen oder Überraschungen in Erinnerung als vielmehr die vielen Déjà-Vu-Erlebnisse. Am Ende der Show treten die „Profis“ (Auswahlkriterium: ein Top-Ten-Hit in den vergangenen 25 Jahren) an: George McCrae darf seinen Nummer-Eins-Hit „Rock Your Baby“ von 1974 noch mal zum Besten geben. Ela Paul ihr „Just More“, das sie 2002 noch mit der Band „Wonderwall“ auf Platz 2 der Charts gebracht hatte. McCrae wird mit 80 zu 21 Stimmen deutlich weitergewählt. Aber manch ein Zuschauer fragt sich bei Twitter schon jetzt: Was soll der Mann in der nächsten Runde bloß singen?
Alt gewordene Stars singen ihre alt gewordenen Hits – das kennt man sonst von der „Ultimativen Chart Show“ bei RTL. Bei „The Winner is“ darf auch davon eine Prise ins „ganz neue“ Show-Konzept. Am Freitag (20.15 Uhr, Sat.1) wird sich unter anderem Lucy Diakovska von den „No Angels“ an einem Comeback versuchen.