Berlin/Essen. . Der Deutsche Kinderschutzbund fordert die Einstellung der RTL-Sendung „Super Nanny“. Anlass ist die Episode vom 14. September, in der wiederholt gezeigt wurde, wie eine Mutter ihre Kinder bedroht und schlägt. RTL weist die Kritik zurück und sieht die Sendung als Aufklärung.
Eine Mutter bedroht ihre Kleinkinder, schreit sie an, zerrt sie am Arm durch die Wohnung, schlägt wiederholt zu – und ein Filmteam sieht dabei zu. Die „Super Nanny“-Episode vom 14. September wurde von RTL selbst als besonders „schwerer Fall“ beworben und ist jetzt Anlass für den Kinderschutzbund, die Einstellung der Sendung zu fordern. In einem offenen Brief fordert der Bundesverband den Privatsender dazu auf, „die Sendung ‘Super Nanny’ aus dem Programm zu nehmen und den Dreh weiterer Folgen zu unterlassen“.
Der Kinderschutzbund habe „mit Entsetzen zur Kenntnis genommen“, dass in der zehnten „Super Nanny“-Staffel „wiederholt Kinder vor laufender Kamera in Situationen der Erniedrigung und Hilflosigkeit zur Schau gestellt wurden“, heißt es in dem Brief. Die Kinderschützer werfen RTL vor, dass in dem Mitte September ausgestrahlten Fall weder Katharina Saalfrank noch das Filmteam eingegriffen und die „tätlichen Angriffe“ der Mutter beendet hätten. Das hält der Verband für „strafrechtlich relevant“.
„Super Nanny“ schaltete das Jugendamt ein
Im konkreten Fall hatte Saalfrank eine 25 Jahre alter Mutter dreier Kinder – drei, vier und sieben Jahre alt – in Schleswig-Hostein besucht. In der etwa zehnminütigen Einführungssequenz der Sendung wurde der Alltag gezeigt, bevor die „Super Nanny“ die Familie besuchte. „Ich klatsch dich weg!“, drohte die Mutter ihrem vierjährigen Sohn, berichtete nahezu stolz wirkend darüber, dass ihre Kinder Angst vor ihr haben. Später schaltete Pädagogin Saalfrank das Jugendamt ein. Sie sei „von den Umständen erschüttert“ gewesen, teilte RTL mit.
Der Sender wies die Kritik des Kinderschutzbundes denn auch zurück. „Die Behauptungen des Kinderschutzbundes, die Diplompädagogin Katia Saalfrank habe nicht eingegriffen, als die Kinder gewalttätigen Übergriffen der Mutter ausgesetzt waren, sind schlichtweg falsch“, teilte RTL in einem Schreiben mit. Saalfrank habe direkt eingegriffen, um Schläge und weitere Demütigungen zu verhindern.
RTL verteidigt Ausstrahlung
Den Vorwurf, dass die dargestellten Gewaltszenen Kindeswohl und -würde verletzen, ließ der Sender nicht gelten. Auf den offenen Brief des Kinderschutzbundes reagierte RTL mit derselben Stellungnahme, die der Sender auch schon am 15. September auf DerWesten-Anfrage herausgegeben hatte: „Die psychischen und physischen Misshandlungen, die in dieser Sendung gezeigt werden, sind schon extrem und die Atmosphäre ist sehr belastend“, hieß es darin. Und: Misshandlungen dieser Art dürften nicht verschwiegen und „weiter tabuisiert werden“.
Die Episode vom 14. September hat ohnehin möglicherweise noch ein Nachspiel: Wie die für RTL zuständige Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) bereits einen Tag nach der Ausstrahlung bestätigte, ist die Sendung wegen möglicher Verstöße gegen den Jugendschutz in Prüfung. Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) soll in einem Prüfverfahren feststellen, ob RTL gegen geltendes Recht verstoßen hat.
Bußgeld wegen Verletzung der Menschenwürde
Im April dieses Jahres wurden zuletzt solche Verstöße bei einer Episode der „Super Nanny“ festgestellt. Die KJM verhängte für eine im Mai 2010 ausgestrahlte Folge ein Bußgeld von 30.000 Euro. Auch dort wurde gezeigt, wie eine Mutter ihr fünfjähriges Kind schlug und bedrohte. Das Urteil der KJM: Dies verletze das Kind in seinem sozialen Achtungsanspruch und werde zum Objekt der Zurschaustellung degradiert.
Für den Kinderschutzbund liegt der Fall vom 14. September ähnlich. Das „wiederholte und mit dramatischer Musik unterlegte Zeigen von Gewalt gegen ein Kind“ diene „nicht der von RTL behaupteten Aufklärung“, sondern stelle „eine Entwürdigung des Kindes dar“, schreibt Kinderschutzbund-Vorstandsmitglied Christian Zainhofer. (mit Material von dapd)