Essen. „Eben mal die Welt retten? Droht die Ökodiktatur?“ fragte Sandra Maischberger ihre Gäste am Dienstagabend. Damit hatte sie sich viel vorgenommen. Denn die Antworten machten den Zuschauer nicht schlauer. Im Gegenteil.
Sandra Maischberger hatte sich viel vorgenommen in ihrer Talk-Sendung am Dienstagabend. „Eben mal die Welt retten? Droht die Ökodiktatur?“ fragte sie ihre Gäste. Deren Antworten machten den Zuschauer allerdings nicht schlauer. Im Gegenteil. Nach einer guten Stunde lautete die Erkenntnis: Ein so komplexes Thema wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz lässt sich nicht „mal eben“ klären.
FDP-Politiker Lindner blamiert sich beim Müllsortieren
Zur Einstimmung auf den Abend veranstaltete Maischberger einen munteren Mülltrenn-Test. Mitmachen durften Grünen-Chefin Claudia Roth und FDP-Bundestagsfraktions-Vize Martin Lindner. In welche Tonne alte CDs, ein Radio und die Verpackung von Schokoküssen gehören, mussten die beiden entscheiden. Das Thema Recycling geriet jedoch schnell in den Hintergrund. Viel spannender zu beobachten war, wie sich Lindners Gesichtsausdruck nach jeder falschen Einsortierung peinlich berührt verzog.
Mit Blick auf die jüngst von der Regierung beschlossene Wertstofftonne, die die Zahl der Mülltonnen erhöhen wird, kam Maischberger dann zu dem Schluss: „Es wird unübersichtlicher.“
Schauspieler Jaenicke kauft mit Stoffbeuteln ein
Das sollte auch für den Rest der Sendung gelten. Schauspieler Hannes Jaenicke, seit 36 Jahren Greenpeace-Mitglied, berichtete stolz, dass er mit Stoffbeuteln einkaufen geht und in sechs Wochen nur einen Sack Müll produziert. „Sind Sie sicher, dass Sie damit die Welt retten können?“, wollte Maischberger trocken wissen. „Nein“, gab Jaenicke unumwunden zu.
Was folgte, war eine Diskussion um alles und damit um zu viel: Energiesparlampen, Mehrweggeschirr, C02-Ausstoß, Tempolimit und Atomausstieg. „Wie gehe ich mit dem um, was wir nur ein Mal haben, nämlich unsere Erde?“, fragte Grünen-Frontfrau Roth. Und gab selbst die Antwort: „Wir sollten bewusst und ökologisch verantwortungsvoll leben.“ Als DFB-Beauftragte für Umwelt und Klima lobte sie den Gebrauch von Mehrweggeschirr bei der Frauenfußball-WM im vergangenen Sommer. Er setze seinen Gästen bei einer Gartenparty auch keinen „Plastik-Scheiß“ vor, meinte Lindner.
Der Staat schreibe seinen Bürgern „gouvernantenhaft“ aber zu viel vor. Belegen wollte der Liberale das mit Hilfe eines Spickzettels, von dem er alle möglichen Verbote ablas. Blöd nur, dass viele davon, wie „Computerspielverbot“, gar nichts mit Umweltschutz zu tun hatten.
Schlagabtausch von Roth und Lindner bei Maischberger
Steigende Stromkosten aufgrund der Energiewende waren der nächste Aufreger. FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler nehme energieintensive Unternehmen von der Preiserhöhung aus, kritisierte Roth. Lindner blieb nicht sachlich. Man wolle Arbeitsplätze erhalten, damit es nicht nur noch Soziologen, Politologen und Mitarbeiter von NGOs und Grünen gebe, konterte er.
Der Schlagabtausch zwischen Roth und Lindner hielt die Talk-Sendung am Leben. Hätte Maischberger die beiden Politiker nicht eingeladen, wäre es vermutlich ziemlich langweilig geworden. Immerhin schaffte es Enoch zu Guttenberg, Mitbegründer des BUND und Vater des „vorerst gescheiterten“ Karl-Theodor zu Guttenberg, zwischendurch auch zu einem pathetischen Statement: „Ich bin nicht Umweltschützer, weil ich Romantiker bin“, holte der 65-Jährige aus. „Ich bin Lobbyist meiner Kinder und Enkel.“ Täglich würden 100 bis 150 Arten aussterben. Diese und andere Zahlen hatte sich der Dirigent extra aufgeschrieben. „In meiner Familie muss man mit Zitaten bekanntlich aufpassen“, bemerkte er und spielt auf seinen plagiatsgebeutelten Sohn an.
Guttenberg mahnte zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Allzu anregend für die Runde war diese wenig umstrittene Aussage nicht. Denn auch Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl gab zu: „Ich bin nicht gegen die Dinge.“ Er sei nur „gegen Bevormundung.“
"Gute und böse Ökos"
Tiefgründiger wäre die Sendung geworden, wenn Maischberger die Ansichten von Roland Tichy, Chefredakteur der Wirtschaftswoche, aufgegriffen hätte. Gleich zu Beginn enttarnte er Maischbergers Mülltrenn-Test als „albern“. Er halte nichts davon, zwischen „guten Ökos und bösen Ökos“ zu unterscheiden. Vielmehr müsse man über einzelne Maßnahmen und Widersprüche in der Umweltpolitik sprechen. Die Frage, warum wir zum Beispiel einerseits brav unseren Müll trennen, aber gleichzeitig den Müll aus Italien importieren, blieb unbeantwortet. Auch die widersprüchlichen Folgen des Atomausstiegs wurden nur angerissen.
Den Zuschauern, denen sich am Ende der Sendung mehr Fragen stellten als vorher, bleibt zum Trost die Feststellung von Hannes Jaenicke: „Wenn es Industrie und Politik nicht hinkriegen, muss ich’s eben selber tun.“ Beim nächsten Einkauf wird der Stoffbeutel wieder rausgeholt.