Essen. Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia schließt sich mit dem großen Konkurrenten KabelBW zusammen. Die Kartellbehörde hat die Fusion genehmigt. Im Interview erklärt Unternehmenschef Lutz Schüler seinen Traum von einer App-Plattform im Kabelnetz. Und warum Preissenkungen in der Hand der Wohnungsgesellschaften liegen.

Das Kartellamt hat den Zusammenschluss der Kabelnetzbetreiber Unitymedia und KabelBW unter Auflagen genehmigt. Durch ein Sonderkündigungsrecht für Wohnungsgesellschaften soll mehr Wettbewerb am Markt entstehen. Sven Frohwein sprach mit Unitymedia-Chef Lutz Schüler über die Zukunft seines Unternehmens.

Das Kartellamt verspricht sich mehr Wettbewerb, weil Sie sich verpflichtet haben, Wohnungsgesellschaften ein Kündigungsrecht einzuräumen. Rechnen Sie jetzt mit reihenweise Kündigungen?

Schüler: Die Verpflichtung war unser Zugeständnis für den Zusammenschluss. Wir sehen uns aber weiterhin in einer hervorragenden Marktposition, weil wir ein sehr gutes Netz haben. Und Sie können sich darauf verlassen, dass wir alles daran setzen werden, unsere Kunden zu halten.

Kürzlich erlitten Sie aber eine Schlappe: Die Telekom wird künftig das TV-Angebot für Mieter der Annington liefern. Schmerzt Sie das?

Schüler: Natürlich lässt es uns nicht kalt, dass wir einen so großen Kunden verloren haben. Wir sind aber nicht bis ins Mark erschüttert. Und die Telekom muss erst einmal beweisen, dass sie ihr Angebot reibungslos an den Start bekommt.

Die Telekom will dafür ihr Glasfasernetz ausbauen. Wie sehen Ihre Pläne aus?

Unity-Media-Chef Lutz Schüler
Unity-Media-Chef Lutz Schüler

Schüler: Mit unserem Netz sind heute schon Bandbreiten von bis zu 400 Megabit möglich – und das mit aktueller Technik. Zudem investieren wir über 25 Prozent unseres Umsatzes in den Netzausbau. Und wir werden weiterhin investieren. Wir wollen unseren Wettbewerbsvorteil ja nicht verspielen.

Profitieren die Kunden auch von mehr Wettbewerb? Wird ihr Kabelanschluss billiger?

Schüler: Das müssen Sie die Wohnungsgesellschaften fragen. Wenn es denen gelingt, günstigere Konditionen mit uns oder der Konkurrenz zu vereinbaren, dann steht es den Gesellschaften natürlich frei, diese an ihre Mieter weiterzugeben. Im Privatkundengeschäft setzen wir stattdessen auf stabile Preise. Dafür dürfen sich unsere Kunden über mehr Leistungen freuen – zum Beispiel über eine größere Programmvielfalt und höhere Bandbreiten beim Internet.

App-Store für das Kabelnetz geplant

Sehen Sie eine Gefahr für Ihr Geschäft durch Apple oder Google, die auch TV-Inhalte anbieten wollen?

Schüler: Sie müssen hier zwischen dem Netzbetreiber und dem Diensteanbieter Unitymedia unterscheiden. Wir können den Nutzern ja nicht vorschreiben, welche Angebote sie im Internet nutzen. Das gilt natürlich auch für Bezahlinhalte von Apple und Google. Aber wir wollen mit einem eigenen Angebot an den Start gehen. Unsere „Horizon“- Plattform wird Anfang nächsten Jahres in den Niederlanden gestartet und soll in der zweiten Jahreshälfte auch nach Deutschland kommen.

Was ist „Horizon“?

Schüler: „Horizon“ könnte für das Fernsehen werden, was das iPhone für den Mobilfunk ist. Wir wollen eine Plattform etablieren, die es unabhängigen Entwicklern ermöglicht, ihre Produkte über unser Netzwerk anzubieten. Auch „Horizon“ wird mit Apps arbeiten, Programmen, die etwa das TV-Programm ordnen oder aber bestimmte Internet-Angebote vereinfachen.

Sie weigern sich bislang, hochauflösende Programme des Bezahlsenders Sky in ihr Netz einzuspeisen.

Schüler: Wir weigern uns nicht grundsätzlich, Sky einzuspeisen. Aber selbstverständlich ist dies eine Frage der kommerziellen Bedingungen. Wir werden uns 2012 auch in dieser Hinsicht mit Sky einigen. Davon bin ich überzeugt. Und dann wird auch die Zahl der Sky-HD-Programme in unserem Netz größer werden.

Im April wird das analoge TV-Signal via Satellit abgeschaltet. Sind auch Unitymedia-Kunden betroffen?

Schüler: Nein. Sie werden bei uns weiterhin analoge TV-Programme empfangen können. Wir sehen in der Abschaltung sogar eine Chance. Vor allem ältere Leute scheuen den Umbau ihrer Sat-Anlage, weil sie fürchten, mit der neuen Technik nicht klarzukommen. Und die wollen wir als Neukunden für unser Angebot gewinnen.

Unitymedia wurde oft für mangelnden Service kritisiert. Wann wird das besser?

Schüler: Engpässe im Servicebereich aufgrund des starken Wachstums haben wir überwunden, indem wir Prozesse optimiert und Schulungen intensiviert haben. Zudem stocken wir unser Personal auf. So schaffen wir auch neue Jobs.